Nr. 17
Internationale Sammler-Zeitung
Seite 183
haben. Ein schreitender junger Mann mit einem Hahn
in den Händen weist aufRanftl hin; ein Christuskopf
von Benczur hat bereits seinen Liebhaber gefunden.
Er hat das Bild mit einer Viertelmillion nicht zu hoch
bezahlt.
Oskar Weinstein hat eine interessante Kollektion
von Porzellanen und Bronzen, darunter eine äußerst
seltene polnische Vase mit durchbrochenem Chinadekor,
eine Empire-Bronzegarnitur und anderes. Unter den
Bildern fällt ein reizender kleiner Führich, ,.Madonna
in der Landschaft'*, auf. Vernet ist mit einer „Strom
landschaft“, Achenbach mit einer Marine und Ten
Kate mit dem hübschen Gemälde „Kinder am Teich“
vertreten.
Die Firma Kellner & Bpeth stellt in ihrer Koje
ein Interieur des französischen Empire mit Bildintar
sien aus. Ein Prunkhumpen aus Elfenbein und Silber
und ein Füllhorn mit feinster Emailmalerei und Halb
edelsteinen werden gewiß viel Bewunderung erregen.
Die Kunstkammer A. Stindel überrascht durch
eitle Dosensammlung. So viele herrliche Stücke sind
in Wien lange nicht beisammen gewesen. Besonderen
Anklang werden die Dosen mit den Miniaturen von
Daffinger und Kriehuber finden. An Gemälden bringt
die Kunstkammer eine „Hl. Familie" von iiepolo,
zwei Bilder von Hamilton („Tote Vögel“), eine „Heu
ernte am St. Wolfgangsee", die mit den besten Gauer-
manns konkurrieren darf, einen vorzüglichen vollsig-
niertenRanftl. „Mutter mit Kindern und Ziegen“, usw.
Emil Dolkowski vereinigt in seiner Koje eine
Anzahl guter Bilder und Holzskulpturen verschiedener
Epochen.
L. A. Kromer, der die Reihe der Aussteller be
schließt, sei Bronzesammlern aufs wärmste empfohlen.
Seine französischen Bronzen der Empirezeit sind first
dass und werden, wie die französischen Färb- und
Kupferstiche der galanten Zeit den Beifall der Kenner
finden.
Das Sammeln von Porzellan
Von Baron Angelo Eisner-Eisenhof.
Als ich, vor ungefähr vierzig Jahren, meine Sammler
tätigkeit begann, die hauptsächlich als Ergänzung
vieler ererbter Stücke entstand, waren in Wien sehr
wenige Sammler und eine ganz geringe Schar von
Antiquitätenhändlern vorhanden. Auktionen waren
ebenfalls selten. Es bestanden höchstens Verkäufe der
Pfandleihanstalten, wo natürlich antike Gegenstände,
mit Ausnahme von Gold- und Silbersachen, kaum zum
Anbot kamen. Damals war das Sammeln noch nicht
„modern“ und die wenigen, welche sich dieser Tätig
keit widmeten, konnte man an den Fingern der Hände
abzählen. Zur damaligen Zeit sammelte man aus Liebe,
aus Kunstsinn, aus Freude an dem Schönen, und ver
wendete einige Stunden des Tages darauf, auf Ent
deckungen auszugehen, zu Trödlern, zu kleinen, ganz
kleinen Antiquitätenhändlern — es gab damals mit
Ausnahme der Bilderhändler, wie Wawra, Micthke,
Schwarz usw., fast keine großen — und man schätzte
sich glücklich, wie es mir geschah, zum Beispiel bei
einem Trödler in der Gumpendn.fer Straße, ein pracht-
V( lies Stück Alt-Wien vor der Marke, das auch im Por
zellanbuch abgebildet ist, als „italienische Majolika",
wie der naive Trödler versicherte, um sieben Gulden
zu erstehen.
