MAK
Seite 10 
Internationale Sammler-Zeitung 
Nr. 1 
Chronik. 
Ansichtskarten. 
(Der Verkauf von Künstlerkarten.) Wiener Blätter 
melden: Ein für Händler mit Ansichtskarten beachtenswertes 
Urteil fällte Bezirksrichter Dr. Pohl der Josefstadt. Die 
PapierhändlerinKaroline Hofmann hatte sogenannte Künstler- 
Ansichtskarten, Reproduktionen von Meisterwerken der 
Malkunst, verkauft und war deshalb wegen Übertretung des 
Preßgesetzes angeklagt. Die Beschuldigte verantwortete sich 
dahin, daß Künstlerkarten fast in allen Papierhandlungen 
verkauft werden. Der Richter verurteilte die Angeklagte zu 
zwei Kronen Geldstrafe und erteilte ihr die Rechtsbelchrung, 
daß nach unserer Gesetzgebung nur Ansichtskarten, die den 
häuslichen Bedürfnissen dienen, allgemein verkauft 
werden dürfen, Reproduktionen oder Karten künstlerischer 
Art zu verschleißen, dazu seien ausschließlich Kunsthändler 
berechtigt. 
Bibliophilie. 
(Ankauf der Wendland-Bibliothek.) Die an philo 
logischen und archäologischen Werken sehr reiche Bibliothek 
des verstorbenen Professors Wendland von der Göttinger 
Universität ist von der deutschen Regierung für die neuer 
öffnete Universität Warschau erworben worden. 
(Die Luzerner Kantonsbibliothek.) Auf der Jahres 
versammlung des Historischen Vereins der V Orte in Schwyz 
am 13. September v. J. wurde beschlossen, die Bibliothek 
des Vereins dem Staat Luzern zu schenken. Nun ist diese 
Bibliothek der Luzerner Kantonsbibliothek übergeben worden. 
Sie umfaßt 7600 Bände und eine umfangreiche Sammlung 
von Broschüren und Kunstblättern. Der Historische Verein 
der V Orte ist unmittelbar nach seiner Gründung (10. Jänner 
1843) mit in- und ausländischen Gesellschaften in regen Tausch 
verkehr getreten, was seiner Bibliothek manch wertvollen 
Zuwachs verschaffte. Reichliche Mehrung erfuhr die Sammlung 
auch durch zahlreiche Geschenke. 1873 erwarb die Bibliothek 
den kostbaren Band: Copier- oder Missivenbuch, enthaltend 
Original-Urkunden aus den Jahren 1474 bis 1499 über die 
kirchlichen Wirren in Konstanz zwischen Ludwig von Freiberg 
und Otto von Sonnenberg. Dem Sammelband liegt eine Ver 
teidigungsschrift Ludwigs von Freiberg bei, ein sehr seltener 
Inkunabeldruck. Die Bibliothek des fünförtigen Vereins 
wurde zuerst in der Luzerner Kantonsbibliothek unterge 
bracht, aber getrennt von ihr verwaltet. Von dort kam sie für 
einige Zeit in das Gebäude der Ortsbürgergemeinde und dann 
in das Haus des Archivars Th. von Liebenau. Seit- 1906 
befindet sie sich wieder im Gebäude der Kantonsbibliothek. 
Als Vereinsbibliothekar wirkte während 33 Jahren der der 
zeitige Präsident des Vereins, Herr Professor Dr. Leopold 
Brandstetter, der sich um die Sammlung hochverdient 
gemacht hat. Nach dem Schenkungsvertrage sollen nun die 
Bibliotheksbestände für alle Zeiten in Luzern verbleiben. Die 
Kantonsbibliothek hat die Obsorge für die Sammlung, die aus 
einer halböffentlichen eine öffentliche geworden ist, über 
nommen. Die Einverleibung brachte der Kantonsbibliothek, 
abgesehen von vielfach wertvollen Werken, einen neuen fort 
laufenden Zuwachs von 147 historischen Zeitschriften und 
bedeutet für sie eine namentlich in wissenschaftlicher Beziehung 
sehr hoch einzuschätzende Bereicherung. Die Luzerner Kantons 
bibliothek enthält nunmehr rund 110.000 Bände. 
(Ausstellung seltener Shakespeareausgaben.) An 
läßlich der Jahrhundertfeier Shakespeares (1916) wird, wie man 
uns. berichtet, in Boston eine Ausstellung seltener Aus 
gaben der Werke des großen Dramatikers veranstaltet werden. 
