Ebenderselbe architektonische Charakter des barocken Eisengitters
veranlasste aber auch eine Umänderung in der Form des Stabwerkes.
Der runde Zein der früheren Zeit tritt in den Hintergrund und weicht
dem viereckigen Stabe, welcher an den constructiven Theilen als Analogon
des eckigen Steinbalkens nun allein am Platze erscheint. Der architek-
tonische Pilaster wird nun sozusagen transparent dargestellt, indem der
Raum zwischen zwei Einfassungsleisten mit dünnem Schnörkelwerk gefüllt
wird, dazu kommen getriebene oder aus Blech geformte Capitäle, Vasen,
wie sie am Gebäude Dach und Geländer zieren, ebenso plastische Wappen,
Figuren und Monogramme, den oberen Abschluss bildet in der Regel beim
Thote, wenn es von keinem gemauerten Rahmen eingeschlossen ist, der
Volutengiebel des römischen Jesuitenstiles. Das alte Füllungsmotiv der
Ranke tritt in streugerer Weise bei solchen Gittern des Barockstiles an-
länglich noch zuweilen entgegen - einige unserer älteren Beispiele in der
genannten Sammlung geben davon Zeugniss - später verdrängt es das
von der Stuccodecoration des vergoldeten Plafonds und der Wände her-
kommende Motiv des rautenförmigen Netzes. Die Blumen verlieren ihre
einstmalige Korkzieherform und werden mit den zierlichsten Nachahmungen
natürlicher Bouquets und Guirlanden in Blecharbeit vertauscht, endlich
findet das Motiv der ausgeschnittenen Decke mit angehängten Quasten in
derselben Technik sehr häufige Verwendung. -
Wenn die Prachtgitter und sonstigen Eisenwerke Altwiens vorzugs-
weise den Charakter der französischen Barocke manifestiren, so kann uns
solches keineswegs Wunder nehmen. Zur Zeit Karls Vl. beherrschten aller-
dings die ltaliener, welche damals in Schaaren nach dem gesegneten Oester-
reich gezogen kamen, noch immer das Terrain, und die Architektur, stets
diejenige unter den Künsten, welche den Typus ihrer Schwestern bestimmt
hatte, trug in den Händen ihrer vornehmsten Vertreter, der Fischer, Mar-
tinelli etc. durchaus noch ein wälsches Gewand, aber schon Hildebrand
mit seiner epochemachenden Schöpfung des Belvederes schlug entschieden
die französische Richtung ein, welche unter Maria Theresia und Joseph
in Geltung blieb. Dazu kommt ferner der wichtige Umstand, dass der
Chsrakterder gestochenen Mustervorlagen, deren Einfluss auf das damalige
Kunsthandwerk in der Regel zu gering geschätzt wird, ein vorherrschend
französischer war. Die verbreitetsten Handbücher und Musterblätter dieser
Art, die zu jener Zeit in Aller Händen waren, athmen denselben Geist,
so jene Johann Daniel Preisslefs aus Nürnberg (1666-1737), Gottfried
Bernhard Götz' in Augsburg (1708-4774), Franz X. Habermamfs, daselbst
(1721-1796), Johann Michael Feichtmavfs, daselbst u. v. A. Auch dürfen
wir nicht übersehen, dass seit 1758 in der Residenz über Veranlassung
des umsichtigen Fürsten Kaunitz eine Schule für Fabrikanten errichtet
war, in der nach Kurzbeclös ausdrücklicher Bemerkung auch Schlosser
nebst anderen Gewerbetreibenden Beschäftigung und Unterweisung fanden,
und dass Kaunitz während seines Aufenthaltes in Paris auf diesen Gedenken