bis 1525 annehmen, recht fortschrittlich.
Dasselbe gilt für die großzügige und
schlichte Gliederung der Türen, wobei
kaum an die einstige Zweigeschossigkeit
der Schränke erinnert wird, während die
Unterteilung der Türe auf dem Holzschnitt
noch sehr deutlich an diesen früheren
Schranktyp anschließt.
Die Holzarten entsprechen der damals
üblichen Gewohnheit, wie sic sich im ganzen
süddeutschen Raum mit Einschluß Öster-
reichs und der Ostschweiz eingebürgert
hatte und bevorzugt wurde: für die Fur-
niere hauptsächlich das reich strukturierte
Eschenholz (Blumen- oder ungarische
Esche) und das Ahornholz (auf den Rahmen
der Türfüllungen), für die aufgeleimten
Proiilleisten und Gesimse das Eichenholz,
für die Schnitzereien Lindenholz.
Zur Identifizierung der Person des Bild-
hauers oder Schnitzers kann ich von hier
aus und aufgrund der mir zugänglichen
Literatur bloß eine Annahme zur Dis-
kussion stellen, die aber, wie mir scheint,
doch einige Berechtigung hat. Beim Ver-
gleich der Wappenträger auf den Neuhauser
Schränken mit den in letzter Zeit ver-
schiedentlich publizierten Werken der Pra-
ger und südböhmischen Holzplastik aus
demselben Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts
wird man - soweit das überhaupt an Hand
von Buchdruckreproduktionen möglich ist
A vor allem auf den Reliefs des Votiv-
altars aus Zlichov (Abb. 6, 7) nicht un-
wesentliche Übereinstimmungen in der
Gewandbehandlung feststellen könnenll.
Sowohl die Aufwürfe der Gewandsäume,
die teils wellig gebläht und stark unter-
schnitten, teils knitterig gebauscht sind, wie
auch die Faltengebung der Kleider um die
Schenkel, wo dem Körper glatt anliegende
Partien von langen, scharfkantigen und
gebrochenen Falten durchzogen werden,
zeigen eine auffallende Ähnlichkeit. Zieht
man außerdem in Betracht, daß gerade dieser
Altar mit der Persönlichkeit des Oberst-
burggrafen Zdenek von Rozmital in Ver-
bindung steht 14, da die Predella sein Wappen
trägt, so hat die Vermutung doch viel für
sich, daß hier und dort - an den Braut-
schränken für Anna von Neuhaus und am
Altar von Zlichov - ein und derselbe
Künstler für den gleichen Auftraggeber am
Werk war.
Mehr zu dem Problem zu sagen, steht mir
nicht zu. Schon habe ich mit den obigen
Ausführungen den Rahmen meines engeren
Arbeitsgebietes überschritten. Darum über-
lasse ich nun gerne das Feld jenen Fach-
kollegen, die sich die Erforschung der
Kunst der Donauschule, insbesondere von
deren Plastik, zur Aufgabe gemacht haben.
Ich muß es ihncn anheimstellen, die An-
regung aufzugreifen und sich mit den
Schränken eingehender zu befassen. Noch
sind einige Fragen offen, die sich aus der
Entfernung nicht beantworten lassen. S0
die Frage nach der Zugehörigkeit zum
(Euvre des Meisters IP; auch wird zu übers
prüfen sein, ob eine Beteiligung Benedikt
Rieds als Entwerfer in Betracht gezogen
werden kann. Immerhin wäre es nicht aus-
geschlossen, daß hier Eindrücke mitge-
spielt haben könnten, die Ried am unga-
rischen Hof, in Buda, gewonnen hatte, wo
italienische, zumal tnskanische Maestri di
legname und Architekten, man denke nur
an Benedetto da Maiano, für Matthias
Corvinus tätig waren und seine Residenz
mit prächtigen Tischler-, Bildhauer- und
Intarsienarbeiten i Kassettendecken, Tü-
ren, aber auch Möbeln - im Stil der
Florentiner Renaissance ausgestattet hat-
tcn15. Außerdem bleibt noch zu klären, wo
und von wem die Tischlerarbeit ausgeführt
wurde. Aber wahrscheinlich wird sich das
kaum feststellen lassen. jedenfalls sei darauf
verwiesen, daß in Budweis zur gleichen Zeit
der „Kistler" Andreas Morgenstern eine
recht namhafte Werkstatt besessen haben
muß, da ihm in diesen Jahren, nämlich
1526, die bedeutsame Aufgabe übertragen
worden- war, die Schreinerarbeiten am
Hochaltar der Zwettler Stiftskirche durch-
zufühtenlö. Neuhaus ist aber nicht so weit
von Budweis entfernt wie Zwettl. Ander-
seits muß man sich vielleicht vor dem Fehler
hüten, einem bekannten Meister alles, was
im Umkreis seiner Heimatstadt entstand,
zuschreiben zu wollen.
Sollte mit diesen Themen der Anlaß für
ein über Staatsgrenzen hinweg geführtes
kunsthistorisches Gespräch gegeben worden
sein, so würde das ganz auf der Linie liegen,
deren Richtung von der Zeitschrift „Alte
und moderne Kunst" in den letzten Jahren
eingeschlagen wurde.
ANMERKUNGEN 13-16
u J. Kroiaßcck. Arbeiten des Monogrammislcn m in Biihmzn,
in: Ar: und moderne Kunst. 9011965, s. 34, Abb. 2,
iMas. Abb. a-s. - Derselbe. Zur Meister-lP-Problemazik
cislcr 11' und Böhmen). in: Werden und Wandlung.
inZ, 1967. S. 201 h".
12
H J. Kropäcck. n. n. 0.. s. 39. - s. 206.
I: Maria zunszky-szemegg, Rcnaiuauurc-lnrarsicn im alten
Ungarn. Corvina Verlag, Budapest, 1966. 54m.
16 Österreichische Kunsttopographie, 11a. 29. Die Kunst-
denkmälcr des Zistrrzimszrklostcrs Zwctrl, Baden bei
Wien 1940, S. 42, 270.