MAK
Nr. 5 
Internationale Sammler-Zeitung. 
Seite 71 
in den St. Lawrencestrom mündet, als einer der Arbeiter 
auf ein Kästchen stieß. Man ließ es öffnen und fand nicht 
nur den Inhalt des Briefes, sondern auch die außerordent 
lich selten gewordene »Zwölf Pence-Canada«, die auf 
den Brief geklebt worden war, in vollkommen unver 
sehrtem Zustande auf. Die Marke, die einen sehr großen 
Wert bekommen hatte, wurde für eine namhafte Summe 
verkauft. 
Die »Marke des Todes« wird jene genannt, die an 
läßlich der Thronbesteigung des König Peter von 
Serbien zur Ausgabe gelangte, und die die Köpfe des Be 
gründers der Dynastie Karageorg und Peters auf 
wies. Es erregte damals großes Aufsehen, daß diese 
Marke, wenn man sie umdrehte, die — Totenmaske 
König Alexanders, der kurze Zeit vorher auf so 
bestialische Weise ermordet worden war, in deutlicher 
Weise zeigte. Der Künstler, der diese Krönungsmar'ke 
hergestellt 'hatte, wurde zwar augenblicklich zur Rechen 
schaft gezogen, aber der alte Mann behauptete, daß dies 
nur ein Zufall sein könne. Diese merkwürdige und rätsel 
hafte Sache ist bis heute noch nicht vollständig geklärt. 
Sehr romantisch ist auch die Geschichte der Marken 
von Scdang«, die mit dem Bilde des »König Marie I. 
von Sedang« geschmückt waren. Kein Philatelist konnte 
dieses geheimnisvolle Land auf irgend einer Weltkarte 
finden, aber nichtsdestoweniger verleibte man diese 
Markenserie dem Album ein. Die Geschichte von »Marie, 
König der Sedangs« wird in einem Werk von Sir Henry 
Norman erzählt, der diese als eine der interessantesten 
Episoden in der Geschichte des fernen Ostens beschreibt. 
Der König der Sedangs hieß in Wirklichkeit Marie David 
de Mayrcna und erschien im Jahre 1889 zum erstenmal 
in Hongkong, wo er sich dem französischen Konsul vor 
stellte. Er hatte eine abenteuerliche Laufbahn hinter sich 
und war im Laufe seiner mannigfachen Wanderungen 
auch zu einem Volksstamm gekommen, der Sedangs 
hieß, und als dessen König sich Mayrcna ausrief. Die 
Sedangs bewohnten das Hinterland von Annam. Das 
Augenmerk der französischen Behörden wurde zum 
erstenmal auf »König Marie« gelenkt, als dieser erfolg 
reich mehrere Volksstämme besiegte. In Hongkong an 
gekommen, wurde er mit allen Ehren, die einem regieren 
den Fürsten gebühren, aufgenommen. 
Die Serie von Marken ließ er in Paris drucken, aber 
nicht, um sie in seinem Lande cinzuführen, sondern um 
sie — Seine Majestät brauchte dringend Geld — an 
Markensammlcr zu verkaufen. Schließlich wurde sein 
Treiben den französischen Behörden zu bunt und er 
wurde als Usurpator erklärt und abgesetzt. England und 
Deutschland, die er um Hilfe rief, verweigerten ihm diese 
und er wurde zum Tode verurteilt Er floh jedoch aus 
Hongkong, wie man sagt, unter Zurücklassung vieler un 
bezahlter Rechnungen. Einige Jahre hielt er sich in Paris 
auf, wo er sehr luxuriös lebte. Sein Ende war ebenso 
abenteuerlich, wie sein ganzes Leben: Er starb an den 
Biß einer Kobra, als er sich in Java aufhielt. 
