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Internationale Sammler-Zeitung. 
Clement spielt in diesen Bildern mit. Cranach malt Cngel 
in beiden Geschlechtern oder mir sehen bei ihm einem 
bekleideten ITlädchen einen nackten Jungen gegenüber 
gestellt. Seine ganze meisterhafte Kunst entroickelf er 
jedoch in den Kinderporträts, die Angehörige des kur 
sächsischen Hauses roiedergeben. 
Ähnlich mie in Spanien JTlurillo und Valasquez, 
stehen in der niederländischen Kunst des siebzehnten Jahr- 
?ig. 10. Chodoroiecki: Cotfe schneidet den Kindern Brot. 
hunderts sich Rubens und uan Dyck gegenüber. Sinnen 
froher Realismus und Festlichkeit bei dem einen, frühreife 
Roblesse und ITlelancholie bei dem andern. Hier ein Fest 
in Kinderreigen, strömenden Kinderbildnissen, dort eine 
Welt, die sich schlieljt und Schatten uorausmirft. 
ITlela Cscherich gibt in den meiteren Kapiteln die 
Cntmicklungsgeschichte der europäischen ITlalerei und inner 
halb derselben die Darstellung des Kindes im achtzehnten 
und neunzehnten Jahrhundert bis auf unsere Zeit. Sie 
oerroeilt bei der französischen Kunst, bei der englischen, 
roo Reynold und Gainsborough das aristokratische Gesell 
schaffskind mit zärtlicher Roblesse malen, spricht non 
Deutschland, mo man aus einem erstarrten Klassizismus 
?ig. 11. Runge; Des Künstlers Söhnchen. 
zur Romantik überging. Runge nähert sich mie der Rafur 
in feierlicher Stimmung auch dem Kinde, dem er aber 
in den Porträts eine scharfe Rafurbeabachtung ange 
deihen läfjt. Goftlieb Schick roird der IRaler schmester- 
Ijcher Zärtlichkeit, Hudroig Richter stellt die Heiden und 
Freuden innerhalb des Familienlebens dar, geht aber 
Rümmer 11 
über einen bestimmten Typus des Kindes nicht 
hinaus. Speckter und Schmind roerden als IRärchenpoeten 
charakterisiert, Cduard Steinle nach der schablonenhaften 
Art der Razarener als Illeister roahrhafter, indioiduali- 
sierender Darstellung. Als karikaturistisches Sujet be 
gegnen mir dem Kinde in Wilhelm Büschs Zeichnungen 
und gelangen durch roenige Stationen zur zeitgenössischen 
Kunst, zu Böcklin, Thoma, Eenbach, Kalkreuth, Zumbusch, 
die das Kind mit Schönheit und Phantasie umgeben oder 
in einfacher Art in die roerdende Seele dringen. 
ITlela Cscherich hat in ihrer Darstellung oiel non der 
Farbenfreude des JRalers, etroas oon der Phantasie des 
JAärchendichters bei aller Gründlichkeit und in erster Reihe 
einen feinen Sinn für die Psyche des Kindes. 
Einige Reproduktionen aus den Abbildungen und 
Tafeln des Buches seien hier toiedergegeben. Die Bilder 
sind nach Photographien des Bruckmannschen Verlages 
?ig. 12. Steinle: Des Künstlers Tochter. 
i hergestellt. Jm Relief der Freikanzel am Dam zu Prato 
oon Donafello (Fig. 1) sehen coir die Putten in befreiter 
j Anmut und sorgloser Heiterkeit nach dem strengen Pathos 
der Antike. 
Cianardo da Vincis klassisches Studienblatt (Fig. 2) 
führt uns in den Anschauungskreis des Cinquecento mit 
seiner fabelhaften Ceichtigkeit der Zeichnung, der man 
keine Blühe mehr anmerken kann. Bei Guercino (Fig. 3) 
und Behanr (Fig. 7) sehen mir zuerst das Biotin des 
Totenkopfes auf einem Kinder- und llladonnenbilde. ln 
dem schmerzlich zusammengezogenen lllunde des schla 
fenden Jesuskindes auf dem Bilde Blurillos (Fig. 4) be 
merken mir die Äußerung eines quälenden Traumes. Das 
Kind ist in der Zimmermannsmerkstatt eingeschlafen und 
träumt oon Golgatha. 
Die Abbildungen Fig. 5 und 6 reproduzieren zroei 
der zur Zeit der deutschen Frühkunst beliebten neujahrs 
blätter. Reizend ist das Blatt nach einem unbekannten 
Illeister, das ein nacktes Kind mit hochgezogenen Beinchen 
und in den lllund gesteckten Fingern auf einem Polster 
kissen zeigt.
	        
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