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Die erste Abtheilung beschrankt sich, wie angegeben, auf zwei specielle Zweige
der classischen Kunst. Den einen bildet eine ganz erlesene Reihe von Figuren und Gruppen
aus Tanagra, den anderen eine Anzahl schöner Statuetten aus Bronze, sowie etruskischer
Spiegel mit ihren gravirten Darstellungen und eine schone, in gleicher Weise verzierte
Cista aus Praneste. Der Archaologe wird ohne Frage bei diesen Gegenständen seine
Rechnung finden, aber es ist vor Allein die Liebe zum wirklich Schonen und Anmuthigen,
was hier zur Erwerbung geführt hat.
Anders ist es mit der zweiten Abtheilung, mit den Gegenständen aus Elfenbein
(nebst verwandtem Material von Bein und Walross). Es sind im Ganzen 171 Gegenstlnde,
welche der Katalog beschreibt, und diese beginnen mit dem 6. Jahrhundert unserer
Zeitrechnung und setzen sich in ununterbrochener Folge fort, erst kirchlich, dann mehr
weltlich, bis zum t7. Jahrhundert. eo Gegenstände, ieder eine Seltenheit seiner Art,
gehören allein noch dem ersten Jahrtausend an, n dem ersten Jahrhundert des zweiten.
Wenn man bedenkt, wie man fast allein an den Elfenbeinarbeiten den Gang der Plastik
in der früheren Zeit des Mittelalters, die Entstehung und Weiterbildung der christlichen
Sculptur verfolgen kann, so begreift sich leicht die außerordentliche Bedeutung dieser
Collection von Elfenbeinarbeiten, nicht blos um ihrer selbst willen, sondern für die
Kunstgeschichte überhaupt. Wir brauchen gar nicht erst zuzuführen, dass sie den ver-
schiedenen christlichen Landern angehören, dass sie aus Byzanz, aus ltalien, aus Frank-
reich, Deutschland, Spanien, aus den Niederlanden, wie aus dem Norden stammen.
Aehnlich ist es mit den Gegenständen der kirchlichen Goldschmiedekunst, deren
wir über X80 zahlen. Es sind alle Arten von Gerathen, Gefäßen und Heiligthümern dabei,
wie die Kirche deren im Laufe der Zeit bedurft und geschaffen hat, nebst Büsten und
Statuettcn von Heiligen in Silber aus den vorgeschrittenen und vollendeten Epochen der
Kunst. Getriebene Arbeiten in Gold und Silber, die verschiedenen Arten des Emails auf
Kupfer und Silber, Filigran und die zierlichsten Niellen, Alles ist vertreten. Zwar gehen
diese Gegenstände nicht so tief in die frühchristliche Zeit zurück wie diejenigen von
Elfenbein, aber gerade für diejenigen Fragen, welche um das Jahr Iooo spielen und noch
irn u. und tz. Jahrhundert von Bedeutung sind, für die Fragen nach der Entstehung
und} dem Verhaltniss der verschiedenen Emailarten, für die Frage nach der Prioritlt
von Limosiner und rheinischcm Email und ihrem Unterschiede, gerade für diese unter
den Gelehrten so viel umstrittenen Fragen bietet die Sammlung Spitzer ein außerordent-
liches Material mit mehr als go Gegenständen. '
Geringer an Zahl und begrenzter im Zeitraum ist die vierte Abtheilung, die der
gewirkten Wandtapeten. Da l-lerr Spitzer diese Gegenstände nicht im Kasten verborgen
hielt, sondern mit ihnen die Wand: seiner Wohnung bedeckt hatte, so war ihm durch
diese eine Beschränkung von selber geboten. Um so kostbarer ist die Auswahl und so
auch erhebt sich die künstlerische Wiedergabe auf den Tafeln zur höchsten Vollendung.
Die meisten dieser Teppiche, 23 an Zahl, von denen acht abgebildet sind, gehören dem
kurzen Zeitraume von 1480 bis etwa 1520 an, das ist aber die schönste Blüthezeit dieses
Kunstzweiges in den Niederlanden, speciell in Brüssel, nachdem Arras aufgehört hatte
zu arbeiten. Die Gegenstand: zeigen nicht blos die Vollendung der Kunst und den Glanz
des Materials in Gold, Seide und Wolle, sondern auch den liebenswürdigen Reiz der
großen niederländischen Meister jener Epoche auf dem Gebiete der Malerei, ihre Natur-
liebe, ihre lnnigkeit vereint bereits mit italienischer Grazie und Große. Und das alles
ist auf diesen Farbentafeln so treu und vollendet wiedergegeben, dass wir im Anblick
dessen nur dem höchsten Bedauern Ausdruck geben können, wenn dieses so schone, für
die Kunstgeschichte, für die Kunstindustrie so bedeutende Werk ein Torso bleiben sollte.
J. v. F.
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Vorlagen zum Porzellanmalen nebst einer praktischen Anleitung von
A. Göppinger. t. und z. Sammlung a 8 Bl. München, Bassermann
(X889). so. a M. 4.
Bei der gegenwlrtig herrschenden Vorliebe für Zierformen 'des 18. Jahrhunderts
bilden diese in Farbendruck ausgeführten Musterblatter eine willkommene Ergänzung der
Vorbilderssmmlungen für Porzellanmaler. Sie bringen eine große Zahl jener zierlichen
und seinerzeit allgemein verbreiteten Blümchen und Straußchen, die unter dem Ein-
Busse der Technik des Porzellanmalers und der auf das Leichte und Zierliche aus-
gehenden Tendenz des Rococo einen ganz besonderen Charakter gewonnen haben.
Einen vollkommenen Ersatz für gute alte Originale bieten diese Musterblltter nicht,
immer wird die Hand des geübten Malers das lhrige noch beizutragen haben, wenn der
eigenartige Reiz der alten Arbeiten erreicht werden soll. Wo es aber nicht darauf an-
kommt, das Beste und Feinste in dieser Gattung herzustellen, da sind diese Vorlagen
vollkommen genügend. Fs.
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