159
Namen seines Besitzers bezeichnet. Ein genaues Studium verlohnt sich
wohl der Mühe und verschafft Genuss und Belehrung zugleich. Die zahl-
reichen Beispiele 'sind nicht nur mannigfach und lehrreich in ihrer Art
und von guter Erhaltung, sondern zum großen Theile auch von unge-
wöhnlicher Schönheit und bisweilen auch interessant durch ihre früheren
Besitzer, wie z. B. Philipp von Orleans, oder sonst durch ihre Herkunft.
Nur auf Einiges sei besonders aufmerksam gemacht.
So bilden eine Erscheinung für sich (sie liegen in einem Pultkasten
beisammen) die Broschüren des 18. Jahrhunderts, sämmtlich in Brocat-
papier gebunden, auf dessen Bedeutung für die Gegenwart wir später
noch zurückkommen werden. Eine andere Specialität besteht in einigen
Wiener Einbänden etwa vorn Jahre 1770 bis t78o, Werken des älteren
Kraus, welche den Einfluss der damals neu erwachten Vasenliebhaberei
in merkwürdiger Weise zeigen. Sie sind auf ihrem dunklen, rnarmorirten
Ledergrunde in ausgesparten Feldern mit rothen Vasenfiguren geschmückt,
ein Genre von einfacher Technik, das ebenfalls geeignet wäre, unserer
gedankenarmen Ledergalanterie eine neue und hübsche Idee zuzuführen.
Zum dritten sei in dieser älteren Abtheilung noch einer ganz beson-
deren Specialität gedacht: der orientalischen Einbände, die nunmehr, Dank
den Beiträgen des Barons N. von Rothschild, der kaiserl. Fideicommiss-
Bibliothek, der fürsterzbischötl. Bibliothek in Kremsier und Anderer, in
einer ziemlichen Anzahl kostbarer Exemplare vorhanden sind. Sie sind
eben so bemerkenswerth um ihrer buchbinderischen Technik willen wie
wegen der zierlichen Ornamentation, die theils in goldener Handpressung
besteht, theils gleichmäßig tief in das Leder eingedrückt und mit wech-
selnden Farben ausgefüllt ist. Die vorhandenen Beispiele, in zwei Pulten
aufgestellt, gehören den neueren Jahrhunderten, zumal dem 16. und 17. an.
Auch sie empfehlen sich in verschiedener Beziehung dem eingehendsten
Studium der Decorationszeichner und Lederarbeiter. Weniger ist das mit
den persischen Buchdecken der Fall, deren blumige und figürliche Lack-
malereien stets mit großem Vergnügen betrachtet werden wie Alles, was
von Persien kommt, dessen Bewohner ehemals die Künstlernation des
Orients waren; doch ihre Art, die uns immer fremd bleiben würde, ist
für uns nicht anwendbar. Aber indem sie nicht ohne Reize sind und
unsere Kenntniss erweitern, sind sie auch auf dieser Ausstellung eine
willkommene und angemessene Erscheinung.
ln der modernen Ahtheilung, welche den groBen Saal Vl fast voll-
ständig einnimmt, glänzen nicht allzu viele Namen, aber was wir brauchen,
um auf dem Gebiete der Buchbinderei über die herrschenden Geschmacks-
richtungen orientirt zu sein, das ist in völlig ausreichendem Maße vor-
handen. Wien, Leipzig,'Paris und London sind ohne Frage die leitenden
Städte: wie hier und dort gearbeitet wird, darüber können wir uns genü-
gende Kenntniss, ein genügendes Unheil verschaffen.