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Internationale Sammler-Zeitung.
Hummer 11
280 durch Kauf, 950 als Pflichtexemplare in die Samm
lung; der Rest entstammt dem älteren Bestände im Depot,
oon dem alljährlich ein Teil inoentarisiert roird. ln diesem
Jahre rourde das Gesamtwert; oon William Unger dem
Inoentar einoerleibt.
Die Bestände der Kupferstichsammlung an älterer
Graphik ermöglichen nur in oerhältnismäljig seltenen fällen
eine Bereicherung. Immerhin wurden auch hier oerschie-
dene Gelegenheiten ausgenutjt und wurden unter andern
angekauft: ein anonymer Holzschnitt aus dem (Ende des
XV. Jahrhunderts, oon £ukas Cranach das Porträt Philipp
ITlelanchthons (Holzschnitt), Blätter oon W. Proliant, Gilles
Demarteau, £. Schiaoonetti, Tomkins, dann oon österreichi
schen Künstlern Stiche oon Karl Pfeiffer, Quirin JTlark,
Passini, Eithagraphien oon Kriehuber, Trentsensky und
anderen, eine interessante (Erwerbung bildet der Ankauf
oon Giuseppe Pasis fünfbändigem Werke „Dolle magnifi-
cenzc di Roina“ (1747).
Die moderne österreichische Graphik wurde beim Ein
kauf in erster Einie berücksichtigt. Hier konnten unter
andern Blätter, beziehungsweise Klappen oon Augustin
(Haydn-ERappe), Burian, Cossmann, fanto, H. frank, 0. frie-
drich, E. Gödl-Brandhuber, f. Gödl-Brandhuber, f. Gold,
E. Grüner, Jetfmar, Jungnickel, Dr. Junk, Klemm, Kon
stantin, T. Krizman (ITlonotype), Each, Easke (ITlonotype),
Eegler, Euntj, UToll, Karl HJoser, Orlik, (E. A. Reichel, Si
mon Stoitjner, Stretti-Zamponi, Thiemann, William Unger
(JTladonna oon Perugino) und f. Windhager erworben
werden. Hlit besonderer Auswahl wurde das graphische
OEuore der modernen Künstler des Auslandes oermehrt.
Die Photographiensammlung wurde durch 1000
Photographien nach Gemälden der kaiserlichen Galerie,
solche nach Gemälden im Augsburger Uluseum, nach siene-
sischen HJiniaturen, nach einigen spanischen Künstlern
und nach einer Gruppe oon Skulpturen aus Pariser Samm
lungen bereichert. An Geschenken sind besonders zu oer
zeichnen: Pom Oberstkämmereramte farbenholzschnitteoon
E. H. Jungnickel (zehn Blätter Tiergattungen), die farbige
Radierung oon E. Kasimir „Der Prunksaal der Hofbiblio-
fhek“, ferner eine Reihe oon Porträten, eine Kupferplatte
mit einem Stich des XVIII. Jahrhunderts und Zeichnungen,
Die Akademie der Wissenschaften schenkte einige Porträte
für die Porfräfsammlung. Pon der Graphischen Gesell
schaft kamen der Sammlung ein Blatt oon )Tl. oan der
Eoo sowie Probedrucke einiger Holzschnitte oon Jung
nickel zu. Einzelne Blätter schenkten die Künstler JTI.
fränkel, E. Grüner, Hirschenhauser, Hofrichter, Hollenberg
und C. A. Reichel. Dr. oon JTlzik und Dr. Rogenhofer
schenkten Exlibris.
Schlief^lich wäre noch einer kunstgeschichtlich inte
ressanten Erwerbung der Handschriftensammlung der
Hofbibliothek Erwähnung zu tun, eines Eoangelistariums,
das dem XIII. Jahrhundert angehört. Der 30 Blätter um
fassende Grofjquarfkodex ist mit llliniaturmalereien reich
geschmückt und zeigt nebst bunten Zierleisten und Initialen
oor dem Beginn jedes der oier Eoangelien die in byzan
tinischem Stil gehaltenen, wohlkonseroierten farbigen Poll
bilderder Eoangelisfen Johannes, lllatthäus, Eukas und lTlar-
kus. Diese Bilder werden durch interessante und gut erhaltene
gestreifte Seidendecken mit Stickerei und Quasten geschürt.
Ex libris Libri?
fälschungen in der Hoe-Bibliothek.
