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Hummer 12 
Internationale Sammler-Zeitung 
Seite 185 
behält oor allem nur.den Eindruck, daß es wirklich noch mehr Dinge 
zwischen Himmel und Erdmittelpunkt gibt, als er sich träumen ließ. 
Diese Überwältigung und Demütigung des wissensdurstigen 
Besuchers ist das Hauptziel, dem die meisten TTluseen zustreben. 
Andere suchen belehrend zu wirken, indem sie ins allzu Populäre 
oerfallen, was gar nicht notwendig wäre. Doch genug der Kritik. 
Wie könnte oder sollte es sein? Also: 
Das ITluseum gehört oor allem aus dem Zentrum der 
Großstadt hinaus, auf eine freie, weite fläche, wo es sich, dank 
seiner sternförmigen Anlage, ausdehnen kann für Generationen. 
Kein teuerer Palastbau darf es sein. Wenn schon irgend 
etwas monumentales geschaffen werden soll, um die Stimmung 
zu heben, so kann man ein schönes Portal oder Arkaden bauen. 
Die Sammlungen selbst müssen blaß ebenerdig in einem sozu 
sagen endlosen Raume untergebracht sein, der nur durch leichte 
lllauern unterteilt wird, die beliebig und leicht oerlegt werden 
können. Oberlicht beleuchte! die Räume. Die Einteilung ist streng 
wissenschaftlich, durch konsequente Duichführung logischer Ein 
leilungsprinzipien wird die Darstellung oon selbst auch allgemein 
oerständlich. Die Bibliothek muß im ITluseum aufgeteilt sein (An 
fänge dieses Prinzipes sind bereits in amerikanischen Uluseen zu 
sehen, und zwar befindet sich jedes Buch oder ein Teil desselben 
an dem sachlich zugehörigen Plaße). Um sträfliches Entwenden 
oon Büchern zu oerhindern, gibt es ja oielerlei mittel. 
Ein Katalog erklärt blofj die Prinzipien der Sammlung; alles 
andere ist in form oon Beschreibungen neben den Schaustücken 
zu sehen. Tede neue Errungenschaft des menschlichen Geistes hat, 
der Einteilung gemäß, Platj in diesem ITluseum und wird, sobald 
irgend eine neue Abhandlung oder Entdeckung, ein neues Buch 
oder sonst ein Erkenntnisfortschritt in die Öffentlichkeit gelangt, 
dieser Zuwachs sofort der entsprechenden Stelle des ITTuseums zu 
gefügt. Ein Grundprinzip des ITTuseums muß allerdings sein, dal] 
nur jenes Publikum Einlaß findet, oon dem man oermuten kann, 
daß es aus wirklichem Wissensdrange kommt. Ausflüge oon 
Volksschülern oder Analphabeten werden ferngehalten. 
machen wir nun einen kurzen Rundgang durch das neue 
Gebäude, im Geiste natürlich, denn es besteht ja nicht. Wir treten 
in die Sammlungen der Gruppe des „immer und überall Gleichen“ 
(Chemie-Physik). Die erste Unterteilung bildet die Gruppe „Die 
Elektronen“. Bücher, Apparate und Tafeln erklären uns alles, 
was der menschliche Geist bis jeßt über dies Urding alles Bestehens 
weiß. Die zweite Unterteilung enthält die Gruppe „ßqu der Atome“. 
Sie führt uns den Aufbau der Atome aus Elektronen oor, sowie 
auch die Eigenschaften derselben im einzelnen. Die dritte Unter 
teilung beschreibt uns den „Bau der HToleküle“ aus den Atomen. 
Die Cehren oon den Vaianzen, den additioen molekularen Eigen 
schaften, der inneren Energie und den Schwingungen im HToleküle 
gehören hierher. Die oierte und ietjte Unterteilung führt uns die 
„Wechselwirkungen oon Elektronen, Atomen und lllolekülen“ oor. 
Hierher gehören die ganzen Schwingungsregelmäßigkeiten; Schall 
einerseits, Wärme, Eicht, Schwere, Elektrizität und ITlagnetismus 
andererseits, sowie anschließend die Beziehungen zwischen Wärme 
und Aggregatzustand, Druck und Temperatur. 
Wir uerlassen nunmehr das Gebiet des „ewig und überall 
Gleichen“ und begeben uns in die zweite Hauptabteilung des ITTu- 
seums, in die Sammlungen der „Welfallgeschichfe“ (Astronomie im 
weitesten Sinne) oder der „Cehre 00m Hergange des einmaligen 
Ereignisses der Entstehung der Welt und ihrer Entwicklung bis 
auf den heutigen Tag, einer llußanwendung 00m „immer und 
überall Gleichen“. 
Bücher, Tafeln und ITlodelle zeigen uns die Eigenbewegungen 
der fixsferne und die Vermutungen über ihre Entstehung, zeigen 
uns Bilder der Planeten und bringen alles, was man über den 
fortschreitenden Erstarrungsprozeß und über die Zusammenseßung 
der Himmelskörper weif], sowie über den aus den Eigenbewegungen 
gefolgerten mutmaßlichen Aufbau des Unioersuins. 
Von dieser zweiten Hauptabteilung zweigt eine Sammlung 
ab, die der Detailschilderung der Erdgeschichte gewidmet ist. 
