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wird. - Mit der Aufgabe, die zu publicirenden Muster auszuwählen, betraut, richtete Dr.
llg sein Hauptaugenmerk darauf, nur derartige Proben der Ausstellung zu entnehmen,
welche in erster Linie der modernen lmitation alter Nadelarbeiten durch unsere Frauen-
hande zugänglich sind, und dann ferner solche. welche sich durch ganz hervorragende
Schönheit oder Seltenheit auszeichnen, Unter dem Vorwalten dieses praktischen Gesichts-
punktes verzichtet die Publication darauf als kunsthistorischer Atlas der Spitzenkunde
dienen zu wollen und wurde der historisch-archaologische Standpunkt nicht eingenommen.
Nur in so fern als auch unter den ausgewählten Mustern dieser Sammlung eine Reihen-
folge nnch Zeit und Ort der Entstehung zu bemerken ist, wurde die Aufeinanderfolge in
ein einfaches System gebracht. Es machen daher Spitzen ltaliens, dieser Wiege der
künstlerischen Spitzenarbeit. in einfachen geometrischen Dessins geschnitten, F lecht-
spitzen etc. den Anfang; es folgen die reicheren Reliefspitzen Venedigs, die zierlichen
Klöppelspitzen Genuas, Imitationen italienischer Techniken in Deutschland während des
16. und 17. Jahrhunderts hervorgebracht, die litzenspitze mit ihrem einfach-charakteri-
stischen Gefüge, welches heutzutage besonders haulig wieder angewendet wird. Frank-
reich erscheint mit ganz auserlesenen von Argentan-, Alencom, Valenciennes- und Sedan-
spitzen, so dass demnach das Lehrreiche so wie das Schönste, was die Ausstellung bot,
in unserem Album bleibend gesammelt ist - Wenn es die Gelegenheit und der Zweck
der Publication nicht gestatteten, in jeder Weise vollständig zu sein - ein Plan, welcher
bei der ungeheueren Vielseitigkeit dieser Fachtechnik überhaupt unmöglich durchzuführen
sein dürfte. -- so bietet die Sammlung trotzdem auch für das Studium über die Kunst-
geschichte der Spitzen sehr wichtige Anknupfungspunkte. Die Verschiedenheit der Lander
in ihrer Production, der Einßuss der verschiedenen allgemeinen Kunststyle auf die jewei-
ligen Zeiten, der Wechsel der Moden und die Rückwirkung der Techniken auf den Styl
dürften einem aufmerksamen Auge bei Durchsicht unserer Blätter auf lehrreiche Weise
klar werden. Wer genauere Aufschlüsse wünscht, findet in Mrs. Bury Palliser, History
of lace. London 1869, in J. Seguin: l.a dentelle. Paris 1875, in Canonicus Dr. Bock:
Beschreibender Katalog einer Sammlung Spitzen und Kanten. Wien, Mai 18747 und in
Ilg's Brochüre v-Terminologie und Geschichte der alten Spitzen. Wien i876c, mannig-
faches Materiale vereinigt; auch machen wir auf die vom Oesterr. Museum veranstalteten
Ausgaben alter Spitzenmuster-Bücher aufmerksam. - Was die hier gebrauchte Bezeich-
nung der einzelnen Spitzenmuster anbelangt, so macht Dr. llg die Bemerkung, dass wie
jeder Fachkenner weiss, eine allgemein giltige Terminologie der Arten noch nicht fest-
steht und dieBezeichnungen der Techniken nichtin zwei, über die Spitzen handelnden Werken
bisher übereinstimmend gefunden werden. Sie sind hier nach bestem Kennen und Wissen
gewählt, ohne dass mit ihrer Aufstellung bei dem unendlich schwanken Wesen der bis-
herigen Forschungsresultate damit immer das endgiltig Richtige begründet sein sollten
(Von der Münchener Ausstellung.) Es hatte ursprünglich die Absicht bestanden
als höchste Auszeichnung eine goldene Medaille an einer Ehrenkette zu verleihen; doch
musste hievon abgesehen werden, weil mit einem solchen Act ein Uebergrilf in die Pra-
rogative der Krone begangen sein würde. Da ferner die Vertreter der an der Ausstellung
betheiligten Staaten einstimmig erklärten: die festgesetzte Zilfer von 2c ersten Preisen
stehe ausser Verhaltniss zu der Bedeutung der Ausstellung, so ging man auch davon ab,
diesen ersten Preis in Gestalt einer goldenen mit künstlerischer Vollendung ausgeführten
Medaille zu ertheilen, bestimmte vielmehr eine einzige Medaille von Bronze, welche einfach
als dritter Preis zu gelten hat, versilbert als zweiter. vergoldet als erster, für welchen
letzteren nun keine Beschränkung in der Zahl aufrecht erhalten wurde. Die verschiedenen
Gruppen der Jury haben ihre Arbeit beendigt. Die Künstler-Jury hat nur erste und zweite
Preise zuerkannt und daher über eine grosse Zahl von Kunstwerken gar kein Urtheil
abgegeben, wogegen die Jury für kunstgewerbliche und Kunstschulen und die Jury für
neuere kunstgewerbliche Objecte jede Katalogsnummer mit einer Ziffer versehen hat, je
nachdem sie einen der drei Preise oder ein Anerkennungs-Diplom oder keinerlei Aus-
zeichnung glaubte votiren zu müssen. Die kunstgewerbliche Jury hatte sich wieder in vier
Sectionen gespalten: a) Textil- und verwandte Stoffe, ferner graphische Künste; b) Möbel
und kleine Plastik; c) Keramik und Glas; d) Metalle. Es mögen etwa ioo erste Preise
zuerkannt worden sein, und zwar scheinen sich dieselben ziemlich gleich auf die Haupt-
lander zu vertheilen; nicht dass man dem alten Ausstellungsmissbtauch gehuldigt hatte,
von Land zu Land zu feilschen: pramiirst du meinen u. s. w. - sondern weil in ge-
wissen Zweigen, wie z. B. der Metallbearbeitung und Möbelindustrie, ein gleichartig
rustiges Streben durch ganz Deutschland geht und im Uebrigen wieder jedes Land
seine Specialitat aufzuweisen hat. AAllgemein aussert sich in den Kreisen [der Bethei-
ligten der Wunsch, dass das heutige Unternehmen der Ausgangspunkt für eine Folge
von deutschen Ausstellungen werden möge, welche nach Art der Wanderversammlungen
der Gelehrten etc. in Zwischenräumen von vielleicht fünf Jahren, zwischen Norden und
Süden, Osten und Westen abwechselnd, immer neue Gebiete erschliessen und in die fort-
schrittliche Bewegung hereinziehen und Gelegenheit bieten würden, von dem Schafen