MAK
Hummer 17 
internationale Sammler-Zeitung 
Seite 263 
auf ein meines Tuch fallen liefen. Wie die Stäbchen zu 
liegen kamen, roelches Bild sie zeigten, darnach befragte 
man das Schicksal. 
Schon lllüllenhaff hat bestritten, daß man dreimal 
je ein Stäbchen aufnahm und die so erhaltenen Zeichen 
auslegte, klein, gerade so mie die Stäbchen auf dem 
Boden durch eigene Fügung zu liegen kamen und roelches 
Zeichen sie hier non selbst bildeten, mar maßgebend, flach 
heute schütten, mie fischbach anführt, Afghanen Pfeile auf 
den Baden und roeissagen aus der Cage derselben. Die 
Chinesen gebrauchen, mie ebenfalls fischbach berichtet, 
Holzstäbchen mit heiligen Zeichen, die auf jedem Altar in 
Bechern stehen; kommt dreimal hintereinander ein Glücks 
zeichen, so ist das Orakel günstig. 
Von diesem Sammeln und Auflegen der Stäbchen 
schreibt sich unser Wort fesen her. Besen bedeutet eben 
ursprünglich das Auflesen der Runenstäbchen, fischbach 
meint, daf3 sich auch unser Wort „Buch“ daher schreibt, 
da man uormiegend Stäbe oan Buchenholz (dem härtesten 
Holz) auflas. Beiläufig sei daran erinnert, dafj mir in 
unserem „Würfeln“ und ähnlichen fotteriespielen heute 
noch eine Sitte haben, die an das altgermanische Stäbchen 
lesen erinnert. Wie die Würfel fallen, darnach befragen 
mir das Schicksal, und mir ziehen noch heute fose und 
giefjen Blei und befragen die Karten. 
Waren nun in jene Stäbchen geheimnisoolle Zeichen 
(Runen) eingeriljt, so dienten auch die Figuren, die die 
Stäbchen beim Schütten bildeten, dazu, bestimmte Zeichen 
zu formen. Sieht man sich die Runen an, so erkennt 
man, dafj ihre Zeichen sich sehr einfach aus den Stäbchen 
und deren Figuren beim L'osmerfen gebildet haben können. 
Das schließt nicht aus, dafj der Teuerkultus oon Einfluß 
auf die Entstehung und Bildung des Runenalphabetes ge 
wesen ist. franz non föher bezeichnet das feuerzeichen 
Sroastika i-j'-j , als roelches auch das oierfache f unserer 
Turner ursprünglich zu erklären ist, geradezu als das 
Wappensymbol der Arier. Als die Herrschaft der römischen 
Kirche im Anstieg mar, rourden deshalb die Runen als 
altheidnische Zeichen zurückgedrängt. Rune bedeutete der 
geheimnisooll geflüsterte, heidnische Zauberspruch (mir 
sagen noch heute: ich raune dir etroas zu ). Sprachlich 
lebt die Rune noch fort in dem heutigen Wort Runzel, 
Runzeln oon Runse-Einschnift, denn die Runen rourden 
eben eingeschnitten. Und mie Runen in die alten Zauber 
stäbchen, ritjt die Zeit ihre Runen (Runzeln) in unser 
Antliß: „roelche Runen soll ich lesen aus den tiefen furchen 
deines Antlitges, o Großmutter?“ 
Wie nun die Runen oon Einfluß gewesen sind auf 
die Buchstaben Gutenbergs 4 , so ist uns in unserem heutigen 
Alphabet eine Erinnerung an jene ältesten Schriftzeichen 
erhalten, freilich ist der mahre und echte Charakter der 
Runen in unserem heutigen Alphabet oielfach oerfälscht. 
falsch ist alles Runde in der Rune. Denn die Runen 
werden gerißt, mit dem ITlesser geschnitten. Deshalb 
mußte selbst der Bogen, der sich an der Thor-Rune P> 
rechts um den Stob legt (mie beim heutigen P, B und D) 
ursprünglich eckig sein. Eckig und kantig ist der Charakter 
des ursprünglichen Runenalphabetes. Die altnordischen 
Runen lassen besonders deutlich ihre Herkunft oom Stäb 
chenlesen erkennen. Solche Runen pflegen mir roohl noch 
heute mit dem Stock in den Sand oder in den Schnee 
oder mit dem ITlesser in den Baum, in das Holz des 
Tisches, der Steinmeß roohl auch in den Eckstein seines 
Baues zu rißen. Auch unser S (Rune S-—Sonne) ist ur- 
3 Röntafd ist die Schreibtafel, der Rönbaum die Esche, unter 
die die Runen geworfen rourden, die Rhön der Cschendistrikt. 
* Vergl. Friedrich fischbach, Ursprung der Buchstaben Outen- 
bergs nebst 16 Tafeln, Ornamente des feuer-Kultus, öutenberg- 
feier 1900, 
sprünglich eckig gewesen und bezeichnete den niederfahren 
den Bliß, besonders charakteristisch im Altgriechischen, 
roo Bliß, Schwert, Eisen, Sonne Zusammenhängen. 
mehrere Runen (Rune H — Häkeln, Rune H=Hot, 
Rune J Jahr) zeigen die Durchkreuzung oder übers Kreuz 
gestellte Stäbchen, mie noch beim heutigen X erkenntlich. 