Wie sehen die Erde in den ersten Stadien ihrer Erstarrung 
und die Gesteinsbildungen dieser Perioden mit Angaben über die 
experimentell ermittelten Schmelz- und Erstarrungsbedingungen 
dieser Gesteine, ln den nächsten Reihen oon Schaukästen sehen 
wir die Cebemesen in ihrem ersten Auftreten nach geographischen 
Verbreitungsgebieten geordnet, niedere Wände, welche einen Teil 
der langen Reihe oon Schaufischen oon der nächstfolgenden, geo 
logisch jüngeren Reihe trennen, bedeuten, daß in diesen Erdgebieten 
ein geologisches Ereignis eine neue Formation schuf, während in 
den anderen Erdgebieten ruhige Weiterentwicklung der oorhandenen 
Tier- und Pflanzenformen stattfinden konnte. Ausführliche Karten 
darstellungen erläutern die Verteilung oon fand und Wasser auf 
der Erde zur Zeit dieser Formationen und die bisher nachgewiesenen 
Zonen oon Tiefsee, Flachsee, Strand, Festland, Riff, Fluß, See, Ge 
birge und Gletscher, farbige Bilder helfen der Phantasie des 
Caien nach, sich die damalige Eandschaff oorzustellen. Gleichzeitig 
werden die wichtigsten tektonischen Ereignisse dieser Epoche an 
geführt und der Einfluß, der durch sie bedingten Veränderungen 
der Erdoberfläche auf Verbreitungsgebiete und indioiduelle Weiter 
entwicklung der Tebewesen. Auch die nach oerschiedenen mefhoden 
ermittelten mutmaßlichen Daten, betreffend das Klima der einzelnen 
Gebiete und das Alter der Formationen, sind überall angegeben. 
Überdies befindet sich ja bei jedem Kasten auch die gesamte, 
seinen Inhalt betreffende wissenschaftliche Ciferatur im Original, 
beziehungsweise in Abschrift oder Überseßung ln dieser Weise 
ist die ganze erdgeschichtliche Sammlung übersichtlich aufgestellt. 
Eine Spezialsammlung gliedert sich bei den jüngsten Formati 
onen oon dieser erdgeschichtlichen Sammlung ab. Sie ist der 
nienschengeschichte gewidmet. Vom ersten Auftreten des ITTenschen 
in den oerschiedenen Weltteilen angefangen, stellt diese Sammlung 
die körperliche und geistige Entwicklung des fflenschengeschlechts 
bis auf den heutigen Tag dar. Da alle gleich alten Kulturstufen 
analog der erdgeschichtlichen Sammlung in derselben Tischreihe 
ontergebrachf sind, eröffnet sich uns ein übersichtliches Bild oon 
Erwachen, Blüte und Verfall der oerschiedenen Kulfuroölker. Wieder 
zeigen niedere Holzwände zwischen den Tischreihen den Einbruch 
großer Ereignisse an, Karten illustrieren die kriegerischen Unter 
nehmungen und Völkerwanderungen, mährend die kulturellen und 
geistigen Fortschritte jeder Entwicklungsphase eines Volkes beige 
fügt sind. Eine streng logische Einteilung muß natürlich bis ins 
kleinste Detail gewahrt bleiben. So beispielsweise die Darstellung 
der Fortschritte auf dem Gebiete des Maschinenwesens: da alle 
maschinell einer Ausniißung, respektioe Umformung oon Energie 
in eine den ITTenschen brauchbare Form dienen, so ist hiermit auch 
das Einteilungsprinzip gegeben. Erstens: die Fortschritte auf dem 
Gebiete der Umwandlung der Richtung einer Kraft, zweitens: der 
Arbeit, also des konstanten Produktes Kraft mal Weg und drittens: 
des Effektes, d. i. des konstanten Produktes Kraft mal Weg mal 
Zeit. Wie interessant ist cs, lediglich die Fortschritte in der Um 
wandlung geradliniger Kraftwirkung in rotierende und umgekehrt 
durch alle Zeitalter menschlicher Kultur zu oerfolgen, und. ideal 
gelöst ist dieses einfache Problem auch heute noch nicht. Wie 
rastlos sind ferner die Fortschritte auf dem Gebiete der Ausniißung 
natürlicher Energiequellen und der Umformung ihrer Energie. 
Die Fortschritte der Kunst und der Erkenntnis sind ebenfalls 
den einzelnen Kulturstadien der Völker beigefügt und erläutert. 
Wir sehen, wie sich die nachbildende Kunst, schon im Steinzeit- 
alter mit der Plastik beginnend, über das Relief zur ITTalerei und 
Zeichnung entwickelte, wie die ATotioe sich beständig änderten etc. 
Aus dieser gleichzeitigen und systematischen Darstellung der Ent 
wicklung der Völker auf den Gebieten oon Körperbau und Geistes 
kraft, Handwerk, Politik, Kunst und Wissenschaft ist es möglich, 
uns ein großes Kulturbild der einzelnen Völker zu machen. 
Wir kehren zurück zum Portalgebäude. Hier herrscht emsiges 
Getriebe, denn ständig laufen aus aller Welt neue Sendungen mit 
Büchern und Objekten ein, ein eigenes Auskunfts- und Telegraphen 
bureau ist bemüht, all die zahlreichen Anfragen aus allen Erdteillen, 
mieuiel und was man oon dem und jenem misse, in allen 
Hauptsprachen zu beantworten. Ein anderer Komplex kleiner Ge 
bäude gegenüber dem Eingänge des ITTuseums enthält Wissenschaft-
	        
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