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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe VI (1871 / 72)

2. in der Ersetzung der eigentlichen, von dem Zweck bedingten 
Form durch irgend einen anderen beliebigen Gegenstand, durch irgend 
einen vermeintlichen Gedanken oder eine Idee, welche mit dem Gegen- 
stande der Aufgabe in gar keiner Verbindung stehen; 
3. in der Willkür, Unschönheit und Styllosigkeit des Ornamente; 
4. in der rücksichtslosen Art, wie dieses Ornament mit dem Ge- 
genstande, den es zu schmücken hat, gewöhnlich verbunden ist, einer 
Art, die keinen Bedacht auf die Grundform des Gegenstandes und ihre 
Gliederung nimmt, noch darauf, dass das Ornament sich der Grundform 
unterzuordnen hat; man sieht vielmehr häufig, dass es dieselbe ganz und 
gar zu ersetzen trachtet, und sich wirklich an seine Stelle setzt; 
5. in der Willkür der Construction bei denjenigen Gegenständen, 
bei welchen, wie z. B. den Möbeln, ein architektonisch constructives Ele- 
ment wesentlich ist; 
6. in willkürlicher wirklicher oder scheinbarer Vertauschung der 
Materialien, wie das, beispielsweise gesagt, mit Metall, Leder und Holz 
der Fall ist; 
7. was die Farbe betrifft, einerseits in dem Mangel an Gefühl für 
eine ruhige ccloristische Harmonie, welcher Mangel sich durch harte, 
grelle, bunte Farbenzusammenstellung ausspricht, andererseits auf anderem 
Gebiete, wie z. B. bei den Tapeten und sonstiger Wanddecoration, in 
der Verblassung und Verwaschung aller Farben, ein Geschmack, der, für 
das Graue und Schmutziggebrochene eingenommen, echte cnloristische 
Etiecte verhindert. Dieser allmählig klar erkannte Zustand der Dinge hat 
zu einer bewussten Reform und demgemäss auch zur Gründung des Oester- 
reichischen Museums geführt, dessen Ziel und Aufgabe es also war, die 
Industrie von den aufgezählten Fehlern zu befreien und zu den entgegen- 
gesetzten Eigenschaften und Tugenden hinzuleiten. Indern das Museum 
dieses Ziel verfolgte, dachte es aber nicht daran und durfte nicht daran 
denken, etwa durch Empfehlung oder Verschreibung eines bestimmten 
historischen Knnststyles der freiesten Entwicklung der Kunstindustrie in 
Bezug auf ihre technische oder ästhetische Seite irgend eine Schranke 
setzen zu wollen. Es musste sich begnügen, auf das Gute, Schöne und 
Richtige aller Zeiten hinzuweisen und durch seine Kunstschule zugleich 
befähigte, jeder Aufgabe völlig gewachsene Kunstjiinger zu erziehen. 
Aus diesen Thatsachen und dieser Aufgabe des Museums scheinen 
sich auch die Gesichtspunkte zu ergeben, welche für die in Rede stehende 
Ausstellung eine Jury zu leiten haben, worauf sie ihre Aufmerksamkeit 
richten muss. Es ergibt sich daraus wenigstens im Allgemeinen, was an- 
zuerkennen, was zu verwerfen und zurückznweisen ist. 
Da wir uns aber, wie schon oben angedeutet, auf dem Gebiete der 
Kunstindustrie in einem Ucbergangszustande befinden, so möchte es für
	        
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