Hummer 23
Internationale Sammler-Zeitung.
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sollen non Ulärz ab während des ganzen Jahres 1911 und oielleicht
auch noch darüber hinaus zur Ausgabe gelangen. Die Auflage wird
wahrscheinlich eine beträchtliche werden und auch sein müssen,
da die lJachfrage eine sehr bedeutende werden dürfte.
(Republikmarken mit dem Königsbilde.) Trotjdem
König ITlanuel non Portugal schon seif Wochen sein £and oer-
lassen hat, zeigen die Briefmarken doch noch immer das Bild des
jungen Königs mit den lächelnden Gesichtszügen. Die Regierung
der Republik hat nur in aller Eile quer über das Gesicht des
Herrschers das Wort „Republica“ drucken lassen. Briefmarken
einer Republik mit dem Bild des Königs dürfen daher ein bisher
noch nicht oorgekommenes Unikum bilden. Wenn die neue Repu
blik Portugal noch keine neuen Briefmarken bcsitjt, so liegt das
daran, daf] es nicht möglich ist, in kurzer Zeit neue Postwert
zeichen herzustellen. Die Anfertigung oon Skizzen und Entwürfen
dürfte acht Alonate in Anspruch nehmen und die Ausführung der
genehmigten Dessins weitere sechs Alonate. Vor dem 1. Januar 1912
wird also die Republik Portugal kaum neue Briefmarken besten.
(Eine neue Schweizermarke.) Wie die „Schweiz. Brief
markenzeitung“ in Bern meldet, steht zum 1. Januar die Ausgabe
einer neuen schweizerischen Briefmarke beoar. Gemäf] Art. 60 des
neuen ßundesgesetjes betreffend das schweizerische Postwesen ist
der Bundesrat befugt, im Rahmen eines jährlich oon der Bundes
oersammlung zu bewilligenden Kredites an Anstalten, Gesellschaften
und Vereine, welche sich mit Armenunterstütjung befassen, oder
ähnliche wohltätige Zwecke oerfolgen, unentgeltlich besonders ge
kennzeichnete Postwertzeichen (Postfreimarken) für Briefpostsen
dungen abzugeben. Diese Postfreimarken dürfen oon den Anstalten
usm. zu keinem andern Zweck als zur Frankierung der oon ihnen
aufgegebenen Postsendungen oermendet werden. Zu Sammelzwecken,
also au Prioate, werden solche Postfreimarken nur oon der Ober-
posfdirektion und oon dieser nur abgestempelt und zum llenn-
werte der JAarken ocrabfolgf. Die Postfreimarken umfassen die
Werte zu 2, 5 uud 10 Rp. und sind auf blau-grauem Papier ge
druckt. Diese neue Gattung oon Postwertzeichen hat also, wie aus
dem Wortlaute des Gesetjes heroorgeht, mit den Wohltätigkeits
marken anderer Bänder sehr wenig Gemeinsames, ihre Ausgabe
hat nur den Zweck, die Frage der Portofreiheit einigermafjen zu
regeln. Über diese Frage wurde bekanntlich bei Beratung des Post-
gesef]es lebhaft debattiert. Ob nun mit der Verausgabung oon
Portofreiheitsmarken dieser allerdings nicht gerade schöne Dame
wäre wohl der richtige die Frage endgiltig und glücklich gelöst
ist, darüber kann man geteilter JJleinung sein. Erfreulich ist es, daf]
man oersucht hat, die itlarken möglichst gefällig zu machen. Eine
neue Zeichnung zu schaffen, erschien zu kostspielig und war auch
din gegenwärtiger Zeit, wo die guten Ideen nicht eben häufig sind,
nicht anzuraten. Alan nahm als die neuen Taxmarken mit den
Riesen-Rhadodendren und modelte sie ein wenig um. Durch einen
glücklichen Einfall wurde den schweizerischen Philatelisten der
Horror erspart, mit Aufdruckmarken gesegnet zu werden. Alan
druckte das PP. (Part paye), das die Portofreiheit andeuten soll,
in das Wertschildchen, links oben und rechts unten der Ziffer. Auch
die Wahl der Farbe ist eine gute. An Stelle des bösartigen Grün
der Taxmarken tritt ein sattes Oliocgrün mit einem Stich ins Braune.
Dadurch, daf3 die Alarke auf graublaues Papier gedruckt ist, kommen
die Berggipfel im Hintergrund gut zur Geltung und gewinnt das
Ganze ein gefälliges Aussehen. Die Erstauflage dieser marken ist
ziemlich grofj. Sie beträgt für jeden der drei Werte 1,600.000 Stück.
Es wird also kaum gelingen daraus Raritäten zu züchten.
UJohltätigkeitsmarken.
(Eine Jäger marke.) Der Ausschuß des Reichsoerbandes
österreichischer Forstleute und Berufsjäger hat zur Kräftigung des
„Hubertusfonds“ eine Jägermarke ausgegeben, die in oier oer-
schiedenen Farben hergestellt, Jagduorstellungen zeigt, und zwar
stammen die Abbildungen „Röhrender Damhirsch“, „Atufflerbock“,
„Fischotter“ und „Dachs“ oon Endlicher, „Gamskopf“ oon Edel
müller, „Stilleben oon Greiner, „Heimkehr oon der Jagd“ oon
Riedl, „Schnürender Fuchs“ oon Weczerczik und „Die Jagd in
der Karikatur“ oon Carl Josef.
Uerschiedenes.
