Sämmtliche der vorstehend beschriebenen Stoffe, mit Ausnahme
eines einzigen (Nr. 1), fanden bereits chronologische und Localitäts-
bestimmungen theils durch Bock (Geschichte der liturg. Gewänder) und
Hinz, theils durch die im Werke des Letztern mitgetheilten Gutachten
der Orientalisten Fraehn und Wilken über die unter Nr. 2 und 3 an-
geführten Gewebe. Allein die daraus gewonnenen Ergebnisse sind, wie
wir sehen werden, keineswegs befriedigend. Hauptsächlich ist es indess
nur die bedeutende Arbeit von Bock, auf welche ich mich hier öfters
werde beziehen müssen; denn gerade hinsichtlich ihrer ergibt sich der
wichtige Zweifel, ob bei den daselbst gegebenen Bestimmungen unserer
Stoffe mehr eine willkürliche Auffassung oder gewisse feste wissenschaft-
liche Principien massgebend gewesen seien. So sehr man das letztere
bei der meist vorbehaltslosen Sicherheit in den getroffenen Zutheilungen
voraussetzen sollte, drängt sich uns doch hin und wieder die gegenthei-
lige Vermuthung auf. So versetzt Bock, um nur ein Beispiel zu geben,
unsern unter Nr. lO beschriebenen Stoff einmal nach Sicilien in's XIII.
Jahrhundert (vgl. Katalog der ehem. Badischen Samml. etc., Wien 1865,
Nr. 83), das andere hIal in die Mitte des XIV. Jahrhunderts (Geschichte
der liturg. Gew. II. 97, Taf. IX). Eine Entscheidung hier zu trelfen
kann nicht schwer fallen, denn schon ein Hüchtiger Üeberblick über die
letzten Nummern der oben beschriebenen Danziger Gewänder gibt uns
Anhaltspunkte, die sich zugleich bei der chronologischen Bestimmung
dieser oder ähnlicher Gewebe zu gewissen Gesetzen formuliren lassen:
a) Bei Stoßen mit arabischen Inschriften ist wohl zu be-
achten, in wie weit diese auf ein muslimisches Fabricat schliessen lassen.
Mit der geringeren Correctheit ihres Sinnes wird immer eine Verhältniss-
massige Veranstaltung der Schriftzüge Hand in Hand gehen und in gleichem
Grade die Schlussfolgerung auf ein muslimisches Product entfallen.
b) Stoffe, die den Titel "Sultän" tragen, können nicht aus einer
muslimischen Fabrik des Westen (Nordafrika, Süditalien oder Spanien)
hervorgegangen sein; die mubammedanischen Fürsten des Westen führten
im Mittelalter diesen Titel nicht, und es würde den bisherigen durch viele
Beispiele belegten Erfahrungen widerstreiten, wollte man annehmen, dass
bei einheimischen ornamentalen Inschriften in solchen allen die Imitation
eines fremden Hcrrschertitels jenen des Landesherrn verdrängt hätte.
Dasselbe gilt nun auch für die Zeit der christlichen Fürsten Unter-
italiens, welche nach dem Untergangs der muslimischen Herrschaß da-
selbst arabische Sitten und Gebräuche des einen Theils ihrer Unterthauen
an ihren Höfen einführten und arabisches Geld mit ihren Titeln und
Namen prägen liessen.
Schliesslich sind hier noch jene Stoffe muslimischer Fabrication zu
bemerken, die für andere nichlfürstlichc vornehme oder reiche Personen