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Seite 262 
Internationale Sammler-Zeitung. 
Nr. 17 
Musik c r Engel erinnert werde, wie dies obenan aut 
dem Bilde zwei singende Engel zum Ausdruck bringen. 
Rechts und links ziehen Engel den Vorhang zu und 
verbergen auf der einen Seite den Schalknarren, auf der 
anderen das Weib mit dem Liebespfeil. Im gleichen alle 
gorischen Sinne ist wohl auch das zu unterst abgebildete 
üppige Weib mit dem Fischlcibe, das Tambourin 
schlagend und die profane Musik darstellend, sowie 
gegenüber der mit Ketten gefesselte Teufel, aufzufassen. 
An den beiden Seiten der Umrahmung der Haupt 
darstellung finden sich Szenen aus Opern des Meisters: 
Figaro und Susanne, Belmon und Constanze, König 
Sarastro, die Königin der Nacht, Tamino und Pamina, 
Papageno und Papagena und schließlich Don Juan. 
Der untere Teil der Umrahmung ist mit musizierenden 
Putten ausgefüllt. 
Links von der heiligen Cäcilia bewegt sich im Dome 
ein Trauerzug, sein letztes Werk, das Requiem versinn 
bildlichend.; rechts außerhalb des Domes musiziert ein 
Familienkreis, bestehend aus dem Vater, den Söhnen 
und der Tochter, und so das Fortbestehen der edlen 
Geisteswerke Mozarts andeutend. 
Unwillkürlich drängt es uns, das geschilderte Bild 
mit Tilgners Mozart-Denkmal in Wien in Vergleich 
zu ziehen. Professor Tilgner hat, wie mir dessen 
Freund Professor S c h a r f f mitteilte, vor Ausführung des 
Denkmals nach Bildern, die Mozart-Darstellungen 
bringen, gefahndet, um das Gesicht Mozarts möglichst 
porträtgetreu schaffen zu können. Der Künstler dürfte 
wohl auch das vorliegende Blatt gekannt haben, und es 
scheint, daß er bei dem Entwürfe zu seinem schönen 
Werke, wenn auch unbewußt, einigermaßen von dem 
Führichschen Bilde beeinflußt wurde. So sehen wir an 
den beiden Seiten des Sockels, der das Standbild trägt, 
Schwärme von Putten, dann vorne im Relief Szenen 
aus Don Juan und rückwärts im Relief ebenfalls eine 
Familienszene, den kleinen Mozart am Klavier, den Vater 
geigend und seine Schwester singend. Vorne am Sockel 
befindet sich unter anderen Emblemen auch ein Pfeil 
angebracht. Bei Führich hält das Weib einen Pfeil. 
Immerhin ist es von Interesse, zu sehen, wie ver 
schieden Führich und Tilgner die gestellte Aufgabe auf 
faßten, der eine im streng religiösen, der andere mehr im 
weltlichen Sinne, 
Chinesisches Kunstgewerbe. 
Münsterbergs monumentales Werk über 
chinesische Kunstgeschichte hat seinen Abschluß in einem 
zweiten Bande erhalten, der kürzlich bei Paul N e f f 
(Max Schreiber) in Eßlingen a. N. erschienen ist.*) 
Fesselte der erste: Band durch seine geistreichen Be 
trachtungen über das Wesen der chinesischen Malerei, 
über die Naturliebe der Chinesen und ihre Stinmmngs- 
malerei, so wird man in diesem ein anziehendes Bild von 
der Entwicklung des Kunstgewerbes bei den Chinesen 
finden, das der Verfasser in jahrzehntelangem Studium 
gründlich kennen gelernt hat. Ehe er auf die einzelnen 
Formen des Kunstgewerbes eingeht, gibt Münsterberg in 
einem »Allgemeines« überschriebenen Artikel eine 
treffliche Charakteristik des Kunstgewerbcs, aus der wir 
die markantesten Stellen hier folgen lassen: »Es ist,« 
sagt er, »ein Gewohnheitsgesetz, in Ostasien, 
daß für jeden Gegenstand Material und Stil wie zur 
Zeit seiner ersten Einführung bei behalten bleibt; 
natürlich gibt es auch Ausnahmen. Die erste Form wird 
durch den Zufail der fremden Einflüsse und der ent 
standenen Bedürfnisse geschaffen, aber sobald sie fest 
steht, vererbt sich die Form und bleibt maßgebend für 
Jahrtausende. Keine Laune der Mode kann eine ein 
greifende Aenderung hervorrufen. Material, Form und 
Ornament wurden für jede Gruppe zu einem Kanon ge 
staltet, an dem wie an einem heiligen Vermächtnis der 
Ahnen ebenso festgehalten wird, wie an der Vererbung 
der Ahnen selbst. 
