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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XVIII (1883 / 218)

streifte und carrirte Stoffe für Aegypten und die Levante, reizende klein- 
gemusterte Gewebe für Chochinchina und Siam, gefärbte Stickereien auf 
Tüll und Mousseline, bei welchen man bedauert, dass sie in Europa 
nicht Mode sind, kurz, nach dieser Seite hat Umsicht und Rührigkeit 
alle Hindernisse überwunden, und es dahin gebracht, dass die Schweiz, 
trotzdem sie kein nOrientalisches Museums besitzt - um welches man 
uns hier, nebenbei gesagt, sehr beneidet - von der Türkei bis weit 
nach Indien und Siam den Markt mit Baumwollgeweben versieht. 
Die älteste Exportindustrie der Schweiz, die Leinenweberei, 
einst das blühendste Gewerbe von St. Gallen, hat sich jetzt auf das 
bernische Emmenthal und den Oberaargau zurückgezogen, und hält sich 
von allen kunstindustriellen Bestrebungen ziemlich fern. Ein Tischzeug 
mit blau decorirtem Rande ist der einzige, aber auch vollkommen ge- 
lungene Versuch in dieser Richtung. Gegenwärtig genügt diese Industrie 
nicht einmal dem Bedarfe im eigenen Lande, und wird dieser vielfach 
durch Einfuhr billigerer belgischer Waare ersetzt. 
Aehnlich verhält es sich mit einer der Textilindustrie nahestehenden 
Fabrication, der Papierindustrie. Was hier von kleineren Tapeten- 
fabriken geleistet wird, ist im Allgemeinen ganz respectabel, dagegen 
übertreffen die feinen Cartonnagearbeiten wo möglich noch -die unseren 
an Geschrnacklosigkeit, obwohl es für die Schweiz mit Rücksicht auf die 
sehr ansehnliche Chokolade- und Bonbonfabrication gewiss vortheilhaft 
wäre, diesen Dingen mehr Aufmerksamkeit zu schenken. - Was das ver- 
wandte Fach der Buchbinderei betrifft, so dürften die Leistungen 
bescheideneren Anforderungen der Heimat genügen; drei Firmen, in 
Zürich, Einsiedeln und Aarau, cultiviren die künstlerische Richtung in 
diesem Fache nicht ohne Erfolg, und schließen sich dabei an die besseren 
Arbeiten in Deutschland und Oesterreich an. 
Allem Anscheine nach im Rückgange begriffen ist die Holz- 
schnitzerei in der Schweiz, und verdient dieser Process umsomehr 
Beachtung, als wir in unseren Alpenländern eine ähnliche Industrie 
besitzen, die vor derartigern Schicksale vielleicht noch zu bewahren wäre. 
In der Schweiz wie bei uns hat sich diese Industrie aus autodidaktischen 
Anfängen entwickelt, und wurde mit der Zunahme des Fremdenverkehrs 
durch die Reisenden großgezogen. Die Schweiz hat schon in den Vier- 
ziger Jahren durch Unterricht für die Vervollkommnung dieser Haus- 
industrie gesorgt, und es entstanden Zeichnungsschulen in Brienz, Mei- 
ringen, Interlakeu und im Nessenthal; diese erfüllten aber keineswegs 
ihren Zweck, denn den betreffenden Lehrern fehlte die nothwendige 
künstlerische Bildung. Die Arbeiten gediehen nach jenen Schablonen, 
die in den Culturcentren üblich waren, und wurden nur noch weiter 
verunstaltet durch Zuthaten aus dem Bereiche der Fauna und Flora 
des Alpenlandes. So verloren diese Dinge gerade durch den Unter- 
richt an ursprünglicher Originalität und gewannen dafür nichts an
	        
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