Nr. 2
Internationale Sammler-Zeitung.
Seite 25
lim uns von den, künstlerischen Leistungen ihrer Glasfabriken
und ihrer Goldschmiede einer. Begriff zu geben.
Gleich im ersten Wandschrank links ziehen arabische,
römische und andere Glas gef äße durch das merkwürdigste
Farbenspiel die Blicke auf sich, das hier vorn Hause aus ein
farbige, blau- oder wasserfarbene Gläser lediglich vermöge
der unter der Erde entstandenen Iridation zu entwickeln ver
mögen. Zu den enghalsigen orientalischen Flakons scheint ein
Glasstöpsel mit langem Stift zu gehören. Eine Moscheenlampe,
nicht so prächtig wie jene große an der Wand gegenüber, aber
von denen hier zwei Flaschen ausgestellt sind, eine mit dem
siebenarmigen Leuchter in Relief, waren große .Glaskünstler
und scheinen seit dem 6. Jahrhundert n. Chr. in Konstantinopel
und Venedig wesentlich zur Uebertragung der Orienttechnik
nach Europa mitgewirkt zu haben. Die eigentlichen Glanz-
stiieke auf diesem Gebiete jedoch sind jene Teiler und Schalen
aus Mosaikglas, die wir hier ausgestellt sehen. Ein Stück von
grün-gelblichem Grunde, durchzogen von starken weinroten
Fasern. Ein blau-weißes mit großen' Wellenlinien. Eines der
sogenannten Millefiori-Art, wo der weinrote Grund von einem
Fig. 4. Aus Grünpecks
von merkwürdiger Form, besteht aus mehreren becher
förmigen Oeibehältern auf runder Scheibe mit Fuß, bestimmt,
an drei Ketten zu schweben. Dazwischen steht eine schlanke
griechische Vase südrussischer fierkunft, der Form nach den
jüngsten Panathenäen-Amphoren des 3. Jahrhunderts v. Chr.
gleich, aber in eigentümlichster Technik; aus zwei Hälften in
wasserfarbenern Glas geschnitten, mit bronzenen aber ver
goldeten Zieraten: Gurt. Ausguß (Satir mit Schlauch), Henkel-
attachen und Deckel. Zwei Becher einer für uns heute kost
baren Art sind in weichem Zustande in der Fabrik durch
irgendwelchen Zufall, vielleicht Einsturz des Ofens oder sonst
eine Katastrophe, zu einer Masse zerdrückt worden, in welcher
ein Knochenlöffelchen mit eingebacken ist: eine Kuriosität im
ersten Schrank. Aeußerst wertvolle Gläser sind in der Saal
mitte in vertikalen Vitrinen aufgestellt. Da locken uns außer
den bekannten ägyptischen blaugelbcn Salbfläschchen und
-Kännchen eine reizende Sardonyx-Amphorette in hellenistisch-
pompejanischem Geschmack aus dem Nachlaß des noch später
zu erwähnenden Calvert; sodann blaue Flaschen islamischer
Kunst, besonders eine mit in Gold aufgesetzter. Greifen. Unter
den klassischen Gefäßen in Kopf- oder Menschenform im
zweiten Schrank eine Flasche aus Syrien, welche ein bekanntes
dortiges Skulpturwerk, die sitzende Stadtgöttin oder Tyche
von Antiochia mit dem Orontes-Flusse, nachbildet. (Eine voll
ständige Nachbildung dieser Gruppe des Eutychides, aus
Lysipps Schule, bietet übrigens auch ein kleiner Goldknopf
in der ersten Pultvitrine am Fenster.) Auch die dortigen Juden,
»Spiegel«. (Original-Größe.)
grünen Kranze mit Tulpen umzogen und das Ganze mit gelb
lichen Sternblumen durchsetzt ist. Ein Napf zeigt den dunklen
Grund ganz mit roten, weiß und blau geränderten Flecken
gesprenkelt. (Es gibt Bonbons, die nach ähnlichem Prinzip
helgestellt scheinen, nur nicht so kostspielig.) Diesen Stücken
reihen sich mindestens ebenbürtig im nächsten Schrank (wo
auch Pendants zu den letztgenannten zu finden) drei ganz
aparte Gefäße an, eine Topfvase und zwei langhalsige Flakons,
von einer Art Federornament reihenweise umgeben, von
ruhigster, vornehmster Farbenwirkung. Dabei steht eine
alabasterfarbene Deckelbiichse (wie eine Puderdose) aus
Fadenglas, ein Meisterwerk, das aus der Grotte der Sibylle
bei Cumä (genauer wohl einem Grabe der Nachbarschaft)
stammt. Alles können wir hier nicht aufzählen. Es gibt zum
Beispiel auch Armbänder von Glas, ein Schmuck, dessen
Trägerinnen sich offenbar mehr durch Stattlichkeit als durch
Beweglichkeit auszeichneten. Die Schmucksachen beginnen
(erste Fenstervitrine) mit mykenischen Goldringen (Kult
szene, Löwenjagd), einer davon aus dem Nachlaß Calverts,
des langjährigen amerikanischen Konsuls an den Dardanellen,
der ihn von Schliemann erhalten hatte. Bas prächtige goldene
Almband 376.mit dem Rest eines zweiten, mit dem mehrfach
verschlungenen Mittelknotcn ist griechisch aus Ptolemäer-
zeiten und in Mazedonien gefunden. Von Abdera kommt das
herrliche Stirnband, auf dessen elf oblongen Gliedern Masken
der neueren attischen Komödie mit Rubinen wechseln; daran
ansetzend elegante Gehänge, über die Stirn herabfallend. Aus