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Riesengeschmeiden, in denen der Diamant neben dem Rubin strahlt, der
Saphir mit dem Smaragd, der Topas mit dem Aquamarin, der Opal mit dem
Turmalin um die Wette leuchtet. Dieses Nebeneinandersetzen aller erdenk-
lichen Farben, die gewollte Massivität der Zeichnung ergeben eine eigen-
thümliche, nahezu brutal blendende Gesammtwirkung von derber, aber
verblüffender Pracht: der Titfany'sche Schmuck, dem ein satyrischer Kritiker,
vielleicht nicht mit Unrecht, die bissige Bezeichnung „Vanderbiltstil"
gegeben hat, stellt eine Art künstlerischer Apotheose des kraftvoll-stolzen
Reichthums dar.
Eine unendliche Kluft trennt Tiffany und Lalique: bei diesem das
gänzliche Ausserachtlassen des materiellen Wertes, ein vornehm-neben-
sächliches Spielen mit Kostbarkeiten, wie es nur in einem seit Jahrhunderten
an Reichthum und Luxus gewöhnten Lande möglich ist; bei jenem die I
robuste Prachtliebe, die so offen, so freudig bekannt, so grandios verkörpert
ist, dass ihr auch der geringste Anschein von Protzenhaftigkeit abgestreift
wird. Wenn man Stile nach dem Grad bewerten will, in dem sie die innerste
Seele eines Volkes wiederzuspiegeln vermögen, so steht der Stil des
TiHany'schen Schmuckes gleichwertig neben dem Stile des modernen
französischen Geschmeides.
DIE KUNST IN DER KINDERSTUBEiv VON
P. G. KONODY-LONDONSIP
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N der kunstgewerblichen Abtheilung der „W0-
man's Exhibition" in Earls Court, einer Aus-
stellung, die eine Demonstration der künst-
lerischen, industriellen und socialen Thätigkeit
' englischer Frauen zum Zwecke hatte, waren
wohl keine Objecte, denen mehr wohlverdientes
Lob zutheil wurde, als den beiden von Cecil
Aldin und John Hassal decorirten und von
der Firma Story 8: Co. ausgeführten Modell-
Kinderzimmern. Dass sich diese Ausstellungs-
objecte in einer „Woman's Exhibition" vorfanden, obgleich weder Entwurf
noch Ausführung das Resultat weiblicher Arbeit sind, ist damit zu erklären,
dass die Erziehung von Kindern in zartem Alter fast ausschliesslich dem
weiblichen Wirkungskreise angehört, und dass die Nutzlehre, welche aus
der Ausstattung dieser beiden Räume zu ziehen ist, für jede Frau und Mutter
von eminentem Interesse sein muss.
In einem Lande, das seine hohe Stellung auf dem Gebiete der Kunst
nicht einer überfeinerten Civilisation verdankt, in einem Lande, wo die Kunst
nicht ein mehr oder weniger krankhafter Auswuchs neurotisch entarteter
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