(König Chulalongkorns Sammlerpassionen.) Chula-
longkorn, der kürzlich oerstorbene König oon Siam, mar ein
leidenschaftlicher Sammler. Hber er sammelte weder münzen,
noch Briefmarken, auch nicht altes Porzellan oder Spazierstöcke,
sondern — leere Streichholzschachteln! Er besät] deren uiele
Hunderte aus aller Herren Cänder und mar auf sie nicht wenig
stolz. Er kannte keine größere Freude als die, seine Sammlung
um ein neues Stück zu oermehren. Und eines Tages hätte diese
Ceidenschaft ihm fast das Ceben gekostet. Das geschah, als er sich
zum Besuche des Königs Eduard VII. in Condon befand. Von
zwei Herren des englischen Hofes geleitet, ging er die eleganteste
und belebteste Strafe des londoner Westens, Bond Street, entlang.
Da erblickte er mitten auf dem Damm eine achtlos weggeworfene
Streichholzschachtel, mit einem Salje stürmte er nach ihr hin,
bückte sich, steckte sie in die Tasche, wäre dabei aber um eines
Haares Breite oon einem Wagen überfahren worden. Seine Be
gleiter hatten sich kaum oon ihrem Schrecken erhalt, als er schon
wieder bei ihnen war, seinen Weg fortse1]te und ihnen freude
strahlend seinen kostbaren Fund zeigte.
(Die Sammlung Ignaz Pserhofer.) Der am 24. o. Al.
in Wien oerstorbene Apotheker Ignaz Pserhofer hinterlief] eine
bedeutende Sammlung geschnittener Steine, Kameen und Intaglien.
Die Sammlung uinfafjt über 500 Gemmen, u. z. antike griechische
und römische Cinquecento Kameen, sowie einige neuere (des 18.
Jahrhunderts). Heroorzuheben wäre insbesondere eine aus dem
Besil]e des Grafen Alieroszewski stammende Kassette aus Silber
und Elfenbein, besetjt mit 154 Gemmen, eine grof]e silberne Schüssel
mit 45 eingesef3ten Kameen, Halsketten, Brosche etc. Die griech
ischen Kameen der Sammlung sind in Intaglien des älterten Stils
und solchen der Blütezeit der Kunst oerfreten, sie sind zum gröf]ten
Teile oon den Künstlern signiert. Unter den römisch-antiken be
findet sich eine Anzahl durch besondere Schönheit qnd Gröf3e aus
gezeichneter Stücke, unter den neueren Arbeiten solche oon Gira
nt etti, Whitley und Simon. Außerdem enthält die Sammlung
eine grofje Anzahl oon Arbeiten der Kleinkunst in edlen metallen
und Email. Dr. Hermann Rollett hat 1888 unter dem Titel „Ver
zeichnis der in Schmuck- und Ziergegenständen gefaxten Gemmen
(Kameen und Jntaglien im Besil]e oon J. Pserhofer, Wien“ einen
Katalog der Sammlung herausgegeben.
(Alte Tonöfen.) Alan schreibt der Cinzer „Tagespost“
aus Kleinraming: Wieder kommt ein Stück alter Kunst aus
unserem Raming hinaus. Herr Rudolf Sommerhuber, Ton
warenfabrikant und Hoflieferant aus Steyr, hat bei Herrn Geier
lehn er, Besser des Spirsengutes in Kleinraming, zwei sehr schöne
altertümliche Tonöfen gekauft, die im Barock- oder Rokokostil auf-
gebaut sind; beide ruhen auf mit Ziermerk ausgearbeiteten Aletall-
fiifjen und sind etwa drei Aleter hoch. Der eine, elfenbeinweifj
und rund, ist reich mit Blumengeminden-Ornamentik geschmückt
und oerjüngt sich in kunstooll geschwungenen Aufsät3en nach oben,
wo eine Opferschale mit der Flamme der Vesta angebracht ist;
der andere ist oierkantig, bläulich und oerjüngt sich in ebenfalls
schön geschwungenen Pinien nach oben, ist reich mit Eichengewinden-
Ornamenfik geziert und trägt oben einen Blumenkorb. Schon oor
Jahren hatte man dem ehemaligen Besser des Spirsengutes Herrn
Weit] für beide Öfen 800 Kronen angebafen, auch der JTluseum-
oerein fiat sich unlängst um den Preis derselben erkundigt, doch
ist ihm Hoflieferant Sommerhuber mit dem Kaufe zuuorgekommen.
(Aus dem leben eines großen Kunsthändlers). In
Condon ist am lebten Oktobertage im Alter oon 86 Jahren Sir
William Agnew gestorben. ITlit ihm ist einer der mächtigsten
Alagnaten des modernen Kunstgrofjhandels dahingegangen, und
ein Rückblick auf sein Heben zeigt, wieuiel Kenntnisse, Feinfühlig
keit, Kühnheit und Feldherrntalent ein moderner Grofjkunsthändler
für seinen Beruf mitbringen mufj. Sir William, der seinerzeit als
Elegant in der Condoner Gesellschaft keine geringe Rolle spielte,
trat auf dem Kunstmarkte zuerst im Jahre 1862 heruor, als er
bei einer Versteigerung für den „Geächteten Royalisten“ non lAillais
die damals ziemlich gewagte Summe uan 11.000 Kronen bot. Aber
seinen eigenen Weg fand er erst, als er auf Turn er kam. Damalsgenof]
Turner nicht entfernt die künstlerische Wertschät]ung, die sich heute
auch auf dem Kunstmarkte in wahrhaft erstaunlichen Riesenpreisen
ausdrückt; Sir William Agnew aber hatte den Scharfblick, die
kommende Turner-Hochflut rechtzeitig zu erkennen, Schon 1863