Derartige Gewohnheiten sind, in begrenztem Um 
fange und oft lokal verschieden, auch in Europa nicht un 
bekannt. So trinken wir das Bier aus Zinn- und Stein- 
krügen des Mittelalters, aber die Modegetränke des 
18. Jahrhunderts, Tee, Schokolade und Kaffee aus dem 
gerade damals erfundenen Porzellan, während in den 
Ländern, in denen die Porzellanfabrikation erst später 
*) Ghinesische Kunstgeschichte von Oskar Münster- 
b e r g. Zweiter Band. Eßlingen. A. N. Paul Neff. (Max Schrei 
ber) 1912. 
allgemeine Anwendung fand, wie in Rußland, Spanien 
u. s. w. das Glas üblich wurde und blieb. Aber dies gilt 
nicht als geheiligte Regel für Europa, sondern ist eine 
freie Gewohnheit, die in einem Falle sich im Volke er 
hält, im anderen abgelöst wird; so trinkt man Bier nicht 
nur aus Steingut und Zinn, sondern in moderner Zeit 
auch aus Gläsern, die in Amerika und Frankreich, wo 
das Bier eine neue Mode ist, fast ausschließlich gebraucht 
werden. Dagegen würde den Chinesen eine Teetasse aus 
Glas oder Eisen statt dem altgewohnten Steingut oder 
Porzellan undenkbar sein. 
Dieses alte Gesetz der Tradition ist so unabänder 
lich, daß umgekehrt aus dem angewendeten Material 
der einzelnen Gebrauchsgegenstände häufig auf die Zeit 
ihrer ersten Entstehung oder Einführung im 
chinesischen Lande geschlossen werden kann. Zum Bei 
spiel Amulette, kaiserliche Siegel und kaiserliche 
Zepter sind meist aus Stein, vorwiegend aus Jade, ge 
fertigt und ihre Anwendung weist dadurch in jene frühen 
Zeiten hin, in denen der Stein das begehrteste Material 
war. Auch die tönernen Gefäße für die Getränke der Ge 
selligkeit lassen ihre erste Anwendung in sehr alten 
Zeiten erkennen. Wiederum die Opfergefäße, aus denen 
später Räucherbecken und Vasen gestaltet wurden, die 
runden Spiegel und gewisse buddhistische Kultgegen 
stände blieben stets aus Bronze gegossen, da sie in der 
Bronzezeit in Aufnahme gekommen waren. Entstanden 
durch die Entwicklung der Zeit neue Probleme und neue 
Sitten, so wurden zu ihrer Befriedigung die inzwischen 
neu entstandenen Techniken dienstbar gemacht. 
Es entspricht dem uralten Kultus des Ahncnglaubeüs, 
der Auffassung des Kaisers als den »Himmclssohn«, der 
Wertschätzung der Werke des Konfuzius als kanonische 
Bücher, der unveränderten Beibehaltung der alten 
Bilderschrift — kurz, der ganzen Kultur Chinas, daß die 
einzelnen Symbole dieser Kultur konserviert wurden wie 
die Kultur selbst. So entstand in Ostasien nicht die Frage, 
ob praktisch und billig, sondern ob durch die Tradition 
geheiligt und den Vorschriften der Ahnen entsprechend.
	        
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