sein können. ln einem anderen Falle wäre dieser Einwurf gerechtfertigt,
hier jedoch dient er nur zur Verstärkung unserer Ansicht. Bei der Punzen-
manier ist nicht das Verfahren, mit dem Punzen eine Zeichnung hervor-
zubringen, neu, sondern nur die Verwendung einer längst bekannten
Technik für einen anderen Zweck, nämlich zur Vervielfältigung durch die
Kupferdruckpresse. Und da ist es ganz natürlich, dass ein in künstlerischer
Beziehung hervorragender Goldschmied zuerst die Idee fasst, seine Com-
positionen mit den ihm geläufigen Mitteln auf die Kupferplatte zu über-
tragen um sie seinen Zeitgenossen als Musterbilder für ihre Arbeiten zur
Verfügung zu stellen. Durch diese Annahme sind wir auch der Noth-
wendigkeit enthoben, einen Goldschmiedgesellen, B. Zan, dessen Arbeiten
das älteste vorkommende Datum, 1580, tragen, als den Erfinder hinstellen
zu müssen. Die Entwicklung ist nach dem Gesagten eine naturgemässe.
Der Componist unserer Blätter, ein vorzüglicher Goldschmied zwischen
1570 und 1580, der Erfinder, hierauf unmittelbar B. Zan, ein Goldschmied-
gesell, als Nachahmer und hierauf die übrigen bekannten und unbekannten
Meister. Ja sollte nicht vielleicht B. Zan als Gesell bei unserem Meister
in Arbeit gestanden und da zu seiner Publication veranlasst worden sein?
Damit wäre die Verwandtschaft zwischen den Gefäss- und Ornamentformen
unseres Meisters mit denen Zan's auf's einfachste erklärt.
im 17. Jahrhundert sinkt mit der Kunst im Allgemeinen auch die
Punzenmanier. Der Contour verliert an Bedeutung, das Malerische in der
Behandlung tritt in den Vordergrund - Daniel Kellerthalefs Zier-
platten vom Jahre 1613 in Dresden - und mit dem Verlassen des von
der Natur vorgezeichneten Weges schwindet diese Manier, nachdem sie
noch einmal in dem Amsterdamer Goldschmiede Jan Lutma dem Jüngeren
- in vier Portraitbüsten vom Jahre 168i - zur Blüthe gelangt war,
nach etwas mehr als hundertjährigem Bestande gänzlich.
VIIIIOIIIIIIOII In lluuum.
Aus dem am m. Februar gehaltenen Vortrage des Oberbaurathes v. Ferstel über
die lnnendecoration der Votivkirche haben wir die Partie, welche die Polichrnmirung be-
trifft, bereits reproducirt. Es erßbri t noch, den Gedankengang des Vortrages im Allge-
meinen zu skizziren. lm Jahre rSSÖB begonnen, wird die Kirche 4000 Menschen fassen,
sie ist durchwegs aus hartem Kalkstein (6'[, Millionen Kubikfuss) aufgeführt und die K0,-
sten belaufen sich auf aber drei Millionen Gulden. Da hiemit die Baufonds bereits er-
schöpft waren, wurden für die lnnendecoration mit Aufbietung aller Kräfte nur 500.000 G.
aufgebracht. Der Baustyl hielt sich an die besten Vorbilder des dreizehnten und vier-
zehnten Jahrhunderts, in welcher Zeit das System des gothischen Styles bereits entwickelt
wer und auch die Decorationskünste in sein Bereich zog, ohne sie jedoch vollständig für
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