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Kulturvölker vertraut ist,
lebendig vor das Augef Die
antike Sage ist, wie gerade
unser Kodex lehrt, auf ita-
lienischem Boden nicht erst
durchdieI-Iumanistenwieder-
gewonnen worden. Die Re-
naissance hat hier nur eine
Bewegung verstärkt, die be-
reits vor ihr wirksam war.
Wie der klassische Phi-
lologe den durch Homer in-
spirierten Schöpfungen der
Kunst bei der Interpretation
mit Recht breiten Raum ge-
stattet, so wird auch der
Romanist die durch Benoits
Roman angeregten Bildwer-
ke nur mit Schaden vernach-
lässigen, wenn er dessen
Bedeutung für das geistige
Leben des Mittelalters von
der höchsten Warte aus
würdigen will. Wie weit
diese Bedeutung reichte, da-
für spreche hier nur ein
Beispiel für viele. In einem
gehaltvollen Aufsatz über die
Werkstatt der Embriachi zu
Venedig (Jahrbuch XX,
220 ff.) hat Julius v. Schlos-
ser dargelegt, dass ein Teil
der von Mitgliedern jener
berühmten Plastikerfamilie im XIV., besonders im XV. Jahrhundert her-
gestellten Skulpturen an Bein-Cofanetti, und zwar die Reliefs mit Dar-
stellungen aus der Geschichte jasons und der Argonauten, auf Benoits
„Roman de Troie" als Stoffquelle zurückgehen, und dass „den einzelnen
Motiven sichtbar eine gemeinsame Vorlage der Werkstatt zugrunde
liegt" (a. a. O., S. 261). Man darf wohl annehmen, dass diese Vorlage eine
illustrierte Handschrift des Romans gewesen sei; wissen wir doch jetzt, dass
die Genesismosaiken von San Marco auf Darstellungen der Cottonbibel
Petrarcas Trionfi (cod. 264g)
" Einige dieses Thema betreüende Spezinluntersuchungen sind verzeichnet von Ottino, G. und Fuma-
galli G.: „Bibliotheca bibliognphica italica", Roma. 1889. S. 238, 3x5, 34x, 34g, und Bau, Louis P,; „L; Linf.
rature comparäe", Strasbaurg, 1900, S. 55 K.
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