Eine sehr romantische Geschichte knüpft sich auch 
an den Generalpostmeister von Neu-Braunschweig, 
Connell. Im Dezember 1859 wurde Connell beauf 
tragt, eine neue Markenscrie in Neu-Braunschweig zu 
emittieren. Connell begab sich nach Nehyork, um Ver 
handlungen in dieser Angelegenheit zu pflegen. Als die 
Marken erschienen, stellte sich heraus, daß Connell sein 
eigenes Porträt auf ihnen hatte anbringen lassen. Man 
machte ihm infolgedessen schwere Vorwürfe und die 
Marken wurden eingezogen. Connell legte deshalb sein 
Amt als Generalpostmeister zurück und lebte von diesem 
Tage an in vollständiger Zurückgezogenheit. 
Zur Erinnerung an die unglückliche Polarexpedition 
Scotts und seiner Genossen hat man die Penny- und 
Halfpenny-Marken von N e u - S e e 1 a n d, die mit 
»Viktorialand« überdruckt sind, und die für die Korre 
spondenz der Mitglieder der Expedition verwendet 
wurden. 
Als die »Terra Nova«, das Schiff des Kapitän Scott 
und seiner Getreuen, die mit ihm den Tod fanden, am 
29. November 1910 ausfuhr, befanden sich derartige 
Marken um mehrere tausend Kronen an Bord. Am Kap 
Evans war ein Postamt eingerichtet worden und die 
Marken, die sich auf den Briefen befanden, wurden von 
allen Postämtern der Welt anerkannt. Die letzten dieser 
Marken, die von den Expeditionsteilnehmern nicht ver 
wendet worden waren, wurden kürzlich in London um 
einen sehr ansehnlichen Preis verkauft, und der Erlös 
bildete den Grundstock für den Fonds einer neuen Polar 
expedition von England. 
Diese Marken können noch in wenigen Exemplaren 
angekauft werden, und zwar muß man sich, was Sammler 
interessieren wird, zu diesem Zwecke an das »British 
Antarctic Stamp Departement, 89 Farringdon Street, 
London E. C., wenden. Der Preis für die Halbpenny- 
Markcn ist zirka dreißig Kronen, für die Penny-Marken 
zirka sieben Kronen. 
Die Sammlung des Freiherrn von Schacky. 
Wir haben in unserer vorigen Nummer bereits auf die 
bevorstehende Versteigerung der Kunstsammlung des 
verstorbenen Freiherrn Ludwig v. Schacky hinge 
wiesen. 
Nun sind die Kataloge der Sammlung erschienen, die 
ein übersichtliches Bild über die reichen Bestände er 
möglichen. 
Die Bildersammlung (Katalog 1) zeichnet sich 
durch Vielseitigkeit bei vergleichsweise kleinem Umfange 
aus. Kein Zeitalter, keine Nation ist bevorzugt. Der Ge 
schmack des Sammlers wählte vorurteilslos bald dies, 
bald jenes, wie die Gelegenheit sich bot. Qualität und 
Zustand waren ausschlaggebend, der Klang eines großen 
Malernamens verführte diesen Sammler nicht. 
Unter den Italienern mag das Porträt eines jungen 
Mannes von Jacobo Tintoretto (62) den tiefsten Ein 
druck machen. Der Vortrag ist selbst für Tintoretto un 
gewöhnlich breit und weich. Antonio Canal e wird in 
der allgemeinen Schätzung ein wenig vernachlässigt, seit 
dem sein jüngerer Nebenbuhler Francesco G u a r d i 
emporgestiegen ist. Die vielen Nachahmungen, die über 
all mit Canales Namen angeboten werden, haben dem 
Ruhme des Meisters geschadet. Ein so stattliches Werk 
von seiner Hand wie Nr. 59 in dieser Sammlung ist ge 
eignet, die Sachlichkeit und solide Sicherheit Canales ins 
hellste Licht zu setzen. 
Kunsthistorisch höchst interessant ist die Kreuz 
tragung Patiniers (67), wo der Meister, der zu den
	        
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