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nuel I. ist noch der gothische, dessen üppige Wncherungm bald zwischen sich Renais-
sanceformen aufnehmen, aus deren Gemisch ein bei Gegenständen der Kleinkunst oft recht
reizenden Ensemble entsteht. Ihre Ornamentik entspricht völlig jener, die wir oft auf Bil-
dern eines Mabuse und Bernhard von Orley sehen, und ähnliche Einwirkungen, wie sie
etwa bei diesen Meistern Statt hatten, das Festhalten an der ültem niederländischen Weise
und das theilweise Aufnehmen italienischer Renaissance-Elemente hatten auch bei der Geld-
schmiedekunst in Portugal analoge Wirkungen. Spät noch, selbst weit diesseits der Mitte
des 16. Jahrhunderts, begegnen wir an den portugiesischen Goldschmiedearbeiten gothische
Formen. Isu Laufe dieses Jahrhunderts zeigt sich auch an vielen Werken entschieden von
Deutschland her aus den Augsburger und Nürnberger Kuustwerkstätten Ueberkommenes,
was durch die verwandtschaftlichen Beziehungen des portugiesischen Königshauses mit
dem kunstliebenden Kaiser Maximilian leicht erklärlich wird. Aber auch noch in den
schon wenigstens von gothischen Znthaten völlig reinen Werken der Renaissance lassen
sich bestimmte loeale Eigenthiimlichkeiten erkennen. Vornehmlich ein schon bei der frü-
hem Epoche bemerkter Hang zu grosser Fülle der Gestaltung, die selbst krause Ueber-
ladung wird, bei figürlichen Darstellungen im Allgemeinen kein besonderer Sinn für An-
ordnung und meist kurze Körperverhältnisse. Die Technik ist eine ileissige, wenn sie auch
selbstverständlich nicht eine solche ist, wie sie an den Brennpunkten des Knnstschatfens
geübt wurde.
Ein hervorragendes Schaustück von grosser Pracht und ein Hauptwerk der portu-
giesischen Goldschmiedekunst war ein Ostensorium, das einst König Manual I. aus dem
ersten Golda, das Vasco de Gama aus Indien brachte, hatte fertigen lassen. Zu einer
Höhe von etwas mehr als zwei Fuss haut es sich in überreicher Ornamentik aus einem
geschwungenen Fasse auf; - der farbige Glanz des Emailes, die iiligransrtige Durchfüh-
rung der Einzelnheiten und die schöne Farbe des verwendeten Goldes geben dem Ganzen
eine so feine und harmonische Wirkung, wie wir sie nur an Knsserst wenigen erhaltenen
Arbeiten beobachten. Den Mitteltheil scbliessen Seitenpfeiler ein. an deren schmalen
Seiten sich in Nischen kleine Engelsgestalten befinden mit verschiedenen Musikinstru-
menten in den Händen; in der Mitte rings um die Lunula herum die Apostel in knieeuder
Stellung auf kleinen Consolen gruppirt. In der Höhe darüber Gott Vater und von ihm
ausgebend die Taube. Die Gewänder der Figuren sind in Email translncid und die ga-
schmackvollen Musterungen darauf in höchst zarter Weise in die ausgesparten Stellen ein-
gravirt, die Fleischtheile in opakem Email und die gewundenen Siiulchen, Consolen und
Schnörkelwerk überall in buntem Email auf's zierlicbste incrnstirt. Die Jahreszahl der
Verfertigung ist 1506 und inschriftlich nennt sich als Verfertiger ein Meister „ Aqn sbov e",
über dessen Leben und sonstige Arbeiten, so wie auch über seine Herkunft bisher alle
nähern Angaben fehlen.
Ganz ähnlich dem eben beschriebenen Ostensorium in Behandlung und Kunststyl,
jedoch von minderer Dnchliihrung, waren noch einige andere kirchliche Geräthe, Vortrage-
kreuze, Bischofstäbe etc., zumeist dem Kloster Belem gehörig.
Eine „Pax" aus ciselirtem Silber, ebenfalls aus der Epoche Manuel I. stammend,
durch die Anordnung: Maria unter einer aus Resenlaub gebildeten gothischen Architektin,
mit dem Christkinde auf dem Arme auf dem Halbmonde stehend. Zwei Engel halten eine
Krone ober ihrem Haupte. Rechts und links unter kleinen Baldachinen auf gewundenen
Siiulchen Moses und der h. Petrus einerseits, auf der andern Seite der h. Paulus und König
David. Das Rosenlaub selbst formt sich unten zu einer Handhabe. Die Zeichnung der
Figuren erinnert lebhaft an die Art der Nürnberger Schule vom Beginne des 16. Jahr-
hunderts, und es offenbaren sich an diesem und auch an andern Stücken der Kleinkunst
Beziehungen zwischen Deutschland und Portugal. wie sie auch auf dem Gebiete der Ma-
lerei zweifelsohne bestanden haben. Soll ja der Ueberlieferung zufolge der grösste portu-
giesische Maler Gran Vasco ein Schüler Albrecht Diirers gewesen sein, was allerdings
der Verschiedenheit der Lcbenszeiten beider nach unmöglich, aber immerhin ein Zeugniss
ist, dass das Bewusstsein eines Zusammenhanges zwischen portugiesischer und deutscher
Kunst bestanden hat.
Eine kleine Sammlung liturgischer Gewänder enthielt nur Stücke aus dem 16. und
lT. Jahrhundert, deren Stoffe aber aller Wahrscheinlichkeit nach fremdliindiseher Fabri-
cation waren. In den entlegenen Klöstern und Kirchen inmitten des Landes mag noch so
manches kostbare Stück früherer Zeiten bewahrt sein, leider war davon nichts zur An-
schauung gebracht.
Ziergefisse, Kannen und Schüsseln aus dem 16. und I7. Jahrhunderte waren in
schönen Exemplaren und grosser Anzahl ausgestellt. Ausgezeichnet durch elegante Form
eine Kanne von vergoldeten und ciselirtem Silber mit einer getiiigelten Schlange als
Henkel. Prachtschiisseln in getriebene: Arbeit reich und sorgfältig ausgeführt, doch zu-
meist an den schon oben erwähnten Mängeln der Ueberladung leidend. Zumeist wieder