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Detail eines mittelalterlichen Fachwerkhaus: am Burgtor in Lübeck.
F achwerkbauten am Rhein, in Niedersachsen, in Dänemark, in der Normandie
stehen auch ihren englischen Zeitgenossen recht nahe und sprechen recht
deutlich jene Einheit in der Vielheit aus, die einer gefestigten Überzeugung
und alten Gepflogenheit innewohnt.
Wenn auch ein großer Teil schon dem XV. und XVI. Jahrhundert an-
gehört, wenn leider nur ein geringer Prozentsatz noch den ursprünglichen
mittelalterlichen Typus aus dem XIII. und XIV. Jahrhundert rein verkörpert,
so ist doch kein Zweifel darüber, daß die Entstehungszeit der ersten Anlagen,
ihrer zwingenden Grundformen, auch in den späteren Beispielen wieder-
gespiegelt wird.
Der große Umwandlungsprozeß von der bäuerlichen Besiedlungsart
zur städtischen, vom frei und breit gelagerten Gehöft zum eng in Straßen
gereihten Bürgerhaus gehört dem Mittelalter an. Günstigere Erwerbsver-
hältnisse und bessere Gelegenheit für die Befreiung von Zins und Abgaben,
die Möglichkeit, im Zusammenschluß eine wirksamere Verteidigung gegen
außen zu erreichen, haben ein Zuströmen der Landbevölkerung und ein
festes Abschließen nach außen durch umfangreiche Befestigungen in den
Städten zur Folge gehabt.
„Zunächst zwar brachte man den Schwall der Zuziehenden", sagt Stiehl,
„auf noch unbebauten Stellen der ummauerten Stadtliläche unter. Man gab
vor allem Teile der mächtigen Marktflächen zur Bebauung her, und in so
mancher Stadt erinnern Namen wie: ,Schüsselbuden', ,am Altenmarkt",
,am wendischen Schild' an die alte Ausdehnung dieser Flächen. Waren
diese verfügbaren Räume aber vergeben, so begann die schärfere Aus-
nutzung der Privatgrundstücke und mit ihr der Bodenwucher, die Grund-
stückeschlächterei und die gleiche Preissteigerung städtischen Bodens wie
heutzutage. Die großen, für landwirtschaftlichen Betrieb zugeschnittenen
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