Die Versteigerung der Hoe-Bibliothek in fl ew-Mark,
deren roichtigsfe Resultate mir bereits melden konnten, beschäftigt
sehr intensio die amerikanische Presse. Besondere Sensation rief
ein Jnteroiew der „ltew Horker Staatszeitung“ mit dem frankfurter
Buchhändler Dr. £. fl. Baer heroor, in dem ausgeführt roird, daf;
mehrere Stücke der Auktion Falsifikate sind. Der schwere
flnrourf bezieht sich namentlich auf den sog. Einband „Henry III
of France“ und ein Ouid-Hlanuskript.
Wir lassen den sensationellen Bericht der „nero-florkerStaafs-
zeifung“ (Sonntagsblatf nom 7. ITlai 1911, Seite 21 und 22) im
Wortlaute folgen:
Eine Umwertung aller Werte auf dem Büchermärkte hat die
Versteigerung des ersten Viertels der Hoe’schen Büchersammlung,
die Freitag Abend zum Abschlüsse kam, mit sich gebracht, nie
mals, seitdem es Bücher gibt, hat eine Auktion Don Kunstwerken
der Buchdrucker und Buchbinder solches Aufsehen erregt, niemals
sind solche horrende Summen für Bücher bezahlt morden.
Sh. 997,563.50 ist das Gesamtergebnis der ersten neunzehn Ver
steigerungstage, nur um Sh. 2636 50 weniger als eine lllillion.
Aus aller Herren Eänder waren die Sammler, die Eiebhaber, die
Buchhändler und Antiquare herbeigeeilf, um, wenn auch die Preise
höher, immer höher getrieben wurden, um schweres Geld einen
der uielbegehrten Kunstschätje, die der amerikanische Schnellpressen-
Erbauer Robert H o e in jahrzehntelanger, emsiger Sammlerarbeit
zusammengetragen hatte, zu ergattern. Und dabei ist erst der
oierte Teil der Sammlung uerkauff, nur ungefähr 5000 Bände. Es
bleiben noch 25 bis 30 Tausend für die kommenden Auktionen im
nooember 1. J., im Januar und im 111 ärz nächsten Jahres.
Vierzig lahre lang hat Hoc Bücher gesammelt, und es wird be
hauptet, dafj er im taufe dieser Zeit an Sh. 600,000 seiner fieb-
haberei geopfert habe. Da nach kanseroatioen Schälungen die
Versteigerung der ganzen Bücherei ungefähr drei millionen bringen
wird, so erweist sich in diesem falle eine an sich kostspielige
Eiebhaberei als recht gewinnbringend.
Es ist in der „Staats-Zeitung“ täglich über den Verlauf der
Auktion berichtet worden, es kann daher wohl als bekannt nor-
ausgesetjt werden, dal; die berühmte Gufenberg-Bibel Sh. 50,000
und das Buch „ITlarf d'flrtur“, gedruckt uon Wm. Caxfon, dem
ersten englischen Buchdrucker, gegen Sh. 48,000 brachte und daf;
für die lllanuskripte enorme Preise erzielt wurden. Es ist wohl
auch allgemein bekannt, dal) die Buchliebhaber, Händler und
Bibliotheksbeamten aus der ganzen Welt zusammengeströmt waren,
um Einkäufe zu machen. Unter den Bietern befanden sich zum
Beispiel neben Quaritch uon Eondon, auch ßaer oan Frankfurt
a. JTI,, der den Beinamen der „deutsche Quaritch“ führt. Jn der
Tat ist ja Eondon der eigentliche Auktions-Ort der Welt, aber die
deutsche Firma hat sich ihren „Plalj an der Sonne“ erobert.
Dr. E. fl. Baer, niitglied der Firma Joseph Baer & Ca
(Frankfurt), welcher bei der Hoe-Auktion zugegen war, hat Philo
logie studiert, sich aber im Wesentlichen auf die Bücherkunde ge
worfen. Die Deutschen sind im Allgemeinen den Vertretern anderer
llatianen in Bezug auf Fachkenntnisse weit Daraus, und dal) das Volk,
welches der Welt die Erfindung des Buchdruckes mit beweglichen
Eettern schenkte, besonders auf dem Gebiete der ßücherkunde
Heroorragendes leistet, ist wohl natürlich. Dr. ßaer kann auf
seinem Gebiete als einer der gediegensten Kenner gelten, und seine
einem Vertreter der „Staats-Zeitung“ gemachten Angaben in Bezug
auf die Hoe-Auktion müssen daher als bedeufungsuol! und gewichtig
befrachtet werden. Diese Angaben, welche zum Teile sensationeller
ITatur sind, mögen uerbatim folgen: