Nr. 5
Internationale Sammler-Zeitung.
Seite 73
Chronik.
Autographen.
(Ein Brief der Maria Stuart.) Aus London
wird uns berichtet: Bei Sotheby kam ein interessanter
Originalbrief der Schottenkönigin Maria Stuart unter den
Hammer. Das Schreiben trägt das Datum des 31. August 1566,
ist an den Laird von W e y m gerichtet und fordert den Grund
herrn auf, »verschiedenen Personen, die auf ihrem Grund und
Boden hei Rannoch lebten und zur Zeit ihres Aufstandes ver
bannt wurden«, die Heimkehr und die Wiederansicdlung zu
gestatten. Nach heißem Kampfe ging dieses Handschreiben
der unglücklichen Königin für 6000 Mark in den Besitz des
Kunsthändlers Pearson über.
Bibliophilie.
(Der zweite Teil der Bibliothek George
Dünn.) Aus London wird uns geschrieben: Der zweite
Teil der Bibliothek Georg Dünn, der vom 2. bis 6. Februar
bei Sotheby unter den Hammer kam, brachte 8268 Pf. St.,
so daß also das Gesamtergebnis der Versteigerung 19.299 Pi. St.
4 sh. beträgt. Namhafte Preise erzielten: Robertus Valturius
»De Re Militari Libri XII« 205 Pf. St., Stundenbuch, Ms.,
15. Jahrh., 118 Pf. St., Psalmbuch, engl., Ms., 13. Jahrh., 7 große
Miniaturen, HO Pf. St, Englisches Breviarium, Ms., 14. Jahrh.,
284 Seiten, 106 Pf. St„ »Speoulum Humanae vitae«, erste
französische Ausgabe, 102 Pf. St., Sir E. Hobby »The Common-
place Book«, Ms., 90 Pf. St., Stundenbuch, Ms., auf Perga
ment, 15. Jahrh., 88 Pf. St., Kodex von Propertius, »Carminia«,
15. Jahrh., ital., Ms., 90 Seiten, 70 Pf. St., Caoursin »Obsidionis
Rhodiae Urbis«, Ulm, 1496, 70 Pf. St., Albertus Miagnus, aus
Ulrich Zells Druckerpresse, Köln, 52 Pf. St., Beda Venerabilis
»Historiae Ecclesia sticae Gentis Analorum«, engl.. Ms.,
12. Jahrh., 51 Pf. St., »Mirrour of dur Lady«, 1530, 51 Pf. St.,
»Biblia Latina« aus der Waltham Cross Abtei 50 Pf. St„ Perez
de Valentia, »Tractatus contra Judaeos«, 1484—1485, 50 Pf. St,
Fr. Mason »Vindiciae Ecclesiae Anglicanae«, 1625, 49 Pf. St.,
Psalterium Eboracense, engl., Ms., 12. Jahrh., 49 Pf. St.,
Cicero »De Oratore«, Venedig 1470, 49 Pf. St., und Sehr
seltenes Incunabülum von einem unbekannten deutschen
Drucker, 34 Pf. St.
(Mozarts Bibliothek.) Vor einiger Zeit durchlief
ein Aufsatz die deutschen Zeitungen, in dem ein Schweizer Pro
fessor Angaben über Mozarts Reisebibliothek machte. Die von
ihm aufgezählten Bücher und Notenwerke hatten etwa ein
Gesamtgewicht von zwei Zentnern. In Wahrheit pflegte Mozart
auf den wenigen Konzertreisen, die er in seinen Mannesjahren
gemacht hat, Bücher und Partituren (mit Ausnahme einiger
weniger Kompositionen von sich selbst in Abschriften) nicht mit
zunehmen. Von einer Mozartschen Reisebibliothek zu sprechen,
wäre also Mystifikation. Hingegen ist uns ein Verzeichnis der
im Besitz von Mozart gewesenen Bücher und Noten durch ein
an: 9. Dezember 1791 aufgestelltes amtliches Nachlaßprotokoll
überliefert, dessen Original das Wiener Landesgericht aufbe
wahrt. Dieser Liste, die Dr. Artur S c h u r i g jetzt in der
»Voss. Ztg.« veröffentlicht, entnehmen wir, daß die Bibliothek
im ganzen 46 Werke umfaßte. An Romanen, Gedichten u. s. w.
