So, glaube ich, bin ich dahin gekommen, wo ich fern [stehe]; es
hat nichts Außerordentliches mitgewirkt, es ist auch nichts
Außerordentliches geworden, sondern nur Besseres, als eben
sonst geboten wird. Dies wurde [wie eben gesagt] erzielt
durch die Zusammenfassung und richtige Verwerthung der
verschiedenen Kräfte. Dieselben Arbeiter, welche jetzt sieh
bemühen, die ihnen gestellten Aufgaben ausgezeichnet es lö
sen, werden, sobald sie merken, daß die Leitung nachläßt, sie
nicht mehr auf Fehler hingewiesen, für gute Ausführung [nicht]
belobt werden, sich bald bequemergehen lassen und nach ei
niger Zeit sogar an der Fähigkeit einbüßen, so Treffliches wie
früher zu leisten.
Es mag in dem, was ich da schrieb, zu viel Selbstbewerthung
liegen, doch kann ich keine andere Erklärung auf die mir ge
stellte Frage geben; ich sage übrigens selbst, ich that nur, was
ich mußte!
Schrittweise aufzuzählen, wie ich mit meinen Leistungen vor
wärts kam, bietet, wie ich glaube, kein Interesse, ich will mich
darum auf einige wenige Angaben beschränken, an welche
sich weitere Bemerkungen anknüpfen lassen.
Ausstellungen: München und Philadelphia 1876
Ich hatte, wie schon erzählt, mit meinem Bruder die Weltaus
stellung in London 1862, darauf jene in Paris 1867 und die in
Wien 1873 beschickt. Dann folgte 1876 eine in Philadelphia,
an welcher ich mich sehr reichhaltig betheiligte, überdies auch
noch zwei Vertreter hinübersandte. In London und Paris hatte
ich sehr günstige geschäftliche Erfolge erzielt; daß Wien 1873
versagte, war ob des Kraches und der Cholera wohl selbstver
ständlich. Aber noch größer war der Mißerfolg in Philadelphia
und dieser um so unerwarteter, als ich doch stets viele Ameri
kaner zu meinen bedeutendsten Kunden zählte. In dieser
Stadt der Temperenzler braucht man [aber] nicht nur kein
Bier-, Wein- oder Schnapsglas oder dergl., sondern es
herrscht überhaupt eine Nüchternheit, die all’ meine Luxussa
chen entbehrlich machte. Auch die von anderwärts gekomme
nen Amerikaner zeigten keine Kauflust, vor Allem sonderbar
schien es mir, daß einmal die Präsidentin der Republik kam,
sich eingehendst all’ meine Waaren zeigen und erklären
ließ, darauf aber, ohne auch die geringste Kleinigkeit zu
wählen, mit höflichem Dank von dannen zog. Die Amerikaner
sagten meinen Vertretern, sie werden zum Schlüße der Aus
stellung wiederkommen, denn zurückführen würden wir die
Waaren ja doch nicht; sie hofften also, dieselben dann um den
halben Preis erhalten zu können. Wir hatten aber kostenfreie
Rücksendung, die Waaren behielten ihren Werth; ich ließ also
einfach Alles wieder einpacken und heimschicken. Daß einer
meiner Vertreter drüben todtkrank geworden war, machte mir
dazu noch ernste Sorgen, zum Glück genas er nach [auch]für
mich bangen Wochen. Diese Ausstellung war wohl mein ver
fehltestes Unternehmen der Art, um so mehr als es gewaltige
Kosten bedingte; eine volle [genügende] Erklärung des völli
gen Mißerfolges konnte ich nicht finden. -
Viel anregender spielte sich meine Betheiligung an der im sel
ben Jahre in München stattfindenden „deutschen Kunst- und
Kunstindustrie-Ausstellung“ ab, wegen welcher es gleich zu
Anfang ein lustiges, später etwas unangenehmeres Schar-
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733 Rudolf von Alt, Haus mit dem Geschäft von J. & L. Lobmeyr, Wien (Ecke
Kärntnerstraße / Weihburggasse), Aquarell; Reproduktion aus: Schmidt
1925,3.9
733 Rudolf von Alt, House with the business premises of J. & L. Lobmeyr,
Vienna (corner Kärntnerstraße / Weihburggasse), water color, reproduction
from: Schmidt 1925, p. 9
mützel gab. Es war da eine Kunst-, dann eine Schul- und noch
eine Kunstgewerbliche Abtheilung; für beide letzteren war
Hofrath Eitelberger Obmann, Professor J. Stork war so zu sa
gen der Architekt für dieselben, ich Mitglied des leitenden Aus
schusses, thatsächlich der Stellvertreter Eitelberger’s. Ich
hatte den Hauptmann Wendelin Böheim, mit dem ich schon
1873 zusammen gearbeitet hatte, als Sekretär für die Ausstel
lungs-Angelegenheiten aufgenommen, er kam im Winter und
Frühjahr meist Abends zu mir, wir arbeiteten zusammen, er
brachte anderen Tages dem Hofrathe die von mir diktirten Ant-
worts- und anderen Schreiben, welche Eitelberger häufig un
terfertigte, ohne sie [nur]zu lesen. So ging Alles seine gemes
senen Wege in günstigster Weise. - Die Leitung der Künstler
genossenschaft hatte aber, vielleicht ob der Arbeiten für Phila
delphia die ganze Münchener Angelegenheit liegen lassen,
kam [also] in Verlegenheit, aus der sich der Obmann des Co-
mite’s, den die Sache näher anging, dadurch zu ziehen und zu
entlasten trachtete, daß er in einer Generalversammlung [das]
unter der Leitung Eitelberger’s [stehende nur kunstgewerbli-
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