Selbst stahlblaue und röthliehe Gründe mit metallischem Glanze, die
ihrcn Farbenton je nach dem einfallenden Licht verändern, ähnlich wie
die metallischen Glasuren der spunisch-maurischen Fayencen und der Ma-
joliken von Giorgio da Gubbio, sind vorzüglich gelungen. Nur der Pla-
tinagrund und das Platinornament, so sehr es eine Speeialität des Wiener
Porcellans bildet, will mit seinem schweren bleieiaiexi Ton dem künst-
lerischen Auge nicht sonderlich gefallen. 'Dic Dictrichsteimsehe Col-
lection gibt auch davon einige Beispiele. '
Neben der antikisirten Decoration spielt die Blumenornamentik, nicht
stylisirt, sondern in naturalistiseher WVeise, in Kränzen, Guirlanden, Festons,
Bouqucts, eine grossc Rolle. Diese Ornamentationsweise war zur Zeit des
Rococo langsam in Mode gekommen und hatte sich mit den Rococo-Schn ör-
keln zierlich verbunden. Als dicsc letzteren durch die französische Revo-
lution beseitigt wurden, ging die Bluincnliebhaberei in ähnlicher Weise,
jedoch bescheidener noch, eine Verbindung mit antikisirten Ornamenten
ein oder hielt sich auch für sich allein im gemeineren Gebrauch. In
keiner Weise aber machte sie sich so breit und aufdringlich, wie wir das
in den letzten Jahrzehnten gesehen haben und leider heute noch sehen
müssen. Es fesselte uns daher bei den Blumen auf den Dietrichstein-
sehen Porcellanen nicht blos die zierlich vollendete Ausführung und das
fcine Naturgefühl, mit dem sie der Wirklichkeit nachgebildet sind, sondern
auch die Bescheidenheit, mit der sie auftreten, und die künstlerische Weis-
heit, mit der sie eomponirt sind. Der Künstler zeigt sich stets bewusst,
dass seine Aufgabe dabei nicht in der Wiedergabe der Natur, so liebevoll
diese auch ist, besteht, sondern in der Decorirung seines bestimmten vor-
liegenden Gegenstandes. '
Diese künstlerische Weisheit ist überhaupt in der Composition, in
der Anordnung und Vertheilung des Ornarnents nach dem gegebenen Raum
und seinen formalen Bedingungen anzuerkennen. Es ist hier ein Gesetz
der Decoration beobachtet, welches die Geschichte der Kunst nur zu oft
vernachlässigt zeigt. Die italienischen Majoliken z. B. pflegen die Gegen-
stände ihrer Verzierung durchweg über alle Glieder der Gefässe und Teller
hinwegzuziehen, ohne daran zu denken, dass vorspringende Theile, Kanten
und Vertiefungen die Linien der Figuren und Ornamente unterbrechen,
verkürzen und zu Zerrbildern machen. Hier sehen wir aber jede Bedin-
gung der Glieder weise beobachtet; wir sehen z. B. bei den Tellern den
Rand für sich ornamental behandelt und die Ornamente sich von da leise
in die Biegung hinabziehen und von ihr aus ihre Spitzen und Ausläufer
nach dem Mittelpunct zukehren; wir sehen die Mitte, welche dem Gebrauch
bestimmt ist, frei von Verzienmg oder mit einem stemartigen Ornament,
und wenn sie mit einem Bilde ausgefüllt ist, so ist dieses dem Raume an-
gepasst. Doch ist dieses letztere allerdings nicht durchgängig der Fall;
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wir sehen vielmehr dieses Gesetz auch in einer nicht zu rechtfertigenden
Weise überschritten.
An sich, müssen wir gestehen, sind wir gerade nicht voreingenommen
für figürliche Gemälde auf Porcellantellern oder sonstigem Porcellangeschirr
und um so weniger, je erhabener und idealer der Gegenstand ist. Aber
für solche Geräthe, welche nicht zum Gebrauch dienen, sondern als reine
Schaustücke Kasten und Credenzen zieren sollen, lassen wir sie uns ge-
fallen; sie sind ein Schmuck des Raumes und ein Sporn für den Künstler,
in diesem von der Kunst fast gering geschätzten Geme das Höchste zu
leisten, was möglich ist. Immer muss aber das Bild sich den Formen des
Gefasses oder Geräthes anschliessen.
Von solchen Praehtstücken der Porcellamnalerei bot die Die trich-
stein'sche Collection ganz vorzügliche Beispiele. Eine Anzahl Bilder der
Belvedere- und Liechtenstein-Gallerie waren auf denselben, so weit es das
Material zulässt, meisterhaft copirt, Werke der italienischen Kunst, Werke
von Rubens u. a. Daneben fanden sich auch ligürliche Gemälde im Styl
jener Zeit, z. B. von Füger oder aus der Schule David's und dem Ge-
schmack der Republik und des Einpirc angehörig.
Ferner sahen wir Landschaßen, Thierstücke, Genrebilder, Allegorien,
mythologische Scenen, kurzum im Kleinen-die ganze Kunst, wie sie damals
lebte. In den meisten Fallen nahmen diese Bilder als Rundgemälde gerade
die flache Mitte der Teller ein, und das ist die angemessene Weise, nicht
wenige von ihnen hatten ovale Gestalt, welche, in die runde Grundfläche
hineingebracht, durchaus geschmacklos erscheint. Wir können uns diesen
Uehelstand nur dadurch erklären, dass die Originale zu diesen Gemälden
Höhenbilder waren und sich weder in runde, noch quadratische Form
bringen liessen. So wurden wenigstens die Ecken abgestumpft; aber auch
so blieb es eine Geschmacklosigkeit.
öo reich und vorzüglich die Dietrichstein'sche Collectien in der
Bemalung ist, so wenig mannigfaltig zeigte sich die Form der Gefässe. Eine
Ergänzung in dieser Beziehung, namentlich in Bezug auf das kleinere Ge-
schirr, auf Kaifee- und Theeschalen, Zuekerdosen u. s. w. gewährt uns das-
jenige, was das österr. Museum sonst schon von älterem Wiener Porcellan
in seiner ceramischen Abtheilung ausgestellt und grossentheils
zu eigenem Besitze erworben hat. In Bezug auf die Form wird man aber
auch kier keinen Reichthum entdecken. Die Formen leiden im Ganzen
an der Steifheit, welche allem antikisirten Geräth dieser Periode eigen ist.
Vielleicht hat auch der grosse Nachdruck, den man auf die Malerei legte,
dazu beigetragen, indem man in der Centour der Gefasse, um möglichst
gerade oder sich nicht verjüngende Flächen zu gewinnen, die gerade Linie
statt der geschweiften eintiihrte. Auf Schalen und sonstigen Gefassen mit
senkrechter Wendung liessen sich allerdings die feinen Ornamente mit