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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XII (1877 / 136)

Die Plastik ist jener Zweig der bildenden Kunst, für welchen das 
deutsche Publicum am wenigsten praktisches Verständniss hat. Ueberall 
in Oesterreich und in Deutschland haben daher die Bildhauer mit Hemm- 
nissen mannigfaltiger Art zu kämpfen. Zu diesen ererbten deutschen 
Uebelständen kommen noch einige specifisch wienerische, um nicht zu 
sagen österreichische, hinzu. Aber da trotzdem in Wien sich gegenwärtig 
ein lebendigeres Interesse für diesen Zweig der bildenden Kunst zeigt, 
was wir gerne als eine Wendung zum Besseren begrüssen wollen, so ist 
es vielleicht gerechtfertigt, die Plastik Wiens, die als ein selbstständiges 
Glied der deutschen Plastik zu betrachten ist, etwas eingehender zu be- 
handeln. 
Wer die Plastik Wiens in der Gegenwart beurtheilen will, muss 
seinen Blick auf die Zustände dieser Kunst im Anfang dieses Jahrhun- 
derts lenken. Auch hier ist die Vergangenheit der Schlüssel zum Ver- 
ständniss der Gegenwart. 
Die Zeit der Barockkunst weist zahlreiche Kunstwerke und Künstler 
auf. Das war die Zeit, wo prunkvolle Paläste, Kirchen und Abteien, 
Gartenanlagen in grossem Style geschaßen wurden. Bildhauer hatten 
vollauf Beschäftigung. Die Stadien der Entwicklung bezeichnen die Ma- 
riensäule arn Hof nach -dem Entwurfe des Hofarchitekten und Theater- 
malers Ludwig Burnaccini (1652-1690), in Erz gegossen im Jahre 1668 
von Balthasar Herold (geb. zu Nürnberg 1625, gest. in Wien 1683); die 
Dreifaltigkeitssäule am Graben (1686-1693) desselben Burnaccini mit den 
höchst charakteristischen Marmorfiguren und Reliefs von den Tirolern 
Paul von Strudel, Fruhwirth und Rauchmiller. Ihnen folgen Corrodini's 
Brunnen auf dem Hohenmarkt (1729-1733, ausgeführt nach den Plänen 
von Fischer von Erlach); Lorenz Mathiellfs Steinfiguren an der Reichs- 
kanzlei, der Karlskirche und Michaelerkirche; Rafael Donner's Brunnen 
am Mehlmarkt (1738-1739), Ohne Frage das bedeutendste Werk der 
Barockzeit Wiens; Schletterefs und Mader's Reliefs an den Säulen der 
Karlskirche und die zahlreichen statuarischen und Decorationsarbeiten von 
dem Baier Hagenauer (geb. zu Strass 1732, gest. in Wien 1810) und von 
Bayer (geb. zu Gotha 1729, gest. in Hietzing 1797) im Schönbrunner 
Park, um mit diesen wenigen Werken nur einige Stufen und Höhepunkte 
der Barockkunst zu bezeichnen. Auch die Medailleurkunst jener Zeit 
weist eminente Künstler auf. Eine als Mensch und Künstler gleich 
originelle Erscheinung war F. X. Messerschmidt, ein Baier von Geburt 
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