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Deutschen Gewerbemuseums. Die Minutoli-Sammlung hatte inzwischen im Februar des-
selben Jahres einen sehr erheblichen Zuwachs erhalten durch den Ankauf der Hanemann-
Sammlung für 13.000 Thaler. Dieselbe enthielt vornehmlich Steingutkrüge, doch auch
Porcellan- und Zinnwaaren.
Die Minutoli- und Hanemann-Sammlung wurden sofort verschmolzen und ergaben
einen Bestand von 4t85 Gegenstanden und eine Doublettensammlung von ca. zooo Num-
mern. In ersteren sind einbegrißen ca. zo Stücke altberliner Porcellans, welche gelegent-
lich einer Dotirung des Bairischen Natinnalmuseutns aus den Porcellanbestanden des
Konigl. Schlosses, theils als überzählige Stücke, theils im Austausch gegen Doubletten
der Minutoli-Sammlung überwiesen wurden.
Die so entstandene Minutoli-Hanemann-Sammlung war vornehmlich reich an
Werken der Kunsttopferei; Fayence, Steingut, Porzellan und Glas bilden fast fünf Sie-
bentel des Bestandes. Das Gebiet der deutschen Keramik ist in einzelnen Theilen,
besonders in Steingutkrügen, Faycncen, bohmischem Glas bis zur Vollständigkeit, in an-
deren, wie den altdeutschen Kacheln und im Porcellan, wenigstens durch sehr zahlreiche
und glänzende Stucke vertreten. Ferner stammen die grosse Zinnsammlung so wie viele
der werthvollsten alten Nadelarbeiten, eine grosse Zahl der alten Schmuckgegenstande
und die besten Arbeiten aus Schmiedeeisen aus dieser Sammlung.
Das Jahr 1873 brachte an Einzelerwerbungen wiederum zahlreiche Geschenke und
Ankäufe japanischen Ursprungs durch die Herren v. Brandt und Gärtner, darunter
eine ausserst werthvolle Sammlung alterer japanischer Seidenstolfe von Herrn v. Brandt.
Ferner an Geschenken: aus der W. Borchert-Stiftung die Nachbildung des Hildesheimer
Silberfundes von ChristoHe; die siebenbürgischen Bauemtrachten durch Herrn Carl
Schochterus in Hermannstadt, und von Herrn Al Castellani in Rom eine Samm-
lung italienischer Bauerntopferei, so dass auch in diesem Jahre der Werth der Geschenke
ca. zooo Thlr. betrug.
Eine ganz besondere Bedeutung erhielt aber dieses Jahr durch die Erwerbungen
auf der Wiener Weltausstellung, für welche die Künigl. Staatsregierung 22.700 Thlr. zur
Verfügung gestellt hatte.
Das Jahr l874 schliesst sich in der Art der Ankäufe den vorhergehenden an; zwar
konnten nur gegen t3oo Thaler verwendet werden, jedoch gelang es, einzelne werthvnlle
Möbel und Aehnliches zu kaufen; am wichtigsten ist die Erwerbung von 76 japanischen
Bronzegefassen, welche das Museum, wie so vieles Andere, dem feinen Kunstverstandniss
und der besonderen Theilnahme des Kaiserl. Ministerresidenten Herrn v. Brandt in Jedo
verdankt.
Unter den Geschenken sind viele Nachzügler der Wiener Weltausstellung; unter
den übrigen sind als besonders wichtige zu erwähnen: eine Sammlung russischer Hand-
tücher mit gestickten Borten von der Frau Kronprinzessin, ein Staatswagen aus dem An-
fang des vorigen Jahrhunderts, indischer Goldschmuck, ein Prachteinband, mehrere
schmiedeiserne Grabgitter aus dem t7_ Jahrhundert vom Magistrat in Görlitz u. A.
Die Stiftung aus dem Nachlasse des Prinzen Adalbert brachte dem Museum ausser
interessanten Arbeiten aus Mexico und Brasilien, drei gute Bronzestatuetten und die sil-
berne, mit translucidem Email decorirte Wasserpfeife des Königs von Oudah, die eines
der glanzendsten Stücke der Sammlung genannt werden darf.
Von künstlerisch noch höherer Bedeutung sind die Gegenstände, welche dem Ge-
werbemuseum durch die Vermittlung des Kronprinzen aus dem Nachlasse des Königs
Friedrich Wilhelm IV. unter Vorbehalt des Eigenthumrechtes überwiesen wurden. Die
beiden Jadeteller und das gestickte Crucilix sind Stücke von einzig dastehendem Werthe,
der Emailteller von Limoges und die zwei Majolicateller Arbeiten von hervorragender
Bedeutung.
Durch Ueberweisungen der Konigl. Staaßregierung wurden im vorigen Jahre zwei
an sich schon gut vertretene Abtheilungen der Sammlung vervollständigt. _
Zunächst die Sammlung japanischer Papierproben und -Fabricate, zweitens die
Sammlung japanischer Lackarbeiten durch eine sehr reichhaltige Sammlung der Rohstotfe,
Productionsstufen und Arbeitsgerathe, sowie fertiger Erzeugnisse der japanischen Lack-
industrie.
Den glänzendsten Zuwachs jedoch erhielt die Sammlung durch das Raths-Silberzeug
der Stadt Lüneburg, welches die Königl. Regierung im Februar d. J. für 220.000 Thlr.
angekauft und am 3. März vorbehaltlich ihres Eigenthumarechtes uberwiesen hatte. Das-
selbe wurde in einem stattlichen, von Herrn Commerzienrath Fr. Vollgold zu diesem
Zwecke geschenkten Schranke aufgestellt und vom t8. März an dem Publicum zugäng-
lich gemacht.
A Es war durch diesen Erwerb mit einem Schlage eine Repräsentation deutscher
Silberschmiedkunst der Bluthezeit gewonnen. wie sie kaum in irgend einer anderen
öffentlichen Sammlung existirt und deren Wetth durch die historische Zusammengehörig-
keit der verschiedenen Stücke noch wesentlich erhöht wird.