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voll gearbeitete Schmucksachen im Renaissancestyl erfreuen sich großer
Beliebtheit. Ebenso belöthete Sachen von mattem Golde in römischem
Genre, zu deren weiterer Ausschmückung in neuerer Zeit vielfach der
Lapis lazuli benutzt wird. Auch in der Technik der feinen Emailarbeiten,
die man sonst nur von Paris und Genf bezog, ist die deutsche Industrie
fortgeschritten und stellt diese Sachen, hauptsächlich kleine Platten mit
Gemälden in erhabener und flacher Email-Auftragung in ebenso vorzüg
licher Ausführung, aber zu bedeutend billigeren Preisen wie das Nachbar
land her. In Emailarbeiten ist Frankreich noch heutigen Tags das wich
tigste Land für diesen Zweig der Kunstindustrie. Hie und da finden sich
auch in Deutschland gute Emailarbeiten, namentlich in translucidem Email
wie in Aachen, aber Frankreich ist mit der Emailtechnik bei Goldschmiede
arbeiten allen andern Ländern weit überlegen. Die Schule in Limoges ist
bei weitem die beste; dazu kommt noch, dass in Paris Hunderte von
künstlerisch gebildeten Frauenhänden die verschiedenen Arten von Email
vorzüglich zu behandeln verstehen.
Bei den verschiedenen fachmännischen Voten, welche sich in dem
Berichte der Berliner Kaufmannschaft vorfinden, sind diejenigen besonders
bemerkenswert!), die sich mit der künstlerischen Einrichtung von
Wohnräumen beschäftigen. Es wird darin constatirt, dass selbst das
kleinste Geschäft sich nicht mehr dem Einflüsse des Ge
schmackes entziehen könne. Der größte kunstgewerbliche Fortschritt,
nicht nur in Deutschland, sondern auch in Oesterreich, ist in der Möbel-
fabrication zu constatiren und wenn dieser Fortschritt sich weiter so ent
wickelt, wird kein Jahrzehnt vergehen, dass man in ganz Deutschland gute
und schöne Möbel nach den verschiedenen Stylrichtungen wird erhalten
können. Die Berliner pflegen nicht einseitig die deutsche Renaissance,
sondern auch die französische Renaissance. Für die Möbelbranchen wirken
jetzt mehrere Kunstgewerbeschulen mit Erfolg, indem sie Zeichner bilden,
welche einen günstigen Einfluss nehmen, ln den meisten Orten, wie Wien,
Berlin, München, Mainz, Frankfurt, Köln, Stuttgart gibt es jetzt Tischler,
die in ihren Werkstätten gute Möbel erzeugen. Während früher einzig
und allein das Verlangen auf Einfachheit der Möbel gerichtet war, fordert
gegenwärtig der gesteigerte Luxus künstlerisch höher durchgebildete Foimen.
Der Bericht bezeichnet S. 119 die Fabrication künstlerischer
Blumen als ein Gebiet, in welchem Berlin berufen wäre eine hervor
ragende Stellung einzunehmen. Wien hat auf diesem Felde erhebliche
Fortschritte gemacht.
Bemerkenswerth ist es, dass die Versuche, statt des im Atelier des
Bildhauers modellirten und daselbst gegossenen Stuckes, an Ort und Stelle,
in alter Weise, die Ornamente frei an die Decke zu arbeiten, in Berlin
von Erfolg und überraschender Wirkung sind. Ornamente ähnlicher Alt
werden vom Architekten H. Ferstel bei dem Innenbau der Wiener
Universität mit großer künstlerischer Wirkung durchgeführt.