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möchte ich da eine Reiterstatuette (Nr. 1573), die in ihrer lebhaften Be-
wegung, in ihrer derben Charakteristik an die Paduaner Richtung des
Vollano und Riccio erinnert. Der dargestellte Reiter trägt antikisirende
Rüstung und scheint als Anführer einer Kriegerschaar gedacht; denn
seitlich gewendet ist der Oberkörper und besonders der Kopf, weitgeöffnet
der Mund, so dass man einen Commandirenden vor sich zu haben meint,
der sich gegen die Untergebenen halb zurückwendet und mit lauter
Stimme ihnen seine Befehle ertheilt. Die Rechte (gleichfalls in einer
Haltung, welche weder der Ruhe, noch dem Kampfe angehört, sondern
der leitenden Bewegung eines Cornmandanten gar wohl entspricht) hielt .
ein Schwert, von dem allerdings nur mehr der Griff erhalten ist. In der
Linken hält der Reiter einen runden Schild. Das Pferd trabt lustig und
schnaubt oder wiehert. Ein lebensvolles Bild.
Ein interessanter Zufall ist es, dass sich unter den von Sr. Durch-
laucht Fürst 10h. Liechtenstein ausgestellten Bronzen eine wenig variirte
Wiederholung dieser Statuette findet (Nr. 736), welche übrigens kaum
auf gleicher künstlerischer Höhe mit der beschriebenen Bronze steht.
M. Spitzer macht mich auf zwei alte Wiederholungen seiner Reiterstatuette
aufmerksam; die eine sei im Berliner Museum, die andere hätte sich in
Genua befunden. Vielleicht ist die Statuette bei Liechtenstein identisch mit
der Genueser Wiederholung.
Von eigenthümlichem Reiz sind zwei lebensgroße Büsten, die einer
alten Frau mit schiefgezogenem Munde und die eines Jünglings, dem der
erste Bart sprießt. Zwar sind sie in der künstlerischen Behandlung sehr
ähnlich, gehören aber kaum als Pendants zu einander. Der Realismus
dieser Porträte und eine gewisse Härte lassen uns die beiden Kunstwerke
bezüglich ihrer Entstehungszeit noch nahe an 1500 herabrücken. Sie ge-
hören wohl der paduanisch-venetianischen Schule jener Zeit an. Entfernte
Verwandtschaft zeigen sie mit den Terracotta-Büsten des Alessandro
Vittoria, welche zu den Zierden unseres Museums gehören. Wie mir Herr
Spitzer mittheilt, befindet sich bei Herrn Basilewski eine Wiederholung
von der Büste der alten Frau. Der Künstler lässt sich wohl einstweilen
nicht bestimmen.
Einer späteren Zeit als diese beiden Büsten, einer Zeit, da schon
Eleganz und Glätte das Uebergewicht über die einzig angestrebte Charak-
teristik gewonnen haben, gehört ein Mercur an (Nr. 1587), der sich an
einen Baumstamm lehnt. Er hält den Caduceus in der Hand und blickt
auf den Bacchusknaben herab, der zu seinen Füßen sitzt. Eine wohl sehr
stark restaurirte Antike, die Clarac abgebildet hat (Musee de sculpture
Pl. 65g, 1519), zeigt dasselbe Motiv. Genau dieselbe Attitude, wie Spitzer's
Mercur, begegnet man an der schönen Liechtenstein'schen Bronze Nr. 744.
der Ausstellung. Die letzterwähnte Figur hat auch ungefähr dieselben
Dimensionen wie der Mercur bei Spitzer und dürfte derselben Werkstätte
angehören.