ln letzter Zeit sind die Missstände dieser Schulen sowohl in der öffentlichen Presse,
als auch in Fachkreisen häufig besprochen worden, und der Wunsch wurde laut, dass
durch ein inniges Zusammengehen beider Ministerien das Ziel erreicht werde, das wir
Alle anstreben, nämlich dem Gewerbeschulwesen wirklich gedeihlich unter die Arme zu
greifen. lch habe meine Freude darüber geäußert, dass kein bestimmter Antrag gestellt
wurde, weil es wirklich eine sehr schwere und verantwortliche Aufgabe ist, mit positiven
Vorschlägen in dieser Beziehung zu kommen, und weil ich die Ueberzeugung habe, dass
es PGicht der Regierung sein wird, nach Erwägung der Verhältnisse und nach Anhörung
der Fachkreise, welche in erster Linie dazu berufen sind, ihr Votum hierüber abzugeben,
Vorschläge zu machen und in dem Abgeordnetenhause Vorlagen einzubringen, welche
geeignet sind, ein einheitlicheres, gedeihlicheres und besseres Zusammenwirken beider
Ministerien zum Zwecke eines entsprechenden Gewerbeschulunterrichtes zu Stande zu
brinen. . . . . .
8 Den Ausführungen des Herrn Abg. R. v. Gomperz, sowie denen des Herrn Abg.
Wiesenburg tritt Abg. Dr. Haase in folgender Weise entgegen: Wenn nicht schon
von dem ersten Herrn Redner zum Budget des Handelsministeriums, dann von Seiner
Excellenz dem Herrn Handelsminister und jetzt von dem Herrn Specialberichterstattcr für
Centralleitung darauf hingewiesen worden ware, dass die einheitliche Organisation unseres
gewerblichen Unterrichtswesens eine unbedingte Notbwendigkeit sei, so wurde schon die
Thatsache, dass wir die Kosten für einen Theil der gewerblichen Bildungsanstalten im
Budget des Untcrrichtsministeriums, die Kosten für einen anderen Theil im Budget des
Handelsministeriums eingestellt finden, uns an diesen wunden Fleck in der Organisation
der genannten Bildungsanstalten erinnern.
Es ist gewiss erfreulich, dass von allen Seiten die Nothwendigkeit der einheitlichen
Organisation dieser Anstalten auch in diesem hohen Hause und selbst von Seite der
Regierung mit eben der Lebhaftigkeit anerkannt und betont wird, wie in den Kreisen der
Gewerbetreibenden. lch konnte mich aber mit dem letzten Vorredner, dem Herrn Special-
berichterstatter für den Titel Ceniralleitung nicht einverstanden erklären, wenn derselbe
meint, wir waren wohl verpflichtet, unseren Wunsch, es möge eine einheitliche Leitung
des gewerblichen Bildungswesens bewirkt werden, auszusprechen, wir sollten uns aber
enthalten, etwas über die Richtung zu sagen, in welcher diese einheitliche Organisation
schließlich zu Stande gebracht werden soll. Ich bin vielmehr der Ansicht, dass es unsere
Pflicht ist, darauf aufmerksam zu machen, dass dieselben Gründe, welche andere Cultur-
staaten, wie England, Frankreich, Preußen langst schon bewogen haben, die Leitung der
gewerblichen Bildungsanstalten im Ressort des Untcrrichtsministeriums zu vereinigen,
auch uns bewegen. auf derselben Bahn vorzugehen und die anderwarts gemachten Er-
fahrungen auch uns zu eigen zu machen. ln der That finden wir auch in den Kreisen
der Gewerbetreibenden, um deren eigenste lnteressen es sich ja handelt, eine weitaus
überwiegende Majoritat, welche für die Leitung des gewerblichen Unterrichtswesens im
Ressort des Untcrrichtsministeriums einsteht, und viele von Denjenigen, welche vor nicht
gar vielen Jahren sich für die Vereinigung aller auf das gewerbliche Erziehungswesen be-
züglichen Agenden im Ressort des Handelsruinisteriums ausgesprochen haben, sind heute
anderer Ansicht geworden und stimmen mit uns überein, wenn wir wünschen und fordern,
dass das Unterrichtsministerium diese Agenden übernehmen solle.
Allerdings sind mir in den letzten Tagen und namentlich in Folge des von mir im
hohen Hause zum Capitel der Staatsgewerbeschulen eingebrachten Resolutionsantrages
einige Einwendungen dagegen mitgetheilt worden, auf deren Widerlegung ich mich heute
beschränken will. Man sagt nämlich - und das sind die Einwände, welche von den
Freunden der einheitlichen Organisation des gewerblichen Unterrichtes unter dem Pro-
tectorate des Handelsministeriums eltend gemacht werden - erstens: das Handels-
ministerium und nicht das Unterric tsministerium hat in Bezug auf das gewerbliche
Unterrichtswesen die Bahn gebrochen; zweitens: das Handelsministerium widmet den
gewerblichen Unterrichtsanstalten eine ausgedehntere Pflege als das Unterrichtsministerium,
und drittens: das Handelsministerium ist viel eher in der Lage, sich mit den Gewerbe-
treibenden in Fühlung zu erhalten als das Unterrichtsministerium.
Gestatten Sie, dass ich in kurzen Worten - und darauf soll sich meine heutige
Aufgabe beschranken - diese Einwände auf ihr richtiges Maß zurückführe.
Wer mit der Entwicklung unseres gewerblichen Unterrichtswesens vertraut ist, dem
ist es kein Geheimniss. dass die ersten gewerblichen Fachschulen weder vom Unterrichts-
ministerium noch vom Handelsministerium, sondern von denjenigen Gewerbetreibenden
in's Leben gerufen wurden, welche das Bedurfniss einer höheren gewerblichen Bildung
zuerst erkannten und kein Opfer scheuten, um dasselbe zu befriedigen.
Vom Jahre 1864 aber beginnt eine in der That Bahn brechend: Thatiglteit auf
diesem Gebiete und zwar durch das Unterrichtsministerium. Es wird im Jahre 1364 zunächst
das Osterreichische Kunstgewerbemuseum in's Leben gerufen. drei Jahre später, im Jahre
1867 die vWiener Kunstgewerbeschule- und abermals drei Jahre später, im Jahre 1870