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und Abtönen der Farben, von Einheit der Dessins ist selten eine Spur
zu finden.
Das Schlimmste ist aber die Färbung, die man unseren Wägen zu
geben pHegt; dieselben sind zwar gut lackirt, aber fast ohne Aus-
nahme haben sie recht unschöne Farbentöne und lusammenstellungen
aufzuweisen. Es gibt fast nur zwei Kategorien von Anstrichen, ganz
dunkle, und sogenannte naturholzfarbige. Die ersteren sind entweder ganz
schwarz, schwarzbraun oder schwarzblau mit gleichen nur ganz schmal
heller vbeschnittenenw (gestreiften) Rädern, oder diese letzteren sind, was
jetzt am modernsten, mit schmutzigbräunlich bordeauxrothen, etwas brei-
teren Linien versehen oder gar ganz von eben diesem Roth. Um wievicl
freundlicher und heiterer präsentirten sich die Luxuswagen von ehemals,
da man ihnen noch helle frische Farben gab. Ich vermag nicht einzusehen,
wozu Wägen, die größtentheils zum Spazirenfahren, also zum Vergnügen
dienen, die Farbe von Todten- und Trauerwägen tragen müssen! Die
zweite Kategorie von Anstrichen, diejenigen, welche entweder blos aus
Firniss bestehend, die Naturfarbe des Holzes durchscheinen lassen, oder
mittelst hineingeklexten Fladers oder gar Flechtwerkes imitiren, ist, wenn
auch nicht so moros und düster als die erste, doch kaum minder ge-
schmacklos. Die Hölzer, die zum Baue der Wagenkasten verwendet werden,
besitzen eben keinen schönen Flader, und der imitirte ist in der Regel
einfach hässlich, stets aber unnatürlich. Wohlthuende Abwechslung bringen
in diese allgemeine Farbenmonotonie fast nur die kaiserlichen Equipagcn
mit ihrem hübschen Grün und Gold.
Wenn sich nun wirklich einer oder der andere unserer hervor-
ragenden Künstler mit der Sache eingehender befassen will, so werden
ihm die vorstehenden kurzen Bemerkungen gewiss als hinreichende An-
regung dienen, und mehr bezwecken sie nicht. Allein über einen Punkt
möchte ich doch noch einige Worte sagen: über die Schwierigkeiten,
welche sich der Einbeziehung des Wagenbaues in den Kreis der Kunst-
gewerbe entgegenstellen. Gewiss, solche Schwierigkeiten sind vorhanden,
und sie sind auch nicht ganz geringfügige, allein sicherlich sind sie nicht
unüberwindlich. Den Widerstand, welchen vielleicht einzelne Fabrikanten
leisten möchten, trotzdem die von mir angedeuteten Reformen in deren
eigenem Interesse lägen, will ich weiter nicht in Betracht ziehen, er würde
bald von selbst verschwinden. Weit misslicher ist aber der Umstand, dass
sich kaum irgend einer unserer Künstler mit Wägen und dem Wagen-
baue eingehender befasst haben dürfte; derjenige aber der geneigt wäre
dies künftighin zu thun, müsste damit beginnen, sich volles Verständniss
der Technik des Wagenbaues zu erwerben, er müsste in einer nicht ganz
mühelosen Schule mancherlei lernen, was ihm bis jetzt ganz abseits lag
und fremd blieb. Allein dies verhält sich mit den meisten anderen Tech-
niken, denen sich Künstler zuwenden, keineswegs anders; wer eine aus-
führbare Zeichnung zu irgend einer Metall-, Textil-, oder keramischen