Seite 318
Internationale Sam m ler-Zeitung.
Nr. 20
veranlaßt, sich seiner Sammlung zu entäußern: ein Augenleiden
verhindert ihn ganz und gar am künstlerischen Genuß seiner mit
großer Liebe begonnenen Sammlung und als Folge natürlich
am weiteren Ausbau. Dr. Witte hat nicht ohne System ge
sammelt. Das zunächst Charakteristische ist das Ueberwiegen
von Gefäßen und Geschirr gegenüber der Plastik. Es war in
erster Linie die künstlerische Flächendekoration, die Freude an
der so unendlich mannigfaltigen malerischen Gestaltung der
Porzellangefäße des 18. Jahrhunderts, die es dem Sammler an
getan hatte: daneben als reizvolle Parallele die gleichzeitigen
Erzeugnisse der verschiedenen Manufakturen — es sind etwa
34 — t so daß neben den köstlichen Miniaturmalereien der
führenden Fabriken auch die kleineren zu ihrem Rechte kamen
und in ihrer Eigenart durch geschmackvoll gewählte Beispiele
repräsentiert sind. Auf dieser breit angelegten Basis bietet die
verhältnismäßig kleine Sammlung von nicht 300 Objekten
vielerlei, was nicht nur in materieller Bewertung Ausdruck
rinden dürfte, sondern auch dem (Kunsthistoriker Freude macht.
Wer auf die Provenienz Wert legt, wird die berühmtesten
Quellen der letzten 10 Jahre erwähnt finden: Dr. Spitzner,
Habich, Eisenmann, v. Sannwitz, Dr. Clemnr und Fischer.
Waffen.
(DerNachlaß Wetzlar.) Der in der Zeit vom 22. bis
25. d. M. bei Matth. Lempertz in Köln zur Versteigerung
gelangende zweite Teil des Nachlasses Josef Wetzlar (Köln)
enthält neben wertvollem Mobiliar, Zunftsachen, Wappenbriefen,
Miniaturen, Dosen, Uhren, Stickereien, Gläsern, Porzelancn
und Arbeiten in Silber, Bronze, Kupfer und Zinn eine beträcht
liche Anzahl von Schutz- und Trutzwaffen, auf die wir das
Augenmerk von Waffemsammlern lenken. Historisches Interesse
hat ein Ehrendegen, der angeblich von Kaiser Leopold I,
den Rurfürsten gespendet wurde, die seine Wahl vollzogen. Die
spitze, schmale Stoßklinge mit flachem Grat ist fast in ganzer
Länge beiderseitig reich geätzt, und zwar mit Bildnissen des
Kaisers und der Kurfürsten zwischen reichem Ornamentwerk
mit entsprechenden Überschriften. Ein anderer österreichischer
Ehrensäbel ist mit dem Doppeladler geätzt und 1 mit dem Mono
gramm Kaisers F r a n z I. versehen. Ein Schwedenschwert ziert
das Bildnis Gustav Adolfs, daneben liest man den Spruch Soli
Deo Gloria, und zwischen Ornamenten den Namen Christoph
Craimiber. Aus der Sammlung T h e w a 11 stammt ein spanisches
Schwert aus dern 16. Jahrhundert, dessen Klinge mit Ranken,
Mondsichel und Sternen geätzt ist. Ein italienisches Schwert
aus dem 17. Jahrhundert weist die Meistermarke Antonio
P i 1 i n i o s auf, während eine Feuerstein-Doppelflinte, die sehr
reich mit Silber tauschiert und inkrustiert ist, den berühmten
englischen Büchsenmacher Is. W i 1 k i n s o n als Verfertiger
nennt. Renaissance-Hellebarden, Türkensäbel, Rokokodegen,
Doichmesser aller Arten, Pulverflaschen it. a. vervollständigen
die Sammlung.
Vom Kunstmarkt.
(Die M i n i a t u r e n s am m I u n g J a f f e.) Am 23. und
24. d. M. findet bei Rudolf Le p ke in Berlin die Versteigerung
der Miniaturensammlung Albert Jaffe (Hamburg) statt. Die
Sammlung umfaßt hauptsächlich Bildnisminiaturen des 17. bis
19. Jahrhunderts. Besonders gut ist die französische Schule ver
tiefen. Wir finden da Werke von Augustin, Hall, Isabey, Le
Tellier, Manson, Pasquier, Petitot, Prieux, Soiron, Vestier,
Welper und vielen anderen gleichwertigen Meistern. Von Eng
ländern nennen wir Bogle, Cosway, Engleheart, Horace und
Nathaniel Hone, Lens, Jer. Meyer, Andrew Plimer, Ross, Smart,
Shelley und Zincke. Von deutschen und österreichischen
Künstlern sind zu erwähnen: Cbudy, Füger, Heinsius, Horne-
mann, Plötz, Hummel, Klingstedt, Gerh. v. Kügelgen, Peroux,
neben denen noch manche Künstler, deren Namen sonst nicht
bekannt sind, durch treffliche Arbeiten repräsentiert sind.
