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Volltext: Monatszeitschrift VIII (1905 / Heft 9)

in der Anwendung von Gold 
in Relief und mit geplätteten 
Mustern und so ward er nach 
und nach seiner selbst und seiner 
Technik sicher. Die Illuminie- 
rungen für eine alte Legende, 
„Le Bonhomme Misere", waren 
seine erste vollständige und 
wichtige Arbeit. Tatsächlich be- 
griffGranie hier zum ersten Mal 
die Gelegenheiten, welche mo- 
derne Sujets solcher Arbeit bie- 
ten. Er legte Ziem einige Studien 
der Kirche zu Vaux vor, und 
trotz der Meinung des Meisters, 
daß Illuminieren sich nur für 
symbolische Gegenstände eigne, 
ließ sich Granie, stark in seiner 
Überzeugung, nicht entmutigen 
und fand wertvolle Ermunterung 
in einigen erhabenen Geistern, 
die sein Talent verstanden und 
seinen Erfolg voraussahen. 
Er machte sich an ein anderes 
Buch, „L'Ecriture des Anges". 
Wenn man dieses Buch durch- 
blättert, kann man nicht umhin, 
in den ersten Seiten Erinnerun- 
gen an mittelalterliche Ornamentik zu erkennen; doch bald bemerkt man, wie 
der Künstler diesen Einfluß abschüttelt und wie seine Individualität trium- 
phierend hervortritt. Seither ist Granie stets fortgeschritten und als 1897 
Herr Perivier ihn einlud, die Eröffnung der Ausstellungssäle des Figaro mit 
einer Ausstellung seiner Zeichnungen und Miniaturen einzuweihen, war Granie 
in der Lage, eine höchst interessante Sammlung vorzuführen. 
Die Illuminierkunst war vollständig ausgestorben: Granie flößte ihr mit 
einem Male neues Leben ein. Die Präzision seiner Ausführung und die Art 
seiner Ornamentik bezeichnen ihn als den Apostel der modernen französischen 
Illuminierkunst. Wohl mag man ihm für die Wiederbelebung einer Kunst 
danken, welche von vielen vergeblich versucht wurde, aber trotzdem eine 
wichtige Stellung als Chronik eines Stadiums künstlerischer Entwicklung 
einnimmt. In Frankreich hielt man sie stets in Ehren; Dante erwähnt die 
Liebe der Franzosen für durch Malerei verzierte Bücher und spricht von 
Paris vorzugsweise als Heimat geschickter Miniaturmaler. Das früheste so 
verzierte Buch, das uns erhalten ist, ist der Virgilius in der Vatikan-Bibliothek, 
J. Granie, Buchschmuck 
63'
	        
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