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Rasche Durchführung der Universitäts-Reform.
Einer, welcher schon an Feuchterleben’s Seite einen hervorragenden Ein
fluss auf Universitäts-Angelegenheiten genommen hatte, übte ihn auch in den
ersten Zeiten des Ministeriums Thun, dessen Thätigkeit auf diesem Gebiete
eine ebenso energische als erfolgreiche war.
An die Organisirung der akademischen Behörden (27. September
1849) schloss sich eine provisorische Disciplinar-Ordnung (13. October 1849),
eine Vorschrift über die Anordnung der Vorlesungen an den Universi
täten (30. Juni 1850) und die im liberalsten Geiste gehaltene Studien-Ord
nung (29. September 1850) für die drei weltlichen Facultäten, welche zwar die
Studiendauer behufs Zulassung zu Rigorosen oder Staatsprüfungen normirte,
innerhalb derselben aber Wahl und Ordnung der Collegien freigab, alle
Semestral- und Annualprüfungen beseitigte. Das Professoren-Collegium sollte
mindestens zweimal im Semester zusammentreten, um die gemachten Erfahrun
gen über das Frequentiren der Studirenden auszutauschen. — Eine sehr frei
sinnige Bibliotheks-Ordnung (20. December 1849) machte Lehrenden und
Lernenden die Bücherschätze der Sammlungen an Universitäten und Lyceen
zugänglicher als bisher.
Ohne die Höhe der Gehalte der ordentlichen Professoren zu beschränken,
wurden sie (26. Octobcr 1849) für Wien auf 1690 fl., für Prag auf 1365 fl.,
für Lemberg und Krakau auf 1260 11., für Gratz, Innsbruck und Olmütz auf
1050 fl. mit zwei Deeennalzulagen von je 210 fl. (in l\ien und Prag 315 fl.)
normirt. 1 ) Schon am 12. Juli 1850 folgte die Einführung von Collegiengeldern.
Die „theoretischen Staatsprüfungen” für absolvirte Juristen wurden in die
allgemeine (Rechtsphilosophie, Verwaltungslehre, Nationalökonomie, Finanz
wissenschaft, Geschichte und Statistik), judicielle (österreichisches Privat- und
Strafrecht, Civil- und Straf-Process, Handels- und Wechselrecht, Verfahren aus
ser Streitsachen) und staatsrechtlich-administrative (Staatsrecht, Kirchenrecht,
Verwaltungs- und Finanz-Gesetzkunde) gegliedert, die Studirenden aber auf
merksam gemacht, dass sie ausser jenen Fächern je nach dem Zweige des
Staatsdienstes, welchem sie sich widmen, noch andere Vorlesungen hören sollen' 2 ).
Die Lehrkanzeln der speciellen Naturgeschichte und der Chemie wurden
aus den medicinischon in die philosophischen Facultäten übertragen, die Studi
renden der Pharmacie denselben als ausserordentliche Hörer zugewiesen.
Mit grossem Eifer ging Thun daran, durch Berufungen aus Deutsch
land, namentlich von Lehrern der classischen Philologie, der Geschichte, des
römischen Rechts und der Staatswissenschaften, Koryphäen der Wissenschaft
1) Die Gelialte der Professoren des niederen chirurgischen Studiums wurden mit 94-5 fl.,
jener des Professors der Veterinärkunde mit 650 II. systemisirt, jene der theologischen Facultät zu
Salzburg und der Diöcesan-Lehranstalten auf 840 II. fixirt.
2) Solche Fächer waren: römisches Recht, See- und Bergrecht, gerichtliche Arzneikunde,
Reclitsgeschiehte, provincielles Privatrecht, Handels- und Gewerbe-Gesetzgebung, Staatsrechnungs-
Wissenschaft u, s. f.