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Sculpturen als verwandt mit den XVerkeu erweisen, welche man bisher als Erzeugnisse
der pergamenischen Kunst kannte, mit dem sterbenden Gallier vom Capitol und der
Gruppe des Galliers, der sein Weib getodtet hat und sich ersticht, in Villa Ludovisi, so
zeigen sie diese Kunst doch von ganz neuen Seiten und eröffnen einen überraschenden
Einblick in eine Richtung der antiken Sculptur, welche dem modernen Bewusstsein be-
sonders nahe liegt und uns bisher noch wenig bekannt war. Die auffallende Verwandt-
schaft einiger Motive mit der Laocoongruppe wirft neues Licht auf die noch nicht sicher
beantwortete Frage nach der Entstehungszeit dieses Werkes.
Die Zahl der theils in der ganzen Höhe, theils in grossen Bruchstücken gefundenen
Platten ist mehr als neunzig; dazu kommen an t5oo kleinere und kleinste Fragmente.
Die Erhaltung der Oberfläche ist sehr verschieden; einzelne Stücke sind so gut wie un-
berührt. Vieles ist durch Verwitterung, Manches vielleicht auch durch Feuer, sehr zer-
stört; dass ein erheblicher Theil des Frieses ganz zu Grunde gegangen, vermuthlich zu
Kalk verbrannt worden ist, steht ausser Zweifel.
Neben der Gigantomachie sind zahlreiche Bruchstücke eines zweiten Frieses von
kleineren Dimensionen (I,57 Meter hoch) und geringerer Relieferhebung gefunden, dessen
Gegenstand noch nicht feststeht. Auch eine Reihe von Statuen ist zu Tage gekommen,
von denen wenigstens einige mit zu dem Altarbau gehört zu haben scheinen.
Von Sculpturen einer älteren Epoche ist nur Vereinzeltes gewonnen, darunter ein
weiblicher ldealkopf von ganz ausgezeichneter Schönheit.
Der Zustand der Sculpturen macht eine öffentliche Aufstellung derselben vorerst
unmöglich; doch ist man beschäftigt, einige der am besten erhaltenen und zusammen-
hangenden Hauptgruppen so herzustellen, dass sie dem Publicum zugänglich gemacht
werden können.
Verwendung des Knnstfonds im Jahre 1879. Die Sitzungen der Landes-
Commission zur Begutachtung der Verwendung des Kunstfonds fanden in dem Zeitraume
vom 26. September bis l. October 187g statt und wurden durch den Minister der geist-
lichen etc. Angelegenheiten im Sitzungssaale des kbnigl. Ministeriums eingeleitet und
geschlossen.
Von den t3 auf Ausführung monumentaler Bildwerke der Sculptur und Malerei
gerichteten Anträgen wurden 6 dem Minister zu weiterer Verfolgung empfohlen, nämlich:
1. Die Ausschmückung des Vereinssaales im Architektenhause zu Berlin mit einem
Cyelus von Frescogemalden nach Entwürfen des Malers Prell, zu welchem Zweck ein
Geldbetrag aus dem Kunstfond in Anspruch enomrnen wird;
2. Ausschmückung der Aula des k. ilhelms-Cvymnasiums zu Königsberg in Pr.
mit Wandgemalden, zu deren Herstellung unter Vorbehalt der Prüfung der einzureichenden
Entwürfe drei dortige Künstler mit Hinweis auf das Seitens der Commission empfohlene
Programm in Vorschla gebracht werden;
3. Ausführung eines monumentalen Brunnens auf einem grossen Platze Berlins nach
dem von R. Begas auf Grund eines im vorigen Jahre der Commission vorgelegten und
von derselben dringend zur Ausführung empfohlenen Modells;
4. Aussehmückung der Gymnasial-Aula zu Minden durch Wandgemalde;
5. Ausschmückung der Stirnseite am Neubau des Joachimsthnfschen Gymnasiums
bei Berlin mit Bildhauerwerken. Auf Grund der vorliegenden Modellskizzen empfahl die
Commission: a) den Bildhauer Klein zur Ausführung zweier Nischentiguren, - b) den
Bildhauer Hundrieser zur Ausführung der Akroteriengruppe, und beantragt zur Herstel-
lung des Giebelfeldes eine engere Concurrenz.
6. Ausführung monumentaler Landschaksgemalde zum Schmuck des Vorzimmers
der Aula im konigl. Wilhelms-Gymnasium zu Berlin, in Zusammenhnng mit der vor-
geschlagenen Aufstellung einer von dem Bildhauer Otto früher aus Staatsmitteln her-
gestellten Marmorcopie der antiken Sophokles-Statue des lateranischen Museums. Unter
Annahme der von dem Landschaftsmaler A. Hertel in Berlin vorgelegten Farbenskizzen,
welche Motive aus sophokleischen Tragödien behandeln, trat die Commission dem Ana
trage bei.
Ausserdem wurde das Gutachten der Cummission über zwei die Ausschmückung
der Ruhtneshalle (im ehemaligen Zeughause) zu Berlin berührende künstlerische Fragen
erfordert, bei deren Losung der Kunstfond nicht in Anspruch genommen wird:
v. Bezeichnung geeigneter Künstler zur Uebernahme monumentaler Darstellungen
aus der preussischen Gesc iebte (Krönung Friedrichs 1., Huldigung Schlesiens, Aufruf
von 1813, Kaiser-Proclamation in Versailles), und _
2. Entscheidung der Concurrenz zur Ausführung einer in Marmor herzustellenden
colossalen Victoria-Stntue für den Herrschersaal. Nach Prüfung der auf Grund des Preis-
aussehreibens vom 28. Juli 1879 ohne Namensnennung der Künstler eingereichten 67 Ent-
würfe vereinigte sich die Commission dahin, den ersten Preis, welcher zugleich die Aus-
führung bedingt, nicht zu ertheilen, dagegen den zweiten und dritten Preis zwei Modellen
zuzuerkennen, als deren Urheber sich die Bildhauer Fr. Schaper und K. Begns in