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Die orientalische Decoration,
diejenige nämlich der Wände und Plafonds, welche chronologisch nach
der Zeit der Entstehung in unserem System die IV. Abtheilung bildet.
Ihrem Ursprünge nach bildet die orientalisch - muhamedanische
Decoration einen Ausläufer der byzantinischen, obwohl schon von Anfang
an mit heimisch arabischer Art durchsetzt. Aber sie entfernte sich rasch
von ihrem Ursprünge und nahm eine so eigenartige Entwicklung, welche
sie ganz außerhalb der europäischen Kunstgeschichte stellt. Wesentlich
Flächendecoration, lediglich auf die Farbe angewiesen, nahm sie keinen
Theil an der Vollendung der Plastik und der zeichnerischen Kunst, wie
sie in Europa vor sich ging. In der farbigen Flächendecoration hat sie
ihre Beschränkung und zugleich ihre Größe.
Die zahlreich ausgestellten Beispiele, welche die ganze Wand be
decken, lassen uns leicht auch in dieser Kunst einen Gang der Entwick
lung erkennen. Wir beginnen mit dem Schönsten und Besten, den
spanisch-arabischen Decorationen aus Cordova und von der Alhambra,
den glänzendsten Schöpfungen des orientalischen Kunstgenius, die uns
erhalten sind, und steigen zu den grellen Farbeneffecten der heutigen
Türkei herab, die für unser Auge wenig Erfreuliches haben. Dabei be
merken wir eine technische Decorationsweise, der wir in Europa (außer
im arabischen Spanien) nicht begegnet sind, den farbigen glasirten Fliesen,
mit denen die Orientalen die Wände der Moscheen und Paläste außen
wie innen zu bedecken pflegten. Diese Decoration ist in jüngster Zeit
auch in Europa nachgeahmt und in mancher Weise bedeutungsvoll ge
worden, wie denn die ganze orientalische Verzierungskunst, und nicht
bloß die der Wände, als Gegenstand des Studiums und der Nachahmung
ein völlig modernes europäisches Interesse gewonnen hat. Wir durften
sie daher in unserer Ausstellung nicht fehlen lassen.
W
Biirlidmckcref von Carl Gerold’s Sohn in Wien.