sind so vielseitig, dass sie dem Bedürfniss der Einfachheit, der richtigen Harmonie, wie
glänzender fürstlicher Pracht gleich entsprechen können.
Weit schwieriger noch als bei den Geweben, war es bei den übrigen Zweigen der
Kunstindustrie, die neueste Phase des Geschmacks anzugeben oder die Richtung für die
Zukunft vorauszusagen, da ja nach Art dieser Ausstellung sie alle nur in einzelnen Ge-
genständen oder durch einzelne Firmen vertreten waren. lch beschränke mich daher auf
ein paar Bemerkungen. Eine derselben betrifft die Möbeln. Vereinzelte Beispiele von
Frankreich und Belgien ausgenommen, hatte nur England ausgestellt und zwar eine An-
zahl Prachtstücke, denen man mit Hilfe von Teppichen, Tapeten und Gemälden daneben
etwa die Wirkung zu geben versucht hatte, die sie in wnhleingerichteten Zimmern üben
sollen. Diese Mübel stellten sich gewissen-nassen in Gegensatz zu den französischen
Prachtarbeiten der Ebenisterei, welche bis dahin das höhere Genre auf den Anstellungen
beherrscht hatten. Letztere, die französischen Arbeiten, ob nun in Nussholz, Eichen, in
wirklichem oder imitirtem Ebenholz ausgeführt, hatten ihren künstlerischen Werth in der
guten Construction nach Art der Renaissance snwie in geschnitztem Ornament, also nach
der plastisch-architektonischen Seite hin gesucht. Diese englischen Möbel aber heben fast
sammtlich die farbige, malerische Seite hervor, entweder, dass sie sich mit gemalten Bil-
dern schmückten - was allerdings wohl nur Ausnahme war - oder dass sie sich mit
verschiedenfarbigen, mehr oder minder reichen Holzintarsien belegten, oder dass sie dem
ganz lichten wie dem schwarzen Holz vergoldete Bronzeomamente hinzufügten. In jedem
Falle geht hieraus hervor, dass die eingelegte Holzarbeit, im Gegensatz zur Holz-
sculptur, eine grosse Rolle in der feineren Mtlbelarbeit zu spielen beginnt, und das be-
statigt auch hier unsere Musealausstellung. Was die Sitzmöbel betridt, so sind es die
einfachen, soliden Renaissanceformeu, welche im Gegensatz zu den bisher alleinherr-
sehenden Rococoformen, theils in ganz echter Gestalt, theils auch modernisirt und nach
heutigem Gefühl eleganter gemacht, mehr und mehr an Boden gewinnen; selbst unter den
französischen Arbeiten fanden sie sich.
Eine zweite Bemerkung gilt den Metallarbeiten, zunächst dem Goldschmuck.
ln den Schmuckarbeiten ist ein grosser künstlerischer Fortschritt unverkennbar. Aller
Schmuck ans edlem Metall muss dem Werthe und den Eigenschaften seines Materials ent-
sprechend auf das feinste und zierlichste behandelt werden. Bisher war gerade das
Entgegengesetzte der Fall. Ein Ring war ein einfacher Reif oder ein imitirter Riemen
mit einer Schnalle; ein Armband ein breites, blankes, plattes Band; eine Broche eine
platte, ßache Scheibe und in der Mitte sass plump ein Stein ohne alle künstlerische
Fassung. Dem entgegen macht sich nun das Bestreben geltend, an die Stelle der glatten
Flachen und der Wirkung des blassen Metalls zierliche, feine Reliefbildungen
treten zu lassen, die Steine zierlicher zu fassen, die Fassung zu künstlerischer
Mitwirkung heranzuziehen und zugleich diesen Arbeiten durch Email farbige Reize zu
verleihen. Dazu hat dann noch die Imitation des antiken Schmucks, die in die heutige
Mode eingetreten ist, veranlasst, dass mehr und mehr auch das Filigran wieder geübt
wird. So gewinnen die Schmuckgegenstande auch wieder eine farbige Erscheinung,
während in der Behandlung die hochste Feinheit angestrebt wird, die bei einigen Gegen-
ständen vielleicht in zu federhafte Leichtigkeit ausgeartet war. ln diesem Bestreben zeigten
sich die wenigen franzdschen und englischen Aussteller ganz gleich und auch im Cha-
rakter der Formen ware schwer ein Unterschied zu Enden gewesen.
Dagegen waren die französischen Bronzen und im Anschluu an sie gewisse Silber-
gefasse für Tisch und Tafel durchaus wieder eine Erscheinung für sich. Diese Arbeiten
waren bisher auf allen Ausstellungen die Spitzen der französischen Kunstindustrie, der be-
deutendste und auch der am meisten charakteristische Zweig derselben. Auch diesmal
war die Ausstellung eine sehr glänzende und man hatte ihr nicht angesehen, welche lah-
menden Ereignisse erst kurz vorher über die französische Industrie gekommen waren. Auch
künstlerisch sah man in dieser Beziehung keine Veränderung oder keinen Einüuss, und
was mm etwa von Veränderung wahmahm, das lag in dem Geschmackswandel der letzten
Friedensjahre begründet. So trug die Bronzeindustrie im Allgemeinen ihren alten, echt
französischen Charakter: eine grossartige Entfaltung der reichen Mittel, Vielseitigkeit der
Manieren und der Formen, ausserordentliche Geschicklichkeit, Gewandtheit für jede neue
Richtung, daneben aber auch launenhafte Willkür und Mangel an wirklichem, solidem
Geschmack und echtem Schönheitssinn. Die Schönheit der Form tritt vor der über-
raschenden Neuheir und dem blendenden Schein durchaus in den Hintergrund.
ln dieser letzteren Beziehung war aber doch wenigstens der Anfang einer Bessening
zu spüren, zumal bei den Thee- und Tafelgefässen Christofle's, die mehrfach ein wirk-
lich gutes Formgefühl und eine reinere, mitunter sehr schöne Reliefornamentation im Styl
der frühen oder der Blüthezeit der Renaissance zu erkennen gaben. Für die Formen war
der Einßuß der berülu-nten Hildesheimer Gctässe, die bekanntlich auch von Christoße
imitirt worden sind, unverkennbar.
Eine zweite Verandenmg, freilich nur auf dem Boden des Alten, machte sich in