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Volltext: Alte und Moderne Kunst XVIII (1973 / Heft 127)

zeigt sich die Theilung und Anordnung des Gitters. Nichts ist zu plump, 
nichts zu schwach gerathen. Weich und schmiegsam durchdringen sich die 
zierlichen Voluten, lösen sich und vereinigen sich wieder in tändelndem 
Spiel, ordnen sich an zu kräftigen, hochaufstrebenden Zügen, ausklingend 
in rascher Bewegung wie in jubelnder Lustl Und das zierliche einfache 
Blattwerk, welches dem Ganzen sich einfügt! Vom Windhauch bewegt 
erscheint es dem Beschauer! Wir vergessen ganz, dass schwere Hammer- 
schläge das sprühende Eisen so gestalten konnten, dass es uns wie ein 
elastisches Gespinnst erscheint. 
Wenig würde es heute den Verfertiger eines ähnlichen Objectes 
fördern, wollte er seinen Entwurf zunächst mit Benutzung jener Formen 
herstellen, welche aus den constructiven Entwicklungsgesetzen der Pflanzen 
und der correspondirenden Bildung der Einzelheiten von Blatt und 
Blüthe sich ergeben. 
Weitaus am brauchbarsten erwiesen sich die gewonnenen Resultate 
dieses Naturstudiums für die malerischen Fächer der Ornamentik, wie 
überhaupt für jene Darstellungsweisen, bei welchen die nothwendiger- 
weise zu berücksichtigenden bestimmenden Einflüsse des Materials und 
der Technik in den Hintergrund treten. Ob sich aber gerade hier die 
Beziehungen des Ausübenden zur neuen Richtung wirklich lebhaft ge- 
stalten werden, ist noch keineswegs mit Entschiedenheit zu bejahen. Zwei 
Umstände dürften hier bestimmend einwirken: Erstens wurde an den 
Lehranstalten, auf deren Thätigkeit die wichtigsten Fortschritte der deco- 
rativen Kunst während der letzten Jahrzehnte zurückzuführen sind, die 
Bedeutung des Naturstudiums ohnehin stets als ein Cardinalpunkt in'sAuge 
gefasst und durch die Praxis bethätigt. Für die Jünger dieser Institute 
könnte es sich also in der Gegenwart höchstens um eine Modification der 
Methode handeln, deren Nothwendigkeit nur in geringem Maße empfunden 
wird. Zweitens befasst sich die neue Methode, so viel bis jetzt zu Tage 
tritt, in erster Linie mit der Formengebung, ohne die Erörterungen des 
so hochwichtigen coloristischen Princips damit in Verbindung zu bringen. 
Der hauptsächlichste und größte allgemeine Nutzen aber, welchen 
die mit so großem Eifer in's Leben gerufene Reform bringen wird und 
muss, ist für den Ornamentiker in der Steigerung seines Bedürfnissen zu 
suchen bei der Anwendung der Naturformen, insbesondere der pflanz- 
lichen, der liebevollen intimen Durcbbildung des zu Schaffendeu seine 
ganze Hingebung zu widmen, dabei aber doch den Bedingungen Rech- 
nung zu tragen, denen jedes Kunstgebilde ohne Ausnahme zu unter- 
ordnen ist; welche, in ihrer Bedeutung unverändert fortbestehend, in 
ihrer Gesammtheit Das zum Ausdruck bringen, was wir im Allgemeinen 
als den Stil bezeichnen. Den Stil, der nie das Ergebniss der Schafen; 
kraft eines Einzelnen ist, der als etwas Lebendes sich weiter entwickelt 
zugleich mit und in Folge der von Generation zu Generation sich ver- 
mehrenden Ergebnisse der Erfahrung, - der Erfahrung, welche, so ein- 
1.
	        
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