auch der Umstand bei, daf! eine geringe Zahl
überragender Leistungen das Gros des übrigen
mit Abstand ins Hintertreffen verweist, Besonders
deutlich wird dies bei der in Venedig ohnedies
etwas deplacierten Graphik, wo der Deutsche
lanssen mit seinen technisch brillanten Radierungen
einsame Klasse darstellt.
Schwieriger wird es die Jury allerdings bei der
Plastik haben. Neben dem wichtigsten Weg-
bereiter der Minimum-Art, dem Engländer Phillip
King (von ihm sind sechs Plastiken und Plastik-
gruppen aus Fiberglas zu sehen), und dem Japaner
Yamaguchi (seine beleuchteten Kunststaffskulpturen
sind Protobeispiele eleganten, materialgerechten
Gestaltens) beeindruckt in erster Linie die Vene-
zuelanerin Marisol. Die in New York und Paris
lebende Künstlerin zeigt acht Holzplastiken und
Figurenensernbles, deren fast magische Wirkung
und Anziehungskraft nur schwer beschrieben
werden kann. Marisol bemalt ihre Figuren,
verwendet gelegentlich aber auch Elemente der
Collage und Assemblage, um den Ausdruck zu
steigern. Marisols Arbeiten sind nicht nur dußerst
gekonnt, sondern auch in der hier angewandten
Synthese bildnerischer Möglichkeiten von denkbar
großer Individualität, Echtheit und Zeitnöhe. lrn
Spitzenfeld behaupten sich sonst noch der Ameri-
kaner Gallo, ein zweiter Japaner, der junge
Metallplastiker Miki, und der Jugoslawe Sutei,
von dem eine Reihe bunt bemalter Spielblastiken
zu sehen ist.
Schwächen besitzt die Ausstellung vorwiegend auf
dem Gebiet der Malerei. Deutliche Ermüdungs-
erscheinungen und Einfallslosigkeit wechseln hier
mit krannpfhaften Neuerungsbestrebungen, die in
der Regel über einAufwärmen von längst Gehabtem
und Besserem nicht hinauskommen. Das Schwer-
gewicht der meisten Lünderbeitrüge liegt folge-
richtig bei der Plastik, doch gibt es auch davon
Ausnahmen. Die deutlichste und nennenswerteste
bietet England, das neben Klng mit der exzellenten
Op-Art-Malerin Bridget Riley aufwartet. Ihre
einfach konzipierten. geometrisch-seriellen Bilder
Onden nur in den Arbeiten des Japaners Kumi
Sugai eventuell vergleichbare Konkurrenz.
Interessant ist auch die neue Scharfensphase des
Spaniers Feito, der sich f nach einer Periode
vorwiegend struktureller Malerei e nunmehr
Bildern zuwendet. die wiederum mehr Dynamik
und großzügigeren Duktus aufweisen. Neben den
Environments des Belgiers Raveel, den streng
geometrischen Bildern Luc Peires und dessen
Josef Mikl, Orange Figur, 4965 OllL-wd, 190x200 crn
Roland Goeschl. Skulptur
Japanischer Pavillon: Vferke von Kumi Suqai
Der belgische Maler Paul Mara
eman-
eindrucksvollem Spiegelraum verdienen noch
zwei weitere Belgier Aufmerksamkeit: der 1897
geborene Surrealist Paul Delvaux und der Pop-
Maler Mara. Von den taktisch falsch beratenen
Amerikanern sind neben Gallo nur noch Robert
Cremean und Byron Burtord zu nennen. Mit
Ruhno Tamaya präsentiert Mexiko einen überaus
kultivierten, sensiblen Maler. Sein Nachteil ist es
nur, daß heute ganz andere Dinge gefragt sind,
als das, was er macht.
Taktisch ungünstig liegt auch die eine Hdltte des
österreichischen Beitrages: die Malerei des Wieners
Josef Mikl. Mikls Figurativ bestimmte Abstraktionen
besitzen zwar vielfach die ihnen schon wiederholt
bescheinigte Qualität, enthalten jedoch keine
neuen Akzente. die eine Weiterentwicklung ent-
sprechend vorantreiben könnten. Mehr Beachtung
findet demgegenüber unser zweiter Mann in
Venedig, der Bildhauer Roland Goeschl. Neben
dem als Vorläufer der Mini-Art zu wertenden
Engländer King zeigt auch er neue Raumarti-
kulierungen, Raumerlebnisse und Spannungs-
verhältnisse von Volumina, die durch Farbgebung
in Rot. Blau und Gelb zusätzliche Wertigkeiten
erhalten.
e