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Internationale Sammler-Zeitung.
Rümmer 14
andächtig betenden ITlönch umfängt. 1 ' 1 Die Architektur bei
diesen Reliefs erinnert an die Architekturen bei den Krippen
darstellungen. leider tnurden die beiden Szenen zur
Wiederherstellung der ursprünglichen färben einem lllaler
nach Eeoben geschickt, der dazu aber nicht „geschickt“
genug mar und den Anstrich in sehr bäurischer Weise
ausführte.
Als Abt Anton II eifrig an die Erbauung eines
Bibliofheksaales ging, traf er mit dem Augsburger lllaler
Gottfr. Beruh. Gaß in einen regen Verkehr. Im 13. Briefe,
den Göß an Abt Anton sendet, liefert er auf des Abtes
Begehren Skizzen zu uier allegorischen figuren, die dann
in Holz geschenkt rourden und noch heute den JAiftelraum
des Büchersaales zieren. 11 beider ist eine mehr als ober
flächliche Befrachtung nicht möglich. Durch eine photo
graphische Aufnahme roird man sehen, ob eine Beein
flussung Stammeis uon Gaß in stilistischer Hinsicht zu
erkennen ist, roie ich eine solche in der Wahl allegorischer
Attribute durch Gößsche Kupferstiche mahrzunehmen glaube.
Allein die Zeit mar noch nicht gekommen, mo die Biblio
thek unseren Künstler ausschließlich auf mehrere Jahre in
Anspruch nehmen sollte. Im Jahre 1749 lieferte er, mie
ich schon in der chronologischen Übersicht festsfellen konnte,
für das Stift Seifenstetten acht Reliefs, jedes 55 cm hoch
und 59 ein breit, deren Gegenstände schon in Wichners
Studie aufgezählf sind und deren eines große Verwandt-
schaff mit dem Tabernakelrelief in frauenberg hat. Von
diesen acht Schnitzereien ist die Opferung Christi im Tempel
signiert.
ln den nächstfolgenden Jahren schuf unser Bild
schnitzer für das Blasius-lTUinster in Admont die große
Krippe, die seine ganze Kunstfertigkeit und seinen Humor
im schönsten Eichte zeigt.
frater Syluesfer Sulzinger zeigte mir freundlichsf,
daß auf der Unterseite der Krippe die Signatur tR ange
bracht ist und dafz sich auch der lllaler auf der Unterseite
der ITlaria uereroigt hat. ln höchst dankenswerter Weise
gibt dieser genau die Zeit an, in der er an der Krippe
gearbeitet hat, und ermöglicht dadurch, die Zeit der Vol
lendung dieses Werkes genau festzustellen. Die Signatur
des lllalers laufet wörtlich:
Zu fassen
Angefangen den 17. Hofemb: 1755
Vollendet abends den 16. Rlärtijus 1756
Johann Anfoniy Pöttschnickh bürg:
lTlaller alda der
Zeit 46.
Wir dürfen mahl annehmen, dafz demnach llleister
Stammei das Werk im Jahre 1755 oollendet hat. Cr be
nützte für seine Krippenfiguren sicherlich Hlodelle aus der
Umgebung und bringt durch die oolkstümliche Realistik
seiner Gestalten den wunderbaren Vorgang der bäuer
lichen Beoölkerung nahe. Auch manch sinnoolle Symbolik
mutzte der Künstler anzubringen. Auf der linken Seite
zeigt eine stürzende antike Götterbildsäule an, daß für das
Heidentum das leßte Stiindlein geschlagen hat, rechts im
Vordergründe dürften auf einem Palmenbaume das Wespen
nest die Pharisäer, ein buntgefärbter Papagei die Herodianer
bedeuten, und wie köstlich weiß er durch die stoßenden
Böcke und den Ochsen, der gegen den Hirtenhund sehr
bedenklich den Kopf neigt, den Gegensaß der Wirklichkeit
zum Engelspruche anschaulich zu machen, daß Streit und
Krieg auf Erden schwerlich aussterben werden.
Der faßmaler Anton Pättschnick hat seine Arbeit in
feinstem künstlerischen Geschmacke ausgeführt, man kann
sich die Bemalung kaum zarter und wirksamer denken.
Admont
1 Wichner bezeichnet den Heiligen als St. Benedikt.
1 Siehe meinen Aufsah „öcifj und seine Beziehungen zu
1904, 21. Jahresbericht des k. k. Carl Cudmiq-Oymnasiums.
