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Internationale Sammler -Zeitung.
Nr. 17
Stadtwappen sächsischer Zinngießer.
Unter den vielen Spezialsammlern nehmen die
jenigen von Zinn der Zahl nach wohl eine der ersten
Stellen ein, und doch ist gerade auf diesem Gebiete recht
wenig für die wissenschaftliche Forschung geschehen.
Die meisten Zinnarbeiten sind gestempelt, aber nur
selten vermag man (daraus die Herkunft des Gefäßes
zu erklären, weil cs an Nachschlagebüchern über Zinn
marken fehlt.
Diesem sehr fühlbaren Mangel hilft nun teilweise
ein Werkchen ab, das soeben im Verlage von C. Hein
rich in Dresden erschienen ist. Es betitelt sich
»Die Stadtmarken sächsischer Zinngießer« und hat den
vorteilhaft bekannten Vorstand des königlichen Kunst
gewerbemuseums in Dresden, Professor Dr. K. B e r-
Fig. 9. Fig. 10.
1 i n g, zum Verfasser. Wie wenige war Prof. Berling
berufen, sich dieser Arbeit zu unterziehen, hatte er doch
schon früher einige verdienstliche Arbeiten über säch
sische Zinnmarken veröffentlicht, so 1887 im Kunst
gewerbeblatt III. und 1895 im Archiv für sächsische Ge
schichte. Die nächste Veranlassung zu der Herausgabe
des Buches mag aber dem Autor die Sammlung D e-
m i a n i geboten haben, die testamentarisch dem von
ihm geleiteten Kunstgewerbemuseum zugefallen ist.
In dem Vorwort bekennt Dr. Berling: »Bei der Kata
logisierung und Aufstellung der dem Dresdener Kunst
gewerbemuseum vererbten Zinnsammlung Demiani bin
ich insofern mehrfach in Verlegenheit geraten, als ich
verschiedene, selbst mit lesbaren Marken versehene
Fig. 11.
Stücke nicht auf ihren Entstehungsort zurückzuführen
vermochte. Denn es fehlt bis jetzt jegliches Handbuch,
bei dem man sich in solchen Fällen Rat holen könnte.
Dieser Umstand hat mich veranlaßt, meine vor vielen
Jahren betriebenen, längere Zeit liegen gelassenen Stu
dien über sächsische Zinnmarken von neuem wieder
aufzunehmen. Da ich der Meinung bin, daß das von mir
hierbei Ermittelte, wenn es sich auch nur um ein kleines
Sondergebiet handelt, doch anderen ebenfalls gelegent
lich von Nutzen sein kann, habe ich es hier zusammen
gestellt.«
Vertieft man sich ein wenig in das inhaltsreiche Werk
chen, so konstatiert man mit Vergnügen, daß fast sämt
liche sächsischen Städte, in Summa 56, mit ihren, hie
und da verschiedenen Stadtmarken vertreten sind. Be
züglich der Pflicht zur Markierung äußert sich Pro
fessor Berling u. a.: »Nach dem, was ich an altem
sächsischen Zinn gesehen habe, will mir scheinen —
ausgesprochen ist es in der (aus dem Jahre 1614 stam
menden) Verordnung nicht daß der Zinngießer die
jenigen Arbeiten, von denen der Käufer annehmen
mußte, daß sie aus minderwertigem Materiale bestan
den, wie Leuchter, Kinderspielzeug, Inschriftentafeln
und ähnliche abseits liegende Dinge, auch jetzt noch
nicht zu stempeln nötig hätte. Hierbei lag eine eigent
liche Gefährdung des Käufers nicht vor. Das waren in
dessen immerhin Ausnahmen, in der Regel hatte die
Markierung der W'are stattzufinden, und zwar in folgen
der Weise: Die aus reinem Zinn* gefertigten Arbeiten
mußten mit drei verschiedenen Stempeln versehen sein,
mit der Meistermarke, der Stadtmarke und einer Marke,
die den Reingehalt des Zinnes gewährleistete. Diese
letztere zeigt die ineinander verschränkten, mit einer
Krone versehenen Buchstaben C und L, was soviel wie
Ular und Lauter bedeuten sollte. Die schwierige Ver
arbeitung von reinem Zinn war wohl der Grund dafür,
daß derartige Ware nur selten einmal gemacht wor
den ist. Mir wenigstens ist, so eifrig ich auch darnach
gesucht habe, nur e i n Stück bekannt geworden, das
diese Marke trägt. Und zwar befindet sie sich auf einem
Seiner Exzellenz dem Herrn Geheimrat Dr. Fiedler
in Dresden gehörigen großen zylinderförmigen Krug
von 1629, der mit Apostelfiguren graviert ist und sich
einst im Besitze einer Posamentierinnung befunden
haben soll. Die Abbildung (Fig. 9) zeigt die Stadt-
D!G KE1NHARD
Fi«. 12. Probezinn.
marke, vielleicht Glashütte, Fig. 10 die Feinzinnmarke
und Fig. 11 die Marke eines Meisters W. K- in den
Jahren 1613—1674.
Vielleicht muß auch die eine der drei auf der von
1702 stammenden Taufschüsseln in Oberpester
witz auf diese Feinzinnmarke gedeutet werden. Aller
dings wäre dann das C L entgegen der ausdrücklichen
Bestimmung ungekrönt.
Diese Marke, die meines Wissens nur in Sachsen
verlangt wurde, scheint von Anfang an unbeliebt ge
wesen zu sein. Denn obwohl sie in der Verordnung
von 1708 noch gefordert wurde, haben sich doch auch
in Sachsen mehr und mehr diejenigen Marken, die in
anderen Ländern fiir Feinzinn gebraucht wurden, ein
gebürgert. So eine Engelsfigur mit der Bezeichnung
Feinzinn oder ohne diese, oder eine gekrönte Rose, dann
hat man für 12er Zinn (in 12 Teilen Zinn, ein Teil Blei)
das Lamm mit der Heilsfahne und für 8er Zinn (in
8 Teilen Zinn, 1 Teil Blei) den Zusatz Probezinn (siehe
Fig. 12) verwandt.
In den Verordnungen von 1614 und 1674 war es dem
Zinngießer erlaubt, altes Zinn auf Verlangen umzu
gießen. Bei derartiger Ware konnte der Meister natür
lich nicht für den Feingehalt des Zinnes haftbar gemacht
werden. Deshalb durfte er sie nur dem Besteller liefern,
niemals zum freien Verkauf bringen. Auf solche Stücke
Ganz rein ist das Zinn dabei nicht verwendet worden,
das gibt Brüche und schäumt zu sehr. Msan hat auch hier
etwas Blei, h bis 1 Prozent, oder einen anderen Versatz
hinzugenommen, damit es Härte bekommt.