waren vorhanden: Aloys Blumauers Gedichte (1782), Blumen
auf dem Altar der Grazien (anonym, 1787, Verfasser Georg
Schatz), Salomon Geßners Schriften (1765), Ewald von Kleists
Werke (1760), Ovids Tristien in der deutschen Uebersetzung von
Michael Lori (1762), Christian Felix Weißes Lyrische Gedichte
(1772), Wielands Diogenes von Sinope (1777) und Wielands
Oberon (1781), An Tragödien, Lustspielen, Operntexten: Beau
marchais, Der lustige Tag oder die Hochzeit des Figaro (1785):
Die Begebenheiten auf der Jagd (nach Colles »La partie de
chasse de Henry IV.); L’Arcadia in Brenda (Oper von Balthasar
Galuppi); Mctastasios Werke im Urtext (1781); Molieres Lust
spiele in Bierlings Verdeutschung (1752); Percy, eine englische
Tragödie (1778), Stephanies Entführung aus dem Serail; Johann
Gottfried Dyks Nebentheater (6 Bände, 1786) und 6 Sammel
bände Komödien. An ästhetischen und kunsttheoretischen
Büchern: Knigge, Dramaturgische Blätter (1789); Mendelssohn,
Phädon oder die Unsterblichkeit der Seele (1776); A. W. Smith.
Philosophische Fragmente über die praktische Musik (1787). An
historischen Werken: Friedrichs des Großen Hinterlassene Werke
(4 Bände, 1788); Skizzen aus dem Charakter und den Hand
lungen Josefs II. (1783); Joh. Jakob Mascov, Einleitung zu den
Geschichten des römisch-deutschen Reiches bis zum Ableben
Kaiser Karl V. (1763). Weiterhin sind drei Reisehandbücher zu
nennen: Krebels Europäische Reisen (1783); das Geographisch
topographische Reisebuch durch alle Staaten der österreichischen
Monarchie (1789) und ein italienischer Führer durch Venedig
(1765). Sodann: Musikalischer Almanach für Deutschland auf die
Jahre 1782, 83 und 84; Cramers Magazin der Musik (1783 ff.'
und zwei Anekdotensammlungen. An aufklärerischen Büchern:
Johann Pezzl, Faustin oder das philosophische Jahrhundert (1783)
und Josef v. Sonnenfels’ Gesammelte Schriften (Bd. 1—4, 1783).
An Schulbüchern: ein Atlas des enfants (1760); Bberts Natur
lehre für die Jugend (1776); Eberts Vernunftlehre (1774); Brauns
Götterlehre (1776); Osterwalds Historische Erdbeschreibung zum
Nutzen der Jugend (1777); Spenglers Rechenkunst (1779);
Matthias Schönbergs Geschäfte des Menschen, Zierde der Jugend
(1773) und 4 Bände der Kleinen Kinderbibliothek (1783). Den
Schluß bilden: Ordingers Metaphysik in der Konnexion mit der
Chemie, ein Punktierbuch und eine alte lateinische Bibel von
i679. Die meisten dieser Bücher stammten aus dem Nachlasse
von Mozarts 1787 gestorbenem Vater. Einige sind Geschenke der
Verfasser, so Geßners Schriften, die Bücher von Sonnenfels und
wohl auch Pezzls Faustin. Interessanter als durch die vor
handenen Bücher ist das Verzeichnis durch das Nichtvorhandene.
Fs fehlen mit Ausnahme von Meliere, W ieland und Metastasio
alle Größen der damaligen Weltliteratur. Moliere war ihm vom
Schwiegervater 1778 in Mannheim geschenkt worden. Wieland
war Leopold Mozarts Lieblingsautor neben — Geliert! Eine merk
würdige, aber sehr charakteristische Zusammenstellung, Noch
armseliger als des Meisters Bibliothek war übrigens sein Besitz
an musikalischen W’erken. Außer ein paar eigenen Kompositionen
waren bei seinem Tode nur 25 Nummern vorhanden: drei W''erke
von Michael Haydn, zwei von Gluck, je eins von Josef Haydn,
üretry, Doles, Rosetti, Leo, „Duschek, Gaßmann, Albrechtsberger,
Hiller, Seiberth, Ostad, Wohanka, Pasterwitz, Hoffmeister, Schuh
bauer, .1. M. Bach und J. E. Bach. Dazu eine anonyme
Operettenpartitur, eine Sammlung Kinderlicder und 22 Hefte der
Hoffmeisterschen Pränumerationen. Die ganze Sammlung war
auf 23 Gulden bewertet.
(Die Briefe yon Goethes »L i 1 i«.) Die Gesell
schaft für elsässische Literatur hat die Absicht, eine Ausgabe
der gesamten Briefe von Lili Schöne mann, der späteren
verehelichten von Türckheim, Goethes ehemaliger
Braut, zu veröffentlichen, die der Dichter bekanntlich 'wieder
holt besungen hat. Auch sollen alle Dokumente mit einbezogen
werden, die Lili, ihre Beziehung zu Goethe und ihre Familie
betreffen.
Bilder.
(Ein neues Bildnis Michelangelos) ist der
Gesellschaft der französischen Antiquare unterbreitet worden,
eine italienische Zeichnung aus dem 16. Jahrhundert. Sie stellt
den bekannten Kopf des großen Künstlers sehr lebendig und
offenbar höchst ähnlich dar.