MAK
Seite 256 
Internationale Sammler -Zeitung. 
Nr. 17 
Stadtwappen sächsischer Zinngießer. 
Unter den vielen Spezialsammlern nehmen die 
jenigen von Zinn der Zahl nach wohl eine der ersten 
Stellen ein, und doch ist gerade auf diesem Gebiete recht 
wenig für die wissenschaftliche Forschung geschehen. 
Die meisten Zinnarbeiten sind gestempelt, aber nur 
selten vermag man (daraus die Herkunft des Gefäßes 
zu erklären, weil cs an Nachschlagebüchern über Zinn 
marken fehlt. 
Diesem sehr fühlbaren Mangel hilft nun teilweise 
ein Werkchen ab, das soeben im Verlage von C. Hein 
rich in Dresden erschienen ist. Es betitelt sich 
»Die Stadtmarken sächsischer Zinngießer« und hat den 
vorteilhaft bekannten Vorstand des königlichen Kunst 
gewerbemuseums in Dresden, Professor Dr. K. B e r- 
Fig. 9. Fig. 10. 
1 i n g, zum Verfasser. Wie wenige war Prof. Berling 
berufen, sich dieser Arbeit zu unterziehen, hatte er doch 
schon früher einige verdienstliche Arbeiten über säch 
sische Zinnmarken veröffentlicht, so 1887 im Kunst 
gewerbeblatt III. und 1895 im Archiv für sächsische Ge 
schichte. Die nächste Veranlassung zu der Herausgabe 
des Buches mag aber dem Autor die Sammlung D e- 
m i a n i geboten haben, die testamentarisch dem von 
ihm geleiteten Kunstgewerbemuseum zugefallen ist. 
In dem Vorwort bekennt Dr. Berling: »Bei der Kata 
logisierung und Aufstellung der dem Dresdener Kunst 
gewerbemuseum vererbten Zinnsammlung Demiani bin 
ich insofern mehrfach in Verlegenheit geraten, als ich 
verschiedene, selbst mit lesbaren Marken versehene 
Fig. 11. 
Stücke nicht auf ihren Entstehungsort zurückzuführen 
vermochte. Denn es fehlt bis jetzt jegliches Handbuch, 
bei dem man sich in solchen Fällen Rat holen könnte. 
Dieser Umstand hat mich veranlaßt, meine vor vielen 
Jahren betriebenen, längere Zeit liegen gelassenen Stu 
dien über sächsische Zinnmarken von neuem wieder 
aufzunehmen. Da ich der Meinung bin, daß das von mir 
hierbei Ermittelte, wenn es sich auch nur um ein kleines 
Sondergebiet handelt, doch anderen ebenfalls gelegent 
lich von Nutzen sein kann, habe ich es hier zusammen 
gestellt.« 
Vertieft man sich ein wenig in das inhaltsreiche Werk 
chen, so konstatiert man mit Vergnügen, daß fast sämt 
liche sächsischen Städte, in Summa 56, mit ihren, hie 
und da verschiedenen Stadtmarken vertreten sind. Be 
züglich der Pflicht zur Markierung äußert sich Pro 
fessor Berling u. a.: »Nach dem, was ich an altem 
sächsischen Zinn gesehen habe, will mir scheinen — 
ausgesprochen ist es in der (aus dem Jahre 1614 stam 
menden) Verordnung nicht daß der Zinngießer die 
jenigen Arbeiten, von denen der Käufer annehmen 
mußte, daß sie aus minderwertigem Materiale bestan 
den, wie Leuchter, Kinderspielzeug, Inschriftentafeln 
und ähnliche abseits liegende Dinge, auch jetzt noch 
nicht zu stempeln nötig hätte. Hierbei lag eine eigent 
liche Gefährdung des Käufers nicht vor. Das waren in 
dessen immerhin Ausnahmen, in der Regel hatte die 
Markierung der W'are stattzufinden, und zwar in folgen 
der Weise: Die aus reinem Zinn* gefertigten Arbeiten 
mußten mit drei verschiedenen Stempeln versehen sein, 
mit der Meistermarke, der Stadtmarke und einer Marke, 
die den Reingehalt des Zinnes gewährleistete. Diese 
letztere zeigt die ineinander verschränkten, mit einer 
Krone versehenen Buchstaben C und L, was soviel wie 
Ular und Lauter bedeuten sollte. Die schwierige Ver 
arbeitung von reinem Zinn war wohl der Grund dafür, 
daß derartige Ware nur selten einmal gemacht wor 
den ist. Mir wenigstens ist, so eifrig ich auch darnach 
gesucht habe, nur e i n Stück bekannt geworden, das 
diese Marke trägt. Und zwar befindet sie sich auf einem 
Seiner Exzellenz dem Herrn Geheimrat Dr. Fiedler 
in Dresden gehörigen großen zylinderförmigen Krug 
von 1629, der mit Apostelfiguren graviert ist und sich 
einst im Besitze einer Posamentierinnung befunden 
haben soll. Die Abbildung (Fig. 9) zeigt die Stadt- 
D!G KE1NHARD 
Fi«. 12. Probezinn. 
marke, vielleicht Glashütte, Fig. 10 die Feinzinnmarke 
und Fig. 11 die Marke eines Meisters W. K- in den 
Jahren 1613—1674. 
Vielleicht muß auch die eine der drei auf der von 
1702 stammenden Taufschüsseln in Oberpester 
witz auf diese Feinzinnmarke gedeutet werden. Aller 
dings wäre dann das C L entgegen der ausdrücklichen 
Bestimmung ungekrönt. 
Diese Marke, die meines Wissens nur in Sachsen 
verlangt wurde, scheint von Anfang an unbeliebt ge 
wesen zu sein. Denn obwohl sie in der Verordnung 
von 1708 noch gefordert wurde, haben sich doch auch 
in Sachsen mehr und mehr diejenigen Marken, die in 
anderen Ländern fiir Feinzinn gebraucht wurden, ein 
gebürgert. So eine Engelsfigur mit der Bezeichnung 
Feinzinn oder ohne diese, oder eine gekrönte Rose, dann 
hat man für 12er Zinn (in 12 Teilen Zinn, ein Teil Blei) 
das Lamm mit der Heilsfahne und für 8er Zinn (in 
8 Teilen Zinn, 1 Teil Blei) den Zusatz Probezinn (siehe 
Fig. 12) verwandt. 
In den Verordnungen von 1614 und 1674 war es dem 
Zinngießer erlaubt, altes Zinn auf Verlangen umzu 
gießen. Bei derartiger Ware konnte der Meister natür 
lich nicht für den Feingehalt des Zinnes haftbar gemacht 
werden. Deshalb durfte er sie nur dem Besteller liefern, 
niemals zum freien Verkauf bringen. Auf solche Stücke 
Ganz rein ist das Zinn dabei nicht verwendet worden, 
das gibt Brüche und schäumt zu sehr. Msan hat auch hier 
etwas Blei, h bis 1 Prozent, oder einen anderen Versatz 
hinzugenommen, damit es Härte bekommt.
	        
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