Dieses Zeichen, das für die ganze Jahrtausend lange Ent 
wicklung der Hausmarken, Siegel, Signets = Zeichen oon 
größter Bedeutung ist, oersinnbildlicht die gekreuzten Hölzer 
des feueraltars. 5 Wir finden es wieder bei den Sfeinmeß- 
zeichen, bei den Tuchgildezeichen, bei den Hausmarken, 
bei den Grenzsteinzeichen und bei den Drucker- und Ver 
legerzeichen (oergl. z, B. dasjenige des Johannes Petrus 
de Bonominis de Cremona, I486, bei dem es sich über 
dem Doppelkreuz mit der Weltkugel befindet. Ähnlich bei 
Bernardo Zuccchetta, florenz, 1489 und Guileimus Schön 
berger de francfordia, lllessina 1498. Bei Johannes et 
Gregorius de Gregorius forlioiensis, Venedig 1487 steht 
es dagegen unterhalb des Doppelkreuzes, inmitten der 
Initialen (eines der schönsten italienischen Druckerzeichen). 
Die Kreuzung wurde aber auch anders gedeutet, näm 
lich als fahnen-Kreuzung so besonders bei Wappen- und 
Waffen-Kreuzung. Als Waffenkreuzung kommt sie bei 
Städteroappen häufig oor, z. B. bei Senftenberg in der 
Bausiß (zwei gekreuzte sächsische Kurschroerter übereiner 
fahne) und Kostrzyn (zwei Degen). Jedenfalls ist also 
bei allen Illonogrammen, Wappen etc. die Kreuzung über 
der Senkrechten, mie sie noch heute auch oom Bauer auf 
dem felde hier und da angeroendet wird, roohl zu unter 
scheiden oon dem römischen oder griechischen oder doppelten 
Kreuz, senkrecht über der Senkrechten. Als solches hat 
es meist religiöse Bedeutung und oersinnbildlicht die Kreu 
zigung Christi. Die Hausmarken kennen zumeist nur die 
Kreuzung in ersterem Sinne, die man gewissermaßen 
als das heidnische Kreuzeszeichen ansprechen darf. Das 
christliche Kreuzeszeichen wird oon großer Bedeutung be 
sonders für die Drucker- und Verlegerzeichen und zroar 
in Verbindung mit dem Zeichen der Weltkugel, dem Kreis. 
Einfaches oder doppeltes Kreuz mit Stab über dem Kreis 
bildet die typische Grundform des Verlegerzeichens in 
Deutschland, Spanien, Italien und andersroo. Auch auf die 
münzen und Siegel geht dieses Zeichen über, mit dem 
Unterschied, daß der Kreis dann als sogenannter Reichs 
apfel dargestellf wird. Schon auf einer lllünze des Kaisers 
Augusfus finden sich drei Kugeln abgebildef mit den Hamen 
der damals bekannten drei Erdteile. Bei einer ITlenge 
späterer Kaiser ist die Kugel oon einer Siegesgöttin bekrönt 
und befindet sich in der Hand des Kaisers. Von den 
beiden Elementen des späteren Zeichens und Wappens, 
Kreis und Kreuz, ist also der erstere als Kugel oon den 
Römern übernommen. Die Siegesgöttin wurde in christ 
licher Zeit durch das Kreuz erseßt. Reichsapfel und Kreuz 
gingen so auf die byzantinischen und deutschen Kaiser 
über. Auf dem Siegel des Königs Richard oon Cornwall 
(1209—1272, im Jahre 1236 nahm er das Kreuz), oon 
dem die preußische Königskrone herrührt, trägt der König 
in der linken Hand den Reichsapfel mit Kreuz, so wie ihn 
die Stadt Ostroroo im Wappen führt. Als Weltkugel mit 
dem Doppelkreuz symbolisierte das Zeichen die christliche 
5 Der feueroogel ist Phönix, Auf Phönix deutet das Wort 
Phönizier, Punier. Die Punier sind die Verbreiter des nordischen 
feuerhultus. Sie benußten die heiligen Runen, um ihre Schiffe, 
Waffen etc. zu Schüßen und Werte zu bezeichnen. Aus dem phöni- 
zischen Alphabet entwickelte sich im 10.-8. Jahrhundert oor Chr. 
das griechische und lateinische Alphabet. Wenn nun das phönizische 
Alphabet sehr uerwandt ist mit dem altsemitischen, so wollen wir 
daraus nicht etwa schließen, daß alle Schriftzeichen auf das alt 
semitische Alphabet zurückgehen, sondern in Übereinstimmung mit 
den neuen ethnographischen Forschungen können wir sagen, daß 
eben das altnordische Alphabet maßgebend auch für das altseme- 
I fische Alphabet gewesen ist.
	        
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