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358.000 Gulden übernehmen, niemand, der sie pachten wollte. So wurde
sie auf Rechnung der Regierung fortgesetzt und die Direction dem Hof-
rathe Konrad von Sorgentbal übergeben. Unter dieser Direction aber
nahm sie einen ungeahnten Aufschwung, besonders in künstlerischer Bezie-
hung, auf welche man von nun an, mit richtigem Tact, den grössten Werth
legte. Die neue Periode brach förmlich mit der Vergangenheit und that
dies dadurch kund, dass zunächst aller Vorrath von alten aufgespeicherten
Waaren in öffentlicher Auction zu Wien und an anderen Orten vollständig
verkauft wurde. Die neuen Arbeitern sollten sich vor allem durch ihre
Schönheit, durch den Reichthum und die Feinheit ihrer Decoration kennt-
lich machen, und das kann in der That das allein würdige Ziel einer kaiser-
lichen Fabrik als eines Staatsunternehmens sein. Zu diesem Zwecke wurde
die innere Organisation verbessert, die Malerei in vier besondere Kunst-
facher getheilt und eine eigene Schule für die decorativen Zeichnungen bei
der Fabrik gegründet. Diese Richtung, welche Sorgenthal der Fabrik
gegeben hatte, behielt sie unter Matthäus von Niedermayr bei, welcher
1805 nach dem Tode Sorge nthal's die Fabrik übernahm. In diesem
Jahre zählte sie mehr als 500 Arbeiter, hatte Bestellungen in Fülle von
allen Seiten her und sah sich gezwungen, noch eine Filiale zu Engelharts-
zell zu errichten, welche freilich bald an Baiem verloren ging. Nieder-
mayr hatte mit der Ungunst der politischen Verhältnisse zu kämpfen,
dennoch hielt er die Fabrik auf ihrer künstlerischen Höhe. Es waren da-
mals bei der Bildnerei allein fünfzehn Künstler, bei den vier Classen der
Malerei 106 Individuen nebst einem Laboranten und vier Farbenreibem
beschäftigt.
So konnte sich an der Porcellanfabrik und neben ihr, durch sic an-
geregt, in Wien eine eigentliche Schule von Blumen-, Miniatur- und Aquarell-
malern herausbilden, die förmlich traditionell geworden ist, jetzt aber so
ziemlich ausgestorben erscheint. Unter ihnen glänzten Joseph Nigg und
Ferstler, dann Lorenz Herr, Lamprecht u. a., während als Bildner
in Wachs und Porcellan Grassi so ausgezeichnete Reliefs im antikisirten
Styl jener Zeit machte , dass sie denen Flaxmams für Wedgewood an
die Seite gestellt werden können. Selbst Daf f inger, dessen wunderbare
Blumenaquarelle nach der Natur man im Museum kennen gelernt hat, ar-
beitete noch in diesem Genre für die Porcellanfabrik.
Was die Technik der Decoration betrifft, so war es insbesondere der
Chemiker Joseph Leitner, unter dem sie zur höchsten Stufe der Vollkom-
menheit gebracht wurde. Nicht blos fand derselbe sofort alle decorativen
Geheimnisse anderer Fabriken, besonders in den Farben, heraus, sondern
er wusste seiner Decoration eigenthümliche Eigenschaßen zu geben, welche
von anderen Fabriken nicht nachgeahmt werden konnten. Davon war wohl
die bedeutendste das erhabene Goldornament, welches in leichtem Relief
wie ciselirt auf dem Grunde liegt und mit Farben sowohl wie auch mit