Beilage zu Nr. 227
der
„Mittheilungen des k. k. Oesterreieh. Museums."
Es ist viel besser, keine Preise zu ertheilen, als sie an wenigergenügende
Kunstjünger zu vertheilen. Die Specialschulen der Professoren Makart
und Angeli sind nicht vertreten, da sich in denselben keine Gemälde
finden, welche zur Ausstellung für das große Publicum passend sind. Das
Ausstellen unfertiger Bilder würde das Publicum nur irre führen. In der
Specialschule für Architektur ist dieses Mal zum letzten Mal Theophil
von Hans en vertreten. Mit Ende dieses Schuljahres schließt Hansen
seine glänzende Lehrthätigkeit ab zum Bedauern seiner Schüler und
der Akademie. Zu seinem Nachfolger ist der Oberbaurath Baron Hasen-
auer designirt. Er ist aus der Wiener Architekturschule hervorgegangen
und wird zweifelsohne den Ruf der Wiener Bauschule an der Akademie
aufrecht halten. Hasenauer ist ein eminenter Zeichner und wie bekannt,
ein ganz hervorragender Künstler.
Vielversprechende Talente weist die Specialschule des Prof. Leopold
Müller auf in den Arbeiten von Delug aus Bozen und Krämer aus
Wien; aber auch in anderen Specialschulen sind beachtenswerthe Talente
hervorgetreten. Es fehlt uns der Raum, sie im Detail zu würdigen. Wir
constatiren nur mit Vergnügen, dass zahlreiche Bilder aus dem neuen
Testamente und aus der Romantik zum Vorwurf genommen wurden. Die
Plastik ist durch die Specialschulen von Kundmann und Zumbusch,
die Medailleurschule von T a u t e n h a y n und die Vorbereitungsschule
für Plastik durch die Schule Hellmers vertreten. Die Kupferstichschule
von Prof. Sonnenleitner weist mehrere ganz tüchtige Arbeiten auf.
Auch in der allgemeinen Vorbereitungsschule sind zahlreiche Arbeiten
ausgestellt, welche den Lehrern und den Schülern zur Ehre gereichen.
Das Thierstlick. die Anatomie und die Perspective kamen heuer auch zur
Geltung. Die Thiermalerei lehrte Huber, die Anatomie Dr. Frisch,
die Perspecrive Architekt G. Niemann. Unter den Schülern der Akademie
finden wir Angehörige aller Volksstämme der Monarchie.
ln dem Rectorate ist heuer ein Wechsel eingetreten. Es ist eine
gute Gepflogenheit der Akademie, dass zwischen den verschiedenen
Fächern der Akademie der starutengemäße Turnus eingehalten wird.
Nachdem in den letzten Jahren das Rectorat in den Händen eines Bild-
hauers und eines Architekten gelegen ist, so hat das Professoren-Collegium
mit einstirnmigem Beschlusse den Historienmaler Mathias Trenkwald
zur Rectorswürde in Vorschlag gebracht. Trenkwald ist ein genauer
Kenner der Wiener Akademie und ein so erfahrener Schulmann, dass
seine Wirksamkeit eine ebenso ersprießliche sein wird, als die seiner Vor-
X. Bd. 1884. 14