Ebenso zart und fein sind zwei Reliefs, der reuige Petrus
und die büßende Alagdalena, bemalt, so daß ich nicht
irren werde, wenn ich dem Anton Pöftschnick auch diese
Arbeit zuschreibe und die Entstehung der Reliefs in diese
Zeit seße. Sie sind zwar nicht signiert, allein sie tragen
unoerkennbar das Gepräge non Stammeis Hand. Sie waren
im Besiße der Witwe des Stiftsarztes Dr, Alois Pröll und
wurden oon ihr kurz oor ihrem Tode dem Stifte geschenkt.
Das Inoentar der Prälatur, das bei der Wähl des Abtes
Benno Kreil aufgenommen wurde — schon Wichner zitiert
es—iführt nebst anderen Gegenständen auch „zwei Bild
hauer-Arbeiten oon Stammei, Petrus und Ulagdalena oor-
stellend“ an; so dürfte denn darüber kein Zweifel sein,
daß sie aus dem Stiffsbesiße in den des Dr. Pröll ge
kommensind. Gerade dadurch aber blieben sie beim Brande
1865 oon den flammen oerschont, während ein heroor-
ragendes Werk, das sogenannte Unioersum, oerbrannte
und einige andere Werke seif dieser Zeit oerschollen sind.
Von diesen beiden schönen Reliefs ist das mit der IHag-
dalena durch die Symbolisierung der sieben Todsünden
sehr interessant, die dann in der großen Gruppe „die
Hölle“ in der Bibliothek eine noch effektoollere Darstellung
gefunden haben. Damit kommen wir wieder zu des Künst
lers Arbeiten für die Bibliothek, die wohl sicher die ganze
Zeit oon 1755—1760 ausfüllen und bei der Reichhaltigkeit
dieser Arbeiten einen staunenswerten fleiß' und eine be-
munderungswürdigefertigkeitdesSchnißens erkennen lassen.
Die beiden größten Werke im 5aale, die Riesen-Reliefs, die
uns je ein Beispiel der menschlichen Weisheit aus dem
alten Testamente und der göttlichen aus dem neuen Tes
tamente oorfiihren (Solomons Urteil — der zwölfjährige
Jesus im Tempel), sind noch nie in gelungener Weise photo
graphisch aufgenommen worden, ebensowenig die übrigen
überlebensgroßen Statuen auf der Galerie, darstellend die
oier Eoangelisten, die Apostelfürsten Petrus und Paulus
und die Propheten Elias und ITloses. Von dem sogenannten
Unioersum, das nach Wichner ursprünglich für den lTUttel-
raum der Bibliothek bestimmt gewesen sein soll, dann
aber das stiftische JTluseum zierte und dort uerbrannte,
existiert noch eine photographische Aufnahme in einigen
Exemplaren, die Rospini in Graz zur Herstellung oon
Stereoskopbildern machen ließ und die doch ein ungefähres
Bild des Aufbaues des Werkes, wenn auch leider kein
Detail erkennen lassen.
Die zahlreichen oergoldeten Büsten oon Künstlern,
Dichtern und Philosophen sind bisher unbeachtet geblieben.
Bei der fülle oon Schnißereien, die hier sicher oon Stammei
selbst herrühren, glaube ich recht zu gehen, wenn ich
diese Büsten, die nicht unoerkennbar seine Hand oerroten,
einem anderen ITleister zuschreibe, und zwar Köninger
(auch Kinninger), der in dieser Zeit ebenfalls für Admont
beschäftigt war. "
Die „oier leßten Dinge“ sind das bekannteste und
seit der Zerstörung des Unioersums berühmteste Werk
Stammeis, sie sind auch durch oorzügliche Aufnahmen
oeroielfältigt und gerne sendet man sie aus Admont auf
einer Ansichtskarte einem freunde oder Bekannten.
Wenn auch die Wahl des Gegenstandes wahrscheinlich
00m Abte ausging, so ist doch die Ausführung ganz Eigen
tum des Künstlers und sie zeigt eine ernste und geniale
Auffassung des Themas, eine reiche Phantasie, mit der
eine glänzende Technik durchaus gleichen Schritt hält.
Wichner hat an oerschiedenen Orten diese Gruppen ziemlich
genau beschrieben. Rur scheint er mir den Wurm an der
Brust der männlichen Hauptfigur bei der Hölle irrig als
das Gewissen zu deuten. Ich halte die Viper einfach für
das Symbol des Zornes, wie der Künstler ja jede der
anderen Hauptsünden durch ein allegorisches Zeichen oer-
Wichner, Admont und die Kunst, Seite 95