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Nr. 16/17
Internationale Sammler-Zeitung
Herr van Dam war kürzlich in Amsterdam und
hörte dort von seinen holländischen Geschäftsfreunden,
daß das Geschäft in Paris flau, in London unver
ändert sei. Auch in diesen feindlichen Ländern be
wahre der Antiquitätenmarkt seinen internationalen
Charakter: in London z. B. sei nach wie vor süddeut
sches Porzellan besonders gesucht und hoch be
zahlt. Nach der Meinung Herrn van Dams wird der
Kunsthandel kurze Zeit nach Friedensschaluß seinen
internationalen Charakter voll und ganz zurückge
winnen.
Albert Salomon,
der Inhaber des bekannten Antiquitätengeschäftes
in der Lennestraße, gibt es als selbstverständlich zu,
daß durch den Krieg und den dadurch hervorgerufenen
Abschluß vom Auslande das Geschäft sehr gelitten hat.
Trotzdem hat die Nachfrage nach guten Stücken nicht
ganz aufgehört. Es sind sogar neue Liebhaber entstanden.
Die Geschmacksrichtung ist wohl dieselbe geblieben
wie vor dem Kriege. Auch heute stehen gute franzö
sische Möbel Louis XV. und Louis XVI. im
Vordergrund des Interesses. Jedweder internationale
Kunstgegenstand, ob französischen oder englischen
Ursprungs, ist nach wie vor gefragt. So zahlte letzthin eine
kunsthebende Berliner Dame für ein kleines englisches
Damenporträt eines ziemlich unbekannten Meisters
vom Ende des 18. Jahrhunderts den Rekordpreis
von 20.000 Mark. Herr Salomon hofft stark, daß
sich nach dem Kriege das alte internationale Geschäft
wiederherstellen werde.
Ernst Friedmann vom Hohenzollern-Kunsl-
gewer behaus
tritt energisch für eine Förderung der nationalen
Kunstbestrebungen ein. Er stellt fest, daß im allge
meinen das Geschäft weit besser geht, als man bei
Ausbruch des Krieges annebmen durfte, daß sich nach
verhältnismäßig kurzer Zeit des Stillstandes die Nach
frage nach kunstgewerblichen Erzeugnissen und nach
Möbeln wieder sehr gehoben hatte und daß er jetzt,
wenn auch nicht so wie in Friedenszeiten, so doch immer
hin in der Abteilung für Wohnungseinrichtungen mit
guten Aufträgen beschäftigt ist.
„Viel schwieriger dagegen gestalten sich die Arbeits
verhältnisse, indem ein ziemlicher Mangel an leistungs
fähigen Arbeitern eingetreten ist und ferner mancher
lei wichtige Materialien knapp sind, respektive infolge
der Beschlagnahme gar nicht mehr zur Verarbeitung
kommen können. Eine nationale Richtung oder Bevor
zugung ist nicht entstanden. Vielmehr wird nach wie
vor Französisches, Englisches, Japanisches gekauft,
wenn auch hier und da mal ein Kunde Bedenken äußert,
ob er wohl recht daran tut, Erzeugnisse dieser Völker in
der jetzigen Zeit zu erwerben.“ Die Firma ist daher
überzeugt, daß auch nach dem Kriege gute fremd
ländische Erzeugnisse gefragt und gekauft werden,
hofft aber bestimmt, daß es möglich sein wird, für
alles, was deutsch ist, mehr Interessenten zu gewinnen,
denn wenn auch, wie es ja selbstverständlich ist, in den
einschlägigen Geschäften noch viele gute französische,
englische, italienische und japanische Originalarbeiten
am Lager sind, so ist es uns doch schon möglich ge
worden, die Kunden zu überzeugen, daß wir bei uns
in Deutschland außerordentlich Hervorragendes, so
wohl in technischer wie in geschmacklicher Beziehung
zu leisten imstande sind, und es ist zu hoffen, daß es
gelingen wird, das kaufkräftige Publikum, welches
vor dem Kriege immer nur glaubte, Schönes und
Gutes im Auslande kaufen zu können, dazu zu bringen,
sich mehr uns anzuvertrauen. Es wäre außerordentlich
betrübend, wenn diese Hoffnung sich nicht erfüllen
würde.
Der Geschmack kann nicht durch politische oder
geographische Grenzen eingeengt werden, doch ist
es dringend erforderlich, unser hohes deutsches Können
durch Aufträge, die das entscheidende Mittel hierzu
sind, zu bekräftigen und zu unterstützen.“
Die Firma Keller und Reiner
glaubt, nicht an eine schnelle Wiederaufnahme der
internationalen Beziehungen: „Das Berliner Geschäft
unserer Branche stagnierte bei Beginn des Krieges
vollständig. Allmählich hat sich die Kauflust aber
erheblich gebessert, das Interesse an Ausstellungen
ist wieder reger geworden, und speziell unsere Abteilung
für Wohnungseinrichtungen ist mit zahlreichen
Aufträgen beschäftigt. Eine besondere Bevorzugung
nationaler Stile können wir nicht konstatieren. Das
Interesse ist vielmehr allen Stilarten gegenüber
das gleiche geblieben. Wie die Verhältnisse auf dem
internationalen Kunstmarkt nach dem Kriege werden,
läßt sich heute wohl noch gar nicht beurteilen. Wir be
fürchten aber, daß es nach Friedensschluß lange Zeit
dauern wird, bis der internationale Verkehr wieder
die Formen gewonnen hat, in denen er sich vor dem
Kriege abspielte.“
Ein Reisewerk aus dem XVIII. Jahrhundert.
lautet: ,,Voyage pittoresque en Allemagne et au Levant, dans
l’Archipel, la Moree, l’Asie et la Sicile, en Italie et en France.“
Die Reise dauerte von 1764 bis 1769. Der Verfasser ließ
das Werk in vier starke Kalblederbände binden und mit
reichen ornamentalen Vergoldungen verzieren; der Vorsatz
besteht aus rosa, Seide.
Der größte Wert des Reisewerkes liegt in der reichen Aus
schmückung mit ungefähr 200 vortrefflichen Aquarellen, die
meist in zarten Farben sehr fein ausgeführte Landschaften
darstellen. Ein Teil der Abbildungen sind schöne Volks- und
Gesellschaftstrachten; auch wurden die hervorragendsten
antiken Statuen der Kunstgalerien abgebildet. Dieser Bilder
schatz bietet eine reiche Fundgrube für die Kulturgeschichte
der damaligen Zeit, Auf vielen Bildern finden wir Gegenden
Im Besitze des Kun.-.tantiq11ariats von C. G. Boerner
in Leipzig befindet sich eiii aus der berühmten Bücher
sammlung von Alfred Ritter von Pfeiffer in Wieit stam
mendes Reisewerk aus dem 18. Jahrhundert, das neben seinem
erheblichen bibliophilen und künstlerischen Werte besonderes
Interesse wegen seiner Beziehungen zu den heutigen Kriegs
schauplätzen verdient.
Der Verfasser des Werkes ist der Holländer Jan Raye
van Brenkelerwaard, der einer bekannten Amsterdamer
Kaufherrnfamilie angehörte und im Jahre 1764 den Gesandten
der Niederlande am türkischen Hofe, Dedel, auf seiner Reise
nach Konstantinopel begleitete. Der Reisebericht ist un
gedruckt, in französischer Sprache abgefaßt und in sorg
fältiger kalligraphischer Handschrift geschrieben. Sein Titel