10
der bis heute technikfeindlichen Sekte der Amish,
allen Technischen Verbesserungen gegenüber
grundsätzlich unbefangen und sogar sehr erfolg-
reiche Erfinder: Die Liste der ihnen zugeschriebe-
nen Erfindungen und technischen Verbesserungen
- von der Dreschmaschine bis zur Metallschreib-
feder - umfaßt im Ausstellungskatalog eine
ganze Seite (Abb. 9).
Wie beispielsweise eine Spanschachtel, dieses
von der Nippesbegeisterung des 19. Jahrhun-
derts wahrlich mißbrauchte „Utensil", aussehen
kann, nämlich reduziert auf die einfache zylin-
drische Farm, auf die Schönheit des Holzes, dabei
die Spannkroft des Holzes sinnfällig machend in
der Kupfernietung, das vermag man von den
Shakern zu lernen (Abb. 10, 11). Ob es nun ein
Eisenafen ist, ein Hcndtuchständer, ein Schaukel-
stuhl oder ein Nähtischchen, immer sieht man,
wieviel sich die Erbauer dabei gedacht, wie sehr
sie den Gebrauchsnutzen berücksichtigt haben.
Über hundert Jahre, unbeirrt von den Sinuskur-
ven des Zeitgeschmadrs, haben die Shaker ihre
Entwürfe beibehalten und verbessert, aber nicht
preisgegeben.
Man schämt sich fast, in diesem Zusammenhang
das Wort „Design" zu verwenden, dessen Be-
griffserfüllung van der „zeitgemäßen Farm" über
die „aktuelle Wohnkultur" bis zur Erfindung des
Wegwerfmöbels längst korrumpiert ist.
Faßt man alle diese Leistungen der materiellen
Kultur der Shaker zusammen, so gerät man auf
eine im ersten Augenblick vielleicht überra-
schende, in Wahrheit iedoch sehr folgerichtige
Vermutung: Was die Shaker da versucht haben,
ist wohl nichts anderes als die Erbauung des
himmlischen Jerusalem (Apokalypse, Kap. 21) hier
auf der Erde, und zwar nicht als Kathedrale, wie
im Mittelalter, sondern, sehr „amerikanisch", als
zweckrationale Eigenwelt.
Es ist schon erstaunlich, auf welche Art die Sekte
der Shaker, eine Extremform des Puritanis
die augustinische Civitas Dei errichtet hat!
Ausstellung aus dem Geist der Shaker
Das Zustandekommen dieser bedeutenden
stellung ist neben dem Direktor der Münc
Neuen Sammlung, Wend Fischer, vor allem
Wiener Architekten Karl und Eva Mang zu
danken. Karl Mang, Präsident des Österre
schen Instituts für Formgebung, hat schon
drei Jahren auf die Shaker hingewiesen
nunmehr die Ausstellung nicht nur initiiert,
dern auch gemeinsam mit Wend Fischer d
Konzeption und den Katalog erarbeitet, gen
sam mit Eva Mang die Ausstellung gestaltet.
Architektenpaar schuf dafür eine Folge trans
tobler Kaieneinheiten aus nesselbespan
Holzrahmen; diese erlauben es, Nischen zu
den, die leichte Zwischendecke gibt den Eind
eines sehr anheimelnden, niemals aufdringli