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sich nur langsam besiegen. Dieselben wachsen in diesen Kreisen mit der
Jugend auf und werdendann im Alter schwer} abgelegt. Der Patrio-
tismus von ehemals ist gewichen; wenn ein ausländischer Fabrikant um
einige Percente wohlfeiler arbeitet, wird er begünstigt. Den Stolz, den
ehemals Kirchenfürsten und der hohe Adel gehabt haben, sich Galerien
und Bibliotheken anzulegen, der einheimischen Industrie eine Stütze zu
sein, ist gewichen, oder wenigstens nicht in dem Masse vorhanden, als
es in Frankreich der Fall ist. Ob dabei Aversionen gegen Wien mit in's
Spiel kommen, ob die' Furcht, dass der Bürgerstand sich mehr noch
kräftige, als es ohnehin der Fall ist, lassen wir unentschieden. Thatsache
ist, dass der ganzen Bronzeindustrie nicht die Aufmerksamkeit zu Theil
wird, wie es vom Standpunkte eines erleuchteten Patriotismus wünschens-
werth ist.
Dazu kommen noch andere Verhältnisse; der Markt im Innern ist
unterbunden; die Wechselbeziehungen auf dem Gebiete der Gewerbsinter-
essen in den Kronländern Oesterreichs gestört. Die technologischen Wis-
senschaften werden wenig gepflegt; Autoritäten auf diesem Felde, welche
der Bronzeindustrie unter die Arme greifen könnten, fehlen. Da sieht es
in Frankreich, speciell in Paris, ganz anders aus._
Zudem ist in der Bronzefabrication der Geist der Association noch
nicht erwacht, der in Frankreich gerade auf diesem Felde so viel dazu
beigetragen hat, den ganzen Fabricationszweig zu heben, die Arbeiter zu
schulen, den Techniker zu fördern. Was haben bei uns die Genossen-
schaften auf diesem Felde gethan, und was hätten dieselben thun können!
Die Industriellen müssen nicht Alles von der Regierung verlangen , sie
müssen sich selbst helfen können, besonders in Zeiten, wo es an Aufträgen
nichffehlt und Mittel genug vorhanden sind, um, wie es die Posamen-
tirer gethan haben, eine Fachschule zu errichten, - sei es als Sonn-
tags- oder Abendunterricht, - geeignet, die Leistungsfähigkeit der Arbei-
ter zu erhöhen.
Auch darüber müssen sie unter sich in höherem Grade klar wer-
den, wie sie Modelle von Künstlern oder nach berühmten Kunstwerken
erwerben, und wie sie und rrach welchen Methoden sie dieselben repro-
duciren müssen, um einerseits den Künstler entsprechend honoriren, an-
dererseits aber so vielerlei Abgüsse machen zu können, damit ein grösserer
Absatz, und auch ein Absatz zu geringeren Preisen möglich ist. Auch
darüber werden die Verhältnisse in Frankreich manchen Wink geben
können. Dort werden Reproductionsmaschinen und Galvanoplastik vielfach
angewendet. Auch in Berlin wird mehr als Ein Gebiet der Metallplastik
rationeller betrieben, als in Oesterreich.
Die Erörterung dieser Fragen war früher, wo die Bronzefabrication
in den ersten Stadien der Entwicklung stand, vielleicht überflüssig. Heu-
tigen Tages aber ist es anders; heute müssen dieselben umfassend erör-