Sie wird u. a. die vier ersten Werke in Folio sämtlicher Werke 
Shakespeares enthalten sowie eine große Anzahl zeitgenössi 
scher, Drucke einzelner Dramen und Komödien im Original 
oder in Faksimile. Das bemerkenswerteste Dokument der 
Ausstellung wird der Pergament-Originalband bilden, der 
die Autographen der Teilnehmer an der bekannten Ausgabe 
Boydell enthält, die von den Malern der sogenannten „Ersten 
englischen Kunst-Schule", von Reynolds, Romney und Gains- 
borough, illustriert wurde; Der Band beginnt mit den Unter 
schriften Georgs III., der Königin Charlotte und des Piinzen 
von Wales; auf den folgenden Seiten begegnet man den Namen 
der berühmtesten Männer und Frauen aus der 2. Hälfte des 
18. Jahrhunderts. 
Bilder. 
(Dürers kleiner Kruzifixus eine Fälschung?) Aus 
Dresden wird uns gemeldet, daß der Kunsthistoriker Kehrer 
in der letzten Sitzung der Kunstwissenschaftlichen Gesellschaft 
in München einen Vortrag hielt, worin er den Diirerschen 
kleinen Kruzifixus in der Dresdener Gemäldegalerie als 
unecht erklärte und nachzuweisen versuchte, daß das Bild 
von einem Nachahmer Dürers, etwa im Jahre 1600, gemalt 
worden sei. Die Dresdener Galerie hat das Werk 1865 erworben, 
und zwar aus dem Nachlaß des Wiener Kammermedailleurs 
J. D. Böhm. Die „Dresdner Neuesten Nachrichten“ erfahren 
aus maßgebender Stelle, daß die Mitteilungen Kehrers dort 
nicht sonderlich überrascht haben, weil bereits der vorstorbene 
Professor Wickhoff und auch Tschudis Nachfolger, Dörn- 
liöffer in München, dieselbe Meinung vertreten hatten. An 
scheinend liegt der Nachahmung eine Dürer-Zeichnung zu 
grunde. 
(Ein Bildnis des Comenius von Rembrandt?) 
In Florenz hängt in der Galerie Pitti das Bildnis eines Greises 
von Rembrandt, das auffallend ähnlich dem vor einigen 
Jahren im Amsterdamer Reichsmuseum aufgefundenen und 
zweifellos authentischen Bildnis des Comenius ist. Die „Monats 
hefte der Comenius-Gesellschaft" weisen nun darauf hin, 
daß der Dargestellte auf dem Florentiner Bildnis kein anderer 
als Comenius ist. Comenius lebte von 1656 bis 1670 in Amster 
dam; Rembrandt starb 1669. Es ist durchaus wahrscheinlich, 
daß Rembrandt, der, nach neueren Forschern, selbst religiöser 
Sektierer und sogar Mennonit gewesen ist, zu Comenius in 
persönlicher Beziehung gestanden und ihn auch gemalt hat. 
(Unbekannte Wandmalereien Goyas.) In der spa 
nischen Kunstzeitschrift „Boletin de la Sociedad, Espaniola 
de Excursiones" werden von dem Erforscher der Kunst in 
Aragonien, Ricardo del Arco, Aufnahmen und Daten mehrerer 
bisher gänzlich unbekannter Wandgemälde Goyas ver 
öffentlicht. Diese Malereien wurden zu Zaragoza im Palacio 
Sobradiel aufgefunden, der heute der Familie Condes de 
Gavarda gehört. Die Wandgemälde sind 1-30 m hoch und stellen 
religiöse Motive dar. So sind die „Heimsuchung", die „Be 
weinung Christi", die „Erscheinung des Engels an den heiligen 
Joseph", sowie Gestalten von Heiligen wiedergegeben. Die 
Malereien stammen aus der früheren Zeit Goyas und sind 
im Aufträge des Don Joaquin M. Cavero, Conde des Solvadiel, 
ausgeführt' worden. 
(Ein Nelson-Porträt.) Die Londoner Polizei hat —- 
laut Berichten der „Times" — eine Miniatur Lord Nelsons 
beschlagnahmt, die bei dem Pfand leihhause Clears u. Co. 
für 1 Pfund von einem Kutscher versetzt worden war. Das 
Bild, eine sehr gute Arbeit, vermutlich von Cosway, wird 
auf reichlich tausend Pfund Sterling geschätzt. Die in 
Gold gefaßte Miniatur enthält auf der Rückseite eine Locke 
der Lady Hamilton von sattbrauncr Farbe, die von einem 
Anker aus Perlen auf blauem Emailgrund umschlossen ist. 
Der Kutscher behauptet, seine Frau habe das Bildchen von 
ihrem Vater, einem Bäcker in Brighton erhalten, der es. vor 
vielen Jahren von einem Kunden zur Deckung einer Schuld 
erhalten habe. Bis zur genügenden Aufklärung der Herkunft 
bleibt das Bild in den Händen der.-Polizei.
	        
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