Außerdem begegnen wir in der Sammlung einer Anzahl Oel-
miniaturen des 15. und 16. Jahrhunderts, Dosen des 18. Jahr
hunderts mit Bildnis- und Genredarstellungen, einigen Buch
miniaturen auf Pergament und endlich mehreren Kleinplastiken
in Wachs, von denen besonders ein venezianisches Madonnen-
relief in der Art Sansovinos und ein ausgezeichnetes
kleines Reliefbildnis von der Hand Leonhard Poschs hervor
zuheben sind.
(Die Auktion Noll in Frankfurt.) Man schreibt
uns aus Frankfurt a. M.: Der Verlauf der Auktion Noll
bei Prestel hat die Eignung Frankfurts zur Auktionsstadt in
überzeugender Weise dargetan. Ein kauflustiges und kauf
kräftiges Publikum ist durch diese Versteigerung angezogen
worden und auch verschiedene der Leiter unserer großen
Sammlungen, so Direktor Kötschau vom Kaiser Friedrich-
Museum, Direktor Hampe vom Germanischen National-
Museurn, waren unter den Käufern. Die Holzskulpturen,
die den Kern der Sammlungen bildeten, haben mit ungefähr
125.000 Mark Gesamterlös den auf sie gesetzten Erwartungen
entsprochen. Am heißesten umstritten war die hl. Magdalena.
Ulmer Schule um 1500, mit einer reizvollen Rokoko-Bemalung;
sie wurde von der Frankfurter Firma L. Picard Nachf. für
das Kaiser Friedrich-Museum um 46.000 Mark erworben. Die
hi. Familie vom Meister des Blaubeureoer Hochaltars (Gregtr
Erhärt), ein weiteres Hauptstück der Sammlung, brachte
8000 Mark, der tirolische Anbetungskönig, ein schönes Werk
der Pacher-Schule, 7100 Mark, die lebhaft bewegte Gruppe
der Beweinung 6100 Mark, die Würzburger Madonna (1360
bis 1370) 3300 Mark, die schöne, mittelrheinische Madonna
(um 1380) 10.000 Mark, ein graziler hl. Georg, niederdeutsch,
um 1500, 2800 Mark, die Maastricher Veronika, Anfang des
16 Jahrhunderts, <8300 Mark, eine Nürnberger Katharina aus
Veit Stoß-Nähe 3700 Mark, drei Vorarlberger jugendliche
Heilige 5000 Mark. Auch die Holländer der Sammlung weckten
rege Kauflust. Das Fragment des Dirk Bouts aus seinem
Aliar von Salmansweiler (ein anderes Fragment des Altars
besitzt das Kaiser Friedrich-Museum) ging für 10.500 Mark in
den Besitz der Frankfurter Firma J. M. Hackenbroch
über, eine Landschaft von Jan vart Goyen erzielte 10.000
Mark, ein später Ma^s 2800 Mark.
(Sammlung Professor Otto Seitz, Mün
ch e n.) Eine sehr bemerkenswerte Auktion des kommenden
Monats ist die Versteigerung der Sammlung des verstorbenen
Malers Professor Otto Seitz (München). Ein außerordentlich
eifriger Sammler, hat Seitz im Laufe eines langen Lebens eine
große Menge Antiquitäten, Stiche und Bücher zusamnienge-
bracht. Der Katalog der Antiquitäten liegt bereits vor. Die
Bücher und Stiche werden später ebenfalls durch Helbing ver
steigert. Eine Reihe von 1527 Nummern, dabei sehr viele
Kollektiv- und Doppelnummern, verzeichnet der Katalog Be
stände von denkbar großer Mannigfaltigkeit. Wir finden
Kuriosa zur Geschichte der Medizin neben Geräten aus alchi
mistischen Laboratorien, allerlei Hausrat aus fünf Jahr
hunderten, neben alten Instrumenten der Naturwissenschaft
und Technik, alte Waffen neben Volkstrachten, monumentale
Möbel neben Miniaturen etc. Doch hat die ungewöhnliche Viel
seitigkeit der Samrnelinteressen die liebevoll gepflegte Neigung
für bestimmte Gattungen von Kunstwerken nicht beeinträchtigt.
So sehen wir denn innerhalb der großen Sammlung Gruppen,
die durch Qualität und eine gewisse Geschlossenheit sich aus
zeichnen. Als solche sind zum Beispiel zu nennen die Kollek
tion der Gläser, die Kleinplastik und Holzskulpturen, auch die
Gruppe der Musikinstrumente. Charakterisiert wird der Ge-
samtbestand der Sammlung aber durch das Hervortreten guter
deutscher Gotik auf fast allen Gebieten. So findet man zum
Beispiel bei den Möbeln ein gotisches Kastenbett, das ebenso
schön wie außerordentlich selten ist. Außerdem sind gotische
Tische und andere Möbel vorhanden. Unter den Kästchen und
Kassetten sind zwei Stücke von ganz besonderer Seltenheit