Einer der ersten, die in Wien Auktionen von
Antiquitäten veranstalteten, war der alte Cuba sch,
ein ebenso verständiger wie tüchtiger Kenner, der
am Kohlmarkt seinen Laden hatte. Bei ihm war der
brave Bradacek, als „Lepold“ vielgekannt, angestellt
und bei diesen Auktionen mit der Funktion eines Aus
rufers betraut, er tat es mit Humor und W r itz, und wir
verdanken ihm gar manche lustige Stunde. Ganz ver
schieden von den jetzigen Veranstaltungen dieses
Genres, bei welchen man mit Millionen herumwirft,
war damals jeder Gulden, um den man das Anbot für den
Gegenstand seiner Wünsche erhöhte, wohl überlegt,
und man war glücklich, schließlich etwas nach Hause
zu tragen, das ein anderer nicht „verstanden“ hatte.
Heute „versteht“ ein jeder oder glaubt, weil er sammelt,
auch genügend Verständnis zu besitzen, während
eigentlich die meisten jetzigen Käufer nur das nötige
Klein- und Großgeld besitzen, um Gegenstände zu
erobern, die ihnen von Händlern, Museumsangestellten
oder guten Freunden als echt und preiswert empfohlen
werden. Damals fingen die Preise bei Lizitationen bei
einem, höchstens bei fünfzig Gulden an, Stücke,
welche Tausende erzielten, gehörten zu den größten
Seltenheiten.
Das Spezialfach, dem ich mein ganz besonderes
Interesse zuwendete, war das Porzellan. Nicht allein
das Wiener, sondern überhaupt das europäische.
Ich setzte mich diesbezüglich mit allen Autoritäten
auf diesem Gebiete in Verbindung und konnte auch
auf die Werke der englischen, französischen und
italienischen Fachschriftsteller einen Einfluß durch
Bekanntgabe unbekannter Marken ausüben. Hier,
in Wien, hatten aber die Sammler sich meistens nur
dem Kaufe von Alt-Wiener Porzellan spezialisiert.
Man braucht nur, Unter anderen, die Sammlungen
Metaxa (die schon vor zwei Jahren verkauft wurde),
Karl Mayer, Eißler und Rehberger zu'nennen,
deren Besitzer zum Gelingen der im Jahre 1904 i im
österreichischen Museum veranstalteten Porzellan
ausstellung beitrugen. Erst zu einem viel späteren
Zeitpunkte haben sich noch Dr Bloch, Groedel und
andere angeschlossen. Die Sammler vermehrten sich
übrigens von Jahr zu Jahr, ebenso wie die Händler.
Dadurch erhöhten sich die Preise, bis sie, wie am
heutigen Tage durch die Entwertung des Geldes,, durch
die Sucht, Vermögen zu verbergen, hauptsächlich aber,
weil jeder in den Kriegs- und Revolutionsjahren reich
gewordene Mann es als noble Pflicht betrachtet, ein
Sammler'zu sein, ins Unendliche stiegen. Auf manchen
der neuen Sammler könnte man den bekannten
Ausspruch des alten Barons Jonas Königswarter
anwenden: „Jeder, der eine lumpige Million besitzt,
glaubt schon, ein Millionär zu sein.“ So glaubt
auch jeder, der sich antik einrichtet, ein Sammler zu
sein, währenddem die meisten der neuen Gilde wenig
oder gar nichts von Kunst verstehen. Besonders im
Porzellanfache gibt es sehr wenige, die es ganz be
herrschen. Es kommen unendlich viel Fälschungen
auf den Markt. Die meisten, stammen aus der Fabrik
des Mr. Samson in Paris, der, da die Wiener Marke,
seit Auflassung der Alt-Wiener "Fabrik, vogelfrei. war,
sich ganz besonders der Nachahmung der Wiener
Erzeugnisse befleißte und die Marke fälschte.
Und hier möchte ich eine kleine Parenthese eröffnen,
um folgende interessante Episode zu erwähnen. Meine
Liebe zum schönen, künstlerisch vollendeten W'iener
Porzellan, das nach demjenigen von Sevres und Meißen
die allerfeinsten Erzeugnisse, manchmal sogar eben-