Nr. 10
Internationale Sammler-Zeitung.
Seite 147
Die Exlibris-Schöpfungen Ernst Krahls.
Die von der Oesterreichischen Exlibrisgesellschaft
aus Anlaß ihres zehnjährigen Bestandes in Wien ver
anstaltete Exlibris-Ausstellung* hat die Aufmerksamkeit
weiter Kreise auf einen Exlibriskünstler gelenkt, dessen
Name bei den Kunstgenossen und in der Sammlerwelt
allerdings längst schon besten Klang hatte. Denn Ernst
K r a h 1 ist mit dem Wiedererwachen, mit der Renais
sance der Exlibriskunst in seiner österreichischen
Adoptivhcimat für immer unzertrennlich verknüpft. Zu
einer Zeit, da das Interesse für diese einst sehr ge- I
zeichnen. Ernst Krahl erblickte am 26. Oktober 1858 zu
Dresden das Licht der Welt. Kaum vierzehnjährig, kam
er auf die dortige Kunstakademie, die er durch zwei
Jahre besuchte. Von 1874 bis 1876 finden wir ihn bei dem
nachmaligen Direktor der Meißener Porzellanfabrik, Hof-
rat Ludwig Sturm, als Porzellanmaler meist mit Galerie
sachen beschäftigt, die er zur Zufriedenheit seines
Chefs ausführte. Am 1. März 1877 übersiedelte Krahl
nach Wien. Ihn trieb nach der Donaustadt der Drang,
I sich hier weiter auszubilden, und in der Tat bezog er
Fig. 1. Das Bibliothekszeichen Ernst Krahls.
schätzten Gebilde der Kleinkunst in Deutschland sich
wohl wieder zu regen begann, diesseits der schwarz
gelben Grenzpfähle aber davon noch nichts zu merken
war, ist es Krahl gewesen, der mit dem richtigen
Künstlerinstinkt für die Bedeutung des Buchzeichens sich
der Exlibriskunst zuwandte und ihr immer neue An
hänger warb. Mit seinem eigentlichen Berufe — Krahl
ist bekanntlich ein hervorragender Wappenmaler und
Heraldiker — ließ sich diese Kunst vortrefflich vereinen,
sind doch Exlibris und Wappen wesensverwandte Dinge,
wenn man nicht noch nähere Beziehungen zwischen
ihnen hersteilen will.
Um Krahls Bedeutung voll zu würdigen, ist es
nötig, sein künstlerisches Werden und Wesen zu kenn-
* S. den Artikel »Die Exlibris-Ausstellung Wien 1913«
von Karl Lorenz in Nr. 6 der »Internationalen Sammler-
Zeitung« vom 15. März 1913.
schon zehn Tage nach seiner Ankunft die Kunstgewerbe
schule, wo Sturm, Laufberger und Berger seine Lehrer
waren.
Der Ruf Emil Döplers zog den Kunstjünger 188.3
nach Berlin, wo er ein Jahr in eifrigstem Studium ver
brachte. Düpier vor allem hat auf die künstlerische Ent
wicklung Krahls Einfluß genommen; freudig bekennt
Krahl noch heute, daß er die peinlich korrekte Art, die
ein hervorstechendes Merkmal seiner Arbeit ist, diesem
Vorbilde danke.
Im September 1883 trat Ernst Krahl in das Atelier
seines (1891 verstorbenen) Onkels Karl Krahl, der als
Heraldiker und Genealoge einen weitverbreiteten Ruf
genoß. Leber der praktischen Tätigkeit vernachlässigte
Krahl aber auch jetzt nicht das Studium. Er besuchte
noch bis zum Jahre 1888 die k. k. Akademie der bilden
den Künste in Wien als Hospitant im Akt- und Draperie-