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Internationale S a m ni 1 c r - Z e i t u n g.
Nr. 13
Aegypten erst recht anfachte. »Aegypten als das Land
mystischer Geheimlehre angesehen, wurde eine Fund
grube der Symbolik für alles, was mit Wissen und Ge
lehrsamkeit in Zusammenhang stand.« 4 Unser heutiger
Standpunst der altägyptischen Kultur gegenüber ist frei
lich ungleich vertiefter, und gerade infolgedessen lernen
wir einsehen, daß schon die alten Aegypter für die Tier
seele eine Intimität der Auffassung hatten, wie wir sie
heute wieder als modern zu bezeichnen recht haben.
Gehen wir aber nunmehr zu den ägyptischen Möbeln
selbst über. Maspero, der aber die wichtigen Funde
der letzten Jahre noch nicht verwerten konnte, sagte in
seiner ägyptischen Kunstgeschichte über die ägyptischen
Möbel: Die Bretter wurden gedächselt, zusammen
gezapft, geleimt, durch Zapfen von hartem Holz oder
Akaziendornen, aber nie durch Metallnägel verbunden,
poliert und mit Malereien bedeckt. Die Truhen stehen
gewöhnlich auf vier geraden, zuweilen sehr hohen Füßen.
Der Deckel ist flach oder auf eine besondere Weise ab
gerundet, selten spitz. Meistens läßt er sich ganz ab
heben, oft bewegt er sich um einen in der Seitenwand
eingelassenen Zapfen, zuweilen dreht er sich, wie bei
unseren Schreibsekretären, in Holzangeln. Die Wände,
deren große Flächen sich vortrefflich für künstlerischen
Schmuck eignen, sind bemalt oder mit Elfenbein, Silber,
Email oder kostbarem Holz ausgelegt.«
Einige Betten und Stühle sind uns erhalten. Im
Louvre befindet sich ein Lehnstuhl, den Maspero*
folgendermaßen beschreibt: »Der Sitz, der ursprünglich
mit einem Netz von Schnürchen bespannt war, ruht auf
vier Löwenfüßen. Der Rücken ist mit zwei Blumen und
einem Rankenband aus eingelegtem Ebenholz und Elfen
bein verziert, das sich von dem roten Grunde abhebt.«
Im allgemeinen haben die alten Aegypter ihre Möbel
sehr farbig behandelt und reich vergoldet. Die Füße
waren meist als Löwen gebildet. So ist der Tisch aus
dem Grabe von Sakkarah von zwei Löwen gestützt,
deren Schwänze eine Vase umfassen. Ebenholz und
Sykomore wurde viel verwendet. Oft waren kunstreiche
Gemälde an den Möbeln angebracht. Inkrustationen von
Fayence und Email finden sich vielfach. Die Bettgestelle
waren häufig mit Metall- und Elfenbeineinlagen geziert.
Elfenbein und Ebenholz bezog man aus Aethiopien. Auch
aus Assyrien bezog man seltene Hölzer und kunstvolle
Möbel. Man lag indessen nicht, wie heute im Orient, auf
der Erde, sondern auf erhöhten Sitzen, auf welche
Kissen gelegt waren. In dem Werke »Histoire de hart
dans l’antiquite par Georges Perrot et Charles
4 a. c. W. S. 23.
* a. c. W. S. 283.
C h i p i e z« (Paris 1882), findet sich ein Thronsessel ab
gebildet, der am Fuß zwei gebundene Sklaven zeigt;
Löwen bilden Fuß und Lehne. Im Besitz Marinis be
findet sich ein Taburett mit Füßen, welche Katzen dar
stellen. Der assyrische Einfluß ist oft zu spüren, wurde
aber später zuriiekgedrängt, bis die ägyptische Kunst in
der griechischen aufging.
Man würde nach alledem irren, wenn man glaubt,
daß die alten Aegypter nur primitive Möbelformen
kannten. Das Leben war reich und raffiniert und infolge
dessen war auch die Einrichtung der Wohnung eine vor
nehme und luxuriöse.
Dominiode Vivan de D e n o n, 1747 bis 1825, Ra
dierer und Zeichner, begleitete als Zeichner Napoleon
nach Aegypten und gab darüber ein Werk heraus, das
auch einige Möbel enthält. Der Empire-Stil nun entlehnt
oft genug das ganze Möbel dem alten Aegypten, wie zum
Beispiel Bronzeleuchter, Armstühle, Taburetts, sogar
Bücherschränke in Form ägyptischer Tempel. Die Säulen
der ägyptischen Tempel werden als Beine der Empire-
Möbel ausgestaltet, Sphinxe werden mehr noch als früher
besonders als Armlehnen bei Fauteuils verwendet. Bei
einem bekannten Kabinett von der Hand Jakob Des
malters ruht die Vorderkante des Schrankes auf ägyp
tischen Sphinxen, die als Karyatiden behandelt sind und
auf dem Kopfe stilrein behandelte Kapitäle ägyptischer
Säulen tragen. Von einzelnen Motiven findet sich be
sonders häufig das ägyptische Flügelmotiv. P e r c i e r
hat für den Goldschmied B i e n a i s Entwürfe eines Zy
linderbureaus und einer Toilette gemacht; bei der
letzteren sind die vorderen Füße als Sphinxe behandelt,
auf deren Kopf die Ecken ruhen und deren Flügel die
Vorderkanten stützen. In ähnlicher Weise findet man die
Sphinxe auf einer Handzeichnung von M o i 11 e, welche
Empire-Möbel und Geräte darstellt, verwendet. In der
Wohnung des griechischen Gesandten in London, Eaton
Square Nr. 2, befindet sich eine Chaiselongue im Em
pire-Stil, bei der das Kopfende auf zwei Frauensphinxen
ruht, deren Flügel das Profil der Kopflehne dekorieren.
Das Fußende ruht auf dem Rücken einer kauernden
Sphinx. Auch bei dem großen, runden, schweren Tisch
im Schlafzimmer Napoleons in Compiegne werden die
Füße von vier Sphinxen mit Löwenleib und Apiskopf ge
bildet.
Sehr reich ist die Verwendung ägyptischer Formen
bei den Empire-Möbeln des Arbeitszimmers Napoleons
im Museum des Grand Trianon. Wir finden hier nicht
nur ägyptische Sphinxe, sondern ägyptische Säulen,
Karyatiden (am Schrank als Konsolen) und Ornamente
(am runden Tisch).
Die Auktion Nemes.
Aus Paris wird uns geschrieben:
Die Versteigerung der Sammlung Marczell Nemes
(Budapest) schloß mit einem Ertrage von 5,344.600 Franken.
Addiert man dazu die zehn Prozent der Armengebühr, so er
höht sich die Summe auf nahezu 6 Millionen. Dieses Resultat
entspricht so ziemlich den Schätzungen der Sachverständigen
Herr Nemes freilich ist enttäuscht, da er, wie es heißt, auf
ungefähr das Doppelte gerechnet hatte.
Den Vogel schoß, wie zu erwarten war, Rembrandt
ab, dessen »Vater« 516.000 Franken erzielte. Für Frans Hals
herrschte ein rein künstlerisches Interesse. Agenten besorgten
das übliche Preistreiben und überließen dann großmütig das
»Bildnis eines Mannes« dem Vertreter des Qroßherzogs
von Hessen. Trotz der Anstrengungen wurde jedoch das
Minimum von 300.000 Franken nicht erreicht, so daß man das
Werk mit 290.000 Franken abgeben mußte.
Charakteristisch für den jetzigen Geschmack ist die Wohl
feilheit der Marke Rubens: drei ausgezeichnete Werke des
großen Flamländers — »Bestattung Christi« und drei Porträts —
blieben zwischen 30.000 und 50.000 Franken. Hingegen gab es
am ersten Tage der Versteigerung eine Ueberraschung: »Venus
und Cupioo« von Hans Baidung Grien erreichte 115.000,