l 94
Künstler sind in dem Stuttgarter Museum der bildenden Künste ziemlich
vollständig vertreten. In allen modernen Culturstaaten, speciell in Frank-
reich und in den deutschen Staaten, ist man zur Erkenntniss gelangt,
dass zur Hebung der Kunst die Förderung der Wandmalerei von der
größten Bedeutung ist. Die monumentale Wandmalerei ist die Vor-
bedingung einer gesunden Historienmalerei; es ist daher unerlässlich,
dass Mittel bewilligt werden, um die Wandmalereien im Parlaments-
hause, in der Universität, im Justizpalaste in Wien und in der Lembetger
technischen Hochschule ohne Ueberstürzung aber in consequenter Weise
durchzuführen. Die deutschen Staaten verwenden für solche Zwecke
große Summen, während in Oesterreich die Mittel für derlei Aufträge so
beschränkt sind, dass aus dem betreffenden Fonde nur die Ausschmückung
der Mariencapelle in der Votivkirche und die noch fehlenden Fresken in
der Fünfhauserkirche hergestellt werden können.
Ein lebendiges Zeugniss für die Kunstbewegung unter den öster-
reichischen Völkern ist die erhöhte Aufmerksamkeit, welche man in allen
Kronländern des Reiches den Landesmus e en entgegenbringt, die gegen-
wärtig nicht nur als ein wichtiger Hebel zur Förderung der Landeskunde
betrachtet werden müssen, sondern auch den natürlichen Mittelpunkt
bilden, an welchen sich die Kunstbedürfnisse der Kronländer anschließen.
Es würde vollkommen gerechtfertigt erscheinen, wenn die Kronlands-
museen aus Staatsmitteln subventionirt würden, um den kunst-
wissenschaftlichen Bedürfnissen derselben genügen zu können. Vorläuhg
aber wäre es dringend zu wünschen, dass von Seite der Staatsregie-
rung ein Bericht verfasst werden möchte, aus welchem man sich über die
Organisation, über die Leistungen und inneren Verhältnisse der Landes-
museen genau orientiren könnte. Wenn man sich heutigen Tages über
die so wichtige Frage unterrichten will, so muss man entweder die zwei
in Berlin erschienenen Kunstiahrbücher von Rud. Springer und Stöhr
zur Hand nehmen, oder nach dem in Paris erscheinenden Werk: wIJAnnee
artistiquer- greifen. Das letztere Werk enthält über galizische und unga-
rische Kunstzustände eingehendere Aufschlüsse, und die deutschen Kunst-
bücher solche über diejenigen Kronländer Oesterreichs, welche als
ehemalige Bundesländer des Deutschen Reiches gelten.
Die geringe Summe, welche im Budget für die Zwecke der Central-
Commission zur Erhaltung der kunsthistorischen Denk-
maleü ausgeworfen ist, zeigt wohl das Bestreben, den Bedürfnissen der
gewerbeschule in Leipzig 39.850 Mk.; Kunstgewerbeschule und Kunstgewerbemuseum in
Dresden x3o.7oo Mk.; für den Umbau der Akademie und des Kunst-Ausstellungs-
gebaudes in Dresden 800.000 Mk.; an Professor Joh. Schilling, Ehrengabe 30.000 Mk.;
zusammen 1367394 Mai-k.
') Die k. k. Central-Commission hat einen eingehenden Jahresbericht über ihre
Thatigkeit im Jahre x883 verötTentlicht (S. 59, 8', Wien, k. k. Staatsdruckerei), ohne
sich in demselben auf die Specificirung ihres